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Kinderlähmung: Symptome, Ursache und Vorkommen von Polio


Hochinfektiöse Viruserkrankung
Kinderlähmung: Wo Polio verbreitet ist und wie Sie sich schützen

  • Lynn Zimmermann
Von Lynn Zimmermann

Aktualisiert am 19.09.2022Lesedauer: 5 Min.
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Polio-Impfung: Die flächendeckende Impfung gegen das Poliovirus hat maßgeblich dazu beigetragen die Infektionskrankheit in den meisten Weltregionen auszurotten.Vergrößern des Bildes
Polio-Impfung: Die flächendeckende Impfung gegen das Poliovirus hat maßgeblich dazu beigetragen die Infektionskrankheit in den meisten Weltregionen auszurotten. (Quelle: Daniel Karmann/dpa)

Polio gilt in vielen Ländern als ausgerottet – dennoch gibt es auch in der westlichen Welt immer wieder Fälle. Wie das hochinfektiöse Virus übertragen wird.

Unheilbar und mit fatalen Folgen: Poliomyelitis, auch als Polio oder Kinderlähmung bekannt, war lange eine der gefürchtetsten Infektionskrankheiten. Sie wird durch das Poliovirus ausgelöst, wobei zwischen Wildtypen und von Impfstoffen abgeleiteten Viren unterschieden wird. In manchen Regionen der Welt gibt es auch heute noch Ausbrüche.

Symptome bei Polio

Die Viruserkrankung verläuft meist asymptomatisch, kann aber auch grippeähnliche Symptome wie Halsschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Übelkeit hervorrufen.

In seltenen Fällen kann das Virus in das Nervensystem eindringen und dauerhafte Lähmungen verursachen. Bei Beeinträchtigung von Kreislauf und Atmung kann eine Erkrankung lebensbedrohlich werden.

Verbreitung des Poliovirus

Inzwischen gilt die Infektionskrankheit in den meisten Weltregionen als ausgerottet. Dazu hat maßgeblich die flächendeckende Impfung beigetragen. Die Polio-Wildviren treten jedoch heute noch in Pakistan und Afghanistan auf, wurden aber auch in Afrika nachgewiesen. In Deutschland gilt das Virus seit den flächendeckenden Impfungen in den 60er-Jahren als ausgerottet.

Die von Impfstoffen abgeleiteten Viren entstehen durch die Schluckimpfung. Sie können daher in den Ländern nachgewiesen werden, die diese Form der Impfung durchführen. Durch die Möglichkeit der Impf-Viren Verbreitung wird in vielen Ländern – darunter auch in Deutschland – nur noch der inaktive Polio-Impfstoff, der sogenannte Totimpfstoff verwendet.

So wird das Poliovirus übertragen

Polioviren werden vorwiegend durch eine Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen. Schon kurz nach der Ansteckung kommt es zur massiven Virusreproduktion in den Darmzellen, anschließend werden die Erreger über den Stuhlgang ausgeschieden. Über den kontaminierten Stuhl gelangen die Polioviren auch ins Abwasser. Darum kann auch mit Abwasser verschmutztes Trinkwasser eine Infektionsquelle sein.

Darüber hinaus ist eine Ansteckung per Tröpfcheninfektion, also etwa durch Husten oder Niesen möglich, da sich die Viren auch in den Schleimhautzellen des Rachens vermehren. Schlechte hygienische Verhältnisse begünstigen darum die Ausbreitung von Poliovirus-Infektionen.

Infizierte sind so lange ansteckend, wie sie den Erreger ausscheiden. Das Poliovirus kann in Rachensekreten bis zu einer Woche überdauern. Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt nach etwa zwei bis drei Tagen und kann bis zu sechs Wochen anhalten. In sehr wenigen Fällen, zum Beispiel bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem, kann das Virus auch Monate oder Jahre ausgeschieden werden.

Wie gelangen Polioviren in Polio-freien Regionen ins Abwasser?

Auch in Regionen, in denen das Poliovirus als ausgerottet gilt, kann es dazu kommen, dass der Krankheitserreger ins Abwassers gelangt. Die Viren wurden dann höchstwahrscheinlich von Personen importiert und ausgeschieden, die mit einem Totimpfstoff geimpft wurden, sich aber in einem Polio-Gebiet angesteckt haben.

Der Grund: Der Totimpfstoff verhindert zwar eine Erkrankung des Geimpften, wenn sich dieser mit Polioviren ansteckt. Der Betroffene kann die Viren aber immer noch ausscheiden oder oral weitergeben. So können Polioviren auch durch Geimpfte in das Abwasser gelangen.

Zudem können Personen das Virus verbreiten, die nur mit einer Schluckimpfung immunisiert wurden. Bei dem Schluckimpfstoff handelt es sich um einen Impfstoff mit abgeschwächten, lebenden Impfviren. Dieser schützt zwar den Geimpften, führt aber dazu, dass die Impfviren über einige Wochen mit dem Stuhlgang ausgeschieden werden.

Obwohl bekannt ist, dass die Schluckimpfung zur Ansteckung mit Impf-Polio führen kann, wird sie in einigen Regionen wie etwa in Afrika immer noch durchgeführt. Der Grund: Sie ist günstig und einfach zu verabreichen. Außerdem haben noch nicht alle Länder Zugang zu dem Totimpfstoff.

Eine Übertragung der Viren über dem Stuhl ist daher auch über Menschen möglich, die kurz zuvor in solch einem Gebiert waren und denen dort eine Schluckimpfung verabreicht wurde. Die dabei auftretende Virus-Variante ist zwar schwächer als das Polio-Wildvirus, kann bei Ungeimpften oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem aber immer noch eine Erkrankung und Lähmungen verursachen.

Typische Symptome bei Polio

Der Großteil der Infektionen, mehr als 95 Prozent, verlaufen asymptomatisch. Der Körper bildet also Antikörpern, ohne dass die Betroffenen Symptome entwickeln. Es kann aber auch zu verschiedenen anderen Krankheitsverläufen kommen:

  • Abortive Poliomyelitis: Diese Form betrifft das zentrale Nervensystem nicht. Bei etwa vier bis acht Prozent der Infizierten kommt es kurzzeitig zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Übelkeit, Halsschmerzen, Magenschmerzen, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen.

Infiziert das Poliovirus die Zellen des zentralen Nervensystems, kommt es entweder zu einer nichtparalytischen oder zu einer paralytischen Poliomyelitis:

  • Nichtparalytische Poliomyelitis: Wenn die Abwehr des Virus mittels Antikörpern nicht gelingt, kann auf die abortive Poliomyelitis in zwei bis vier Prozent der Fälle eine Nichtparalytische Poliomyelitis folgen. Sie wird auch als aseptische Meningitis bezeichnet. Bei dieser Ausprägung kommt es zu Fieber, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen und Muskelspasmen.
  • Paralytische Poliomyelitis: In 0,1 bis ein Prozent der Fälle, folgen auf die schweren Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen zunächst eine teilhafte Muskellähmung. Anschließend kommt es zu einem Fieberanstieg und dem Auftreten weiterer Lähmungen. Die motorische Schwäche tritt üblicherweise asymmetrisch auf. Häufig betroffen sind Beine, Arme, Thorax oder die Augen. Typischerweise bilden sich die Lähmungen teilweise, aber nicht vollständig zurück.
  • Postpolio-Syndrom: Bei diesem Syndrom kann es Jahre oder Jahrzehnte nach der Erkrankung zu einer Zunahme der Lähmungen mit Muskelschwund kommen. Vermutlich wird es durch eine chronische Überlastung und eine darauf folgenden Degeneration von Motoneuronen verursacht. Das sind Nervenzellen, die die Skelettmuskulatur ansteuern.

Die Inkubationszeit beträgt für die nicht-paralytische Form etwa drei bis sechs Tage und sieben bis 14 Tage im Falle einer paralytischen Verlaufsform.

Schutzmaßnahmen

Poliowildviren waren vor Einführung der Impfung weltweit verbreitet.

Dem RKI zufolge ist "die Impfung solange notwendig, bis die Eradikation der Poliomyelitis erreicht ist und nirgendwo auf der Welt mehr Polioviren zirkulieren". Dies sei insbesondere durch den internationalen Reiseverkehr und Migration nach Deutschland notwendig. Nur so könne einer vereinzelten Einschleppung von Poliowildviren entgegengewirkt werden.

Routine-Impfung bei Kindern

Als Polio-Impfstoff für die Routine-Impfung wird in Deutschland gemäß der ständigen Impfkommission (STIKO) nur noch der Totimpfstoff empfohlen. Dieser schützt sicher vor einer Polio-Erkrankung und verursacht keine Impfstoff-assoziierten Lähmungen. Auch Personen mit einem geschwächten Immunsystem können deshalb risikolos mit dem Totimpfstoff geimpft werden.

Die Grundimmunisierung umfasst drei Impfstoffdosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten. Im Alter von neun bis 16 Jahren wird eine Auffrischimpfung empfohlen.

Grundimmunisierung von Erwachsenen gegen Polio

Wenn die Grundimmunisierung nicht im Säuglingsalter erfolgt ist, kann sie in jedem Lebensalter nachgeholt werden. Auch im Erwachsenenalter wird die Grundimmunisierung und Auffrischimpfung mit dem Totimpfstoff empfohlen.

Darüber hinaus ist eine routinemäßige Auffrischung für Erwachsene nicht notwendig. Eine Empfehlungen zur Auffrischung gilt allerdings für Reisende in Regionen mit einem potentiellen Polio-Expositionsrisiko.

Neben der Impfung tragen konsequente Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Infektionen bei. Dazu gehören insbesondere die Vermeidung von fäkal-oralen Schmierinfektionen durch Händewaschen und -desinfektion.

In welchen Ländern ist Polio noch verbreitet?

Die WHO gliedert Länder, in denen ein Polio-Expositionsrisiko besteht nach zwei Kategorien. Für Reisende in diese Länder empfiehlt die STIKO eine Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung, falls die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt.

WHO-Kategorie 1: Hier ist der Wildvirus und zwei Impf-Varianten verreitet. Dazu zählen: Afghanistan, Malawi, Mosambik, Pakistan, Madagaskar und Israel.

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WHO-Kategorie 2: In diesen Ländern zirkuliert eine Impf-Variation: Afghanistan, Algerien, Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste; Dschibuti, D.R. Kongo, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Jemen, Kamerun, Liberia, Mauretanien, Mosambik, Niger, Nigeria, Pakistan, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Südsudan, Togo, Tschad, Uganda, Ukraine, New York State/ USA, Zentralafrikanische Rep.

Therapie: So wird Poliomyelitis behandelt

Besteht der Verdacht auf eine Poliomyelitis, muss vorsorglich eine sofortige Krankenhauseinweisung erfolgen. Der Betroffene muss räumlich getrennt von anderen Patienten und mit eigener Toilette untergebracht werden, um die Ansteckungsgefahr anderer zu minimieren. Bereits Verdachtsfälle müssen unverzüglich an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden.

Da es derzeit keine spezifische Therapie mit antiviralen Substanzen gibt, erfolgt eine Behandlung der Symptome. Im Anschluss an die akute Behandlung sind je nach Verlaufsform meist längere physiotherapeutische und orthopädische Nachbehandlungen erforderlich.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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