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Energiekrise und Sparen: Das droht Paaren jetzt


Kolumne "Lust, Laster und Liebe"
Ja, ich bin eine Sünderin

  • Jennifer Buchholz
MeinungEine Kolumne von Jennifer Buchholz

Aktualisiert am 03.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Unangenehm: Schlechte Angewohnheiten lassen sich oft nur schwer ändern.Vergrößern des Bildes
Unangenehm: Schlechte Angewohnheiten lassen sich oft nur schwer ändern. (Quelle: AaronAmat/Getty Images)

Einige haben es einfach drauf. Andere nicht: das Sparen. Wenn in der Energiekrise beide Welten aufeinanderprallen, ist vor allem Geduld gefragt.

Kennen Sie diese Personen, die die Schranktür aufmachen, minutenlang das Innere mit ihren Augen abscannen und dann – ohne etwas herauszunehmen – die Tür wieder schließen? Beim Kleider- oder Vorratsschrank dürfte das völlig egal sein.

Anders verhält es sich allerdings beim Kühlschrank. Hier kann die allseits bekannte Suche nach "Was könnte ich jetzt essen?" zu einem echten Problem werden. Zumindest angesichts der Energiekrise. Denn nun kann man das Geld quasi aus den Taschen des Kühlschrank-Inspizierenden klimpernd fallen hören, solange die Kühlschranktür geöffnet ist. Diese Kontoerleichterung bekommt der Hungrige natürlich erst einmal nicht mit. Sein Fokus ist schließlich voll auf die Jagd nach Nahrung gerichtet – dafür sind alle Synapsen nötig.

Ein weiteres Beispiel: Menschen, die ihren Fernseher einschalten, kaum haben sie ihr Heim betreten. Aber nicht unbedingt, um davor zu sitzen und zu entspannen. Vielen geht es in erster Linie um das Sicherstellen einer Geräuschkulisse – wider die Stille und das vielleicht beklemmende Gefühl, den eigenen laut schreienden Gedanken unentrinnbar ausgeliefert zu sein. Wie sehr dadurch die Kasse des Energieversorgers klingelt, ist den wenigsten bewusst. Es geht schlichtweg um die aktuelle Befriedigung bestimmter Bedürfnisse. Und um die eigenen Gewohnheiten. Denn was da im Programm läuft, ist nebensächlich. "Too hot to handle", "Sexy Beasts" oder "Brit"? Hauptsache, es braucht wenig Aufmerksamkeit und macht Geräusche.

Wenn das Geld nur so klimpert

Problematisch kann solch ein Verhalten dann werden, wenn ein Energiespar-Profi und eine in puncto Konsum eher entspanntere Person zusammenleben: Während eine Seite vorm geistigen Auge den Zählerstand der Strom-, Gas- oder Wasseruhr nur so rattern sieht, ist die andere im Alltagstrott gefangen. Und sieht nicht direkt, wie die liebgewonnenen Gewohnheiten die Strom- oder Betriebskostenabrechnung in die Höhe treiben.

Das heißt nicht, dass dem Gewohnheitstier die hohe finanzielle Belastung und die Zukunft egal wären. Dennoch: Die kostentreibenden Routinen können im schlimmsten Fall zu einer Paarkrise ausufern. Handfester täglicher Streit über nicht gelöschtes Licht im Bad, die zu hoch gedrehte Heizung oder zu lange Duschzeiten kann einer Beziehung die letzte Romantik rauben – und das schon, bevor die grausam hohe Energiekostenrechnung ins Haus geflattert ist. Ist all das Sparen das Risiko einer zerrütteten Liebe denn wert? Wohlgemerkt inzwischen zunehmend eine Luxusfrage, die sich ohnehin nur stellen kann, wer gut genug verdient.

Ich bin ein Energiesünder

An dieser Stelle gestehe ich übrigens kleinlaut ein, dass auch ich zu den Energiesündern zähle. Zwar bin ich weder Kühlschrank-Gucker, Vollbadjunkie noch Lichtanlasserin. Aber sobald ich bei meiner Lieblingsserie oder einem Buch gemütlich auf der Couch sitze, brauche ich unbedingt eine Wärmflasche. Trotz Decke, Kuschelpulli und Socken! Und ja, mir ist dabei total warm!

Ich weiß auch, dass es günstiger und besser für die Umwelt wäre, eine dicke "Rumgammelhose" oder ein T-Shirt unter dem Pulli zu tragen. Das bringt aber eben nicht den Gemütlichkeitsfaktor, den mir eine Wärmflasche zaubert. Unschlagbar!

Mein alltägliches Winterritual, abends Wasser im Wasserkocher aufzuwärmen, um mir den heißen Gummiklumpen auf meine Füße zu legen, könnte ein gefundenes Fressen für eine Pärchenkrise sein. Ich sehe es allerdings so: Viele Spleens sind gut für einen selbst. Warme Füße? Gestillter Hunger beziehungsweise Appetit? Das hebt die eigene Laune. Die Nebenbeschallung durch Soaps und Reality-TV? Der Wunsch nach Unterhaltung, Tratsch und Co ist befriedigt, man ist entspannter oder kann durch das ständige "Training" super zuhören.

Was auch immer der unvernünftige Spleen Ihres Partners – oder von Ihnen selbst – ist: Irgendwie erfüllt er einen Zweck. Auch wenn es lediglich die Entspannung oder die mentale Gesundheit ist, für die er sorgt und die somit kurze Zeit vergessen lässt, wie viele schlimme Krisen es aktuell gibt.

Entspannung vs Streit

Angesichts der aktuellen Lage ist es verständlich, dass die eigenen Spleens oder die des Partners bei vielen Paaren zu einer Krise führen können. Selbst, wenn sie für etwas Entspannung und die mentale Gesundheit bei einer Person sorgen. Umso kritischer können die Auswirkungen auf den Partner oder auf beide in absehbarer Zukunft sein.

Damit es aber für beide keine derart negativen Auswirkungen gibt, sollte es vielleicht einen Kompromiss geben: Der Verschwender könnte dem Sparfuchs entgegenkommen, darf aber zwei Tage pro Woche nach Lust und Laune seine alten Gewohnheiten pflegen. Die andere Seite mit dem Sparfimmel wird dafür einen Tag in der Woche genötigt, an irgendeiner Stelle etwas lockerzulassen – indem er zum Beispiel für den gemeinsamen Netflix-Abend ein eigentlich viel zu teures Eis oder eine Tüte Nachos mit Dip mitbringt. Vernascht wird natürlich zusammen – und das ist nicht nur auf den Snack bezogen.

Jennifer Buchholz, Redakteurin bei t-online, schreibt in ihrer Kolumne "Lust, Laster, Liebe" über Liebe, Partnerschaft und Sex.

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