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Achterbahnexperten im Interview


Achterbahnen
Achterbahnexperten im spannenden Interview

Von t-online
08.11.2013Lesedauer: 7 Min.
Achterbahnfahrt, Berlin 1936Vergrößern des BildesAchterbahnfahrt, Berlin 1936 (Quelle: dpa-bilder)
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Achterbahnen bewegen uns seit vielen Generationen. Wie kaum ein anderes Fortbewegungsmittel schaffen sie es, uns aus dem Alltag zu reißen. Gebaut werden sie von Ingenieuren, die auf die "Fliegenden Bauten" spezialisiert sind. Getestet und bewertet von den Fans, die auf ihren Webseiten und Foren Interessierte und Neulinge beraten. Wir haben Hersteller und Fans gebeten, uns in die Sicherheitsaspekte, sowie die Trends und Innovationen historischer und moderner Achterbahnen einzuweihen. Zu guter Letzt haben wir die Experten nach ihren persönlichen Favoriten gefragt.

Die meisten Experten durften schon als Kinder Achterbahn fahren und entdeckten ihre Leidenschaft sehr früh. Die Generation der 1980er hatte das Glück, in die Blütezeit der deutschen Achterbahn hineingeboren zu werden und Dank unternehmenslustiger Eltern viele Freizeitparks in und außerhalb Deutschlands besuchen zu dürfen. Aufgrund der Größenbeschränkung fuhren sie aber vorrangig nur mit einfachen Minenachterbahnen wie dem Grottenblitz. Die große Leidenschaft für das schnelle Hobby entwickelten sie aber erst als sie groß genug waren, eine der Hochgeschwindigkeitsbahnen zu fahren. Längst haben Sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. Heute zieht es sie selbst im Familienurlaub in die Freizeitparks.

Historische Achterbahnen

Zu den Achterbahnen ihrer Kindheit zählen auch die früher weit verbreiteten Holzachterbahnen. Für unsere Experten haben sie ihren Reiz trotz der in Loopings und Geschwindigkeit überragenden Stahlachterbahnen noch nicht verloren. Im Stahlgerüst sind zwar inzwischen Fahrfiguren möglich, von denen Werner Stengel und Co. vor einigen Jahren nur geträumt hätten, trotzdem raten sie jedem dazu, einmal den Charme einer Holzachterbahn kennenzulernen: "Das Holz arbeitet und man erlebt die Fahrt jedes Mal anders. Das kann manchmal gut, manchmal aber auch schmerzhaft sein" meint Tobias Wahl von 8terbahnfreaks.de.

Die technischen Möglichkeiten am Anfang des 19. Jahrhunderts waren sehr eingeschränkt. Die G-Kräfte, die auf die Fahrgäste wirkten, waren viel geringer. Trotzdem war der Streckenverlauf aus kurvigen Höhen und Tiefen schon sehr ausgereift. Das natürliche Material, die ausgeklügelte Streckenführung und die aufwendige Thematisierung machen heute den besonderen Reiz der historischen Achterbahnen aus. Die Fahrt in der Holzachterbahn ist jedes Mal ein einzigartiges Erlebnis, bei dem es rattert und knattert, findet Björn Baumann von freizeitpark-welt.de: "Ein gutes Beispiel dafür ist auch die Hochschaubahn im Wiener Prater. Vor mehr als 60 Jahren eröffnet, aber noch immer eine wunderbare Familienbahn, die auch noch mit einer hervorragenden Bergkulisse rund um den Großglockner aufwarten kann.“. Der Betrieb der alten Achterbahnen verlangt von den Betreibern aber viel Liebe zum Detail, da sie viel Wartung und Pflege benötigen. Umso schöner, dass wir in Europa noch einige dieser Raritäten fahren dürfen.

Die Frage nach der Sicherheit

Damit die Fahrt technisch reibungslos verläuft, spielen sich hinter den Kulissen nahezu unsichtbar Sicherheitsmaßnahmen ab. "Neueste Fertigungsstandards aber auch TÜV-Abnahmen und Neuentwicklungen von Bügel- und Sicherheitssystemen machen die Bahnen deutlich sicherer und ermöglichen ganz neue Fahrweisen" berichtet Baumann. TÜV-Sicherheitsexperten geben die Bahn für die Jungfernfahrt frei. Ein Sicherheitsteam des Parks prüft täglich die Fahrtüchtigkeit und überwacht die Bahn auch während der Fahrt wie im Phantasialand Köln mit Sensoren und Monitoren.

Trotzdem zucken viele Freizeitparkbesucher beim Gedanken an die Hochgeschwindigkeitsbahnen wie RingRacer oder Furius Baco zusammen und ziehen die Fahrt in einer Kinder- und Familienachterbahn bei gemäßigter Geschwindigkeit vor. Doch die Angst ist völlig unbegründet: "Insgesamt muss man sagen, dass technische Defekte extrem selten sind und der Faktor Mensch oft das größte Risiko ist" betont Baumann. Wer sich an die ausgeschilderten Sicherheitshinweise hält, wird niemals eigenverschuldet verunglücken. Es gibt zwar einige Belege für Achterbahn-Unglücke, doch in vielen Fällen waren nicht technische Effekte Ursache des Unglücks, sondern die Fahrgäste waren von vorneherein zu krank für eine Achterbahnfahrt. Auch Wahl kann die Sicherheit moderner Achterbahnen bestätigen: "Der Weg zum Freizeitpark oder zur Kirmes ist statistisch deutlich gefährlicher als die Achterbahnfahrt selbst. Die Chance in einer Achterbahn verletzt zu werden, ist viel kleiner als auf der Anreise." Sie liegt bei 1:25 Millionen.

Die Sicherheitsstandards in Deutschland zählen weltweit zu den höchsten. Doch die strengen Vorschriften haben ihren Preis: "Viele Bahnen sind erst ab einer bestimmten Größe der Fahrgäste freigegeben. Das hat seinen guten Grund. Auch, wenn es dann manchmal zu Diskussionen darüber kommt, warum ein kleineres Kind wegen "ein paar Zentimetern" nicht mitfahren darf - Eltern sollten vernünftig sein und diesen Auflagen ohne Diskussion folgen" rät Thorsten Eden von fkfev.de. Außerdem sollten alle Fahrgäste die Warnhinweise auf den Aufklebern an ihrem Sitz beachten. Leider übersehen sie das häufig.

Eigenschaften guter Achterbahnen

Fahrelemente wie Loopings, Airtime, plötzliche Richtungswechsel und kleine Kurven machen für viele Achterbahnfans den Hauptreiz der Fahrt aus. "Eine gute Achterbahn lebt von Richtungs- und Beschleunigungswechseln. Links, rechts, rauf, runter, schwerelos, reingepresst in den Sitz - das ist es, was eine gute Achterbahn können muss" findet auch Andreas Wild, Geschäftsführer der Ingenieurbüro Stengel GmbH. Entgegen dem Trend zu Rekordjagden, etwa nach den meisten Loopings wie bei The Smiler, bestimmt aber nicht nur die Anzahl der Überschläge den Spaßfaktor. Viel wichtiger ist, dass diese in das Gesamtkonzept der Bahn passen. Wenn Fahrelemente möglichst abwechslungsreich aufeinander folgen, die Fahrt weich ist und man die Bahn trotzdem gut spürt und dann die Thematisierung noch originell ist und mit der Umgebung harmonisiert, ist die Achterbahn perfekt. Wichtig für das Fahrerlebnis ist auch der Fahrkomfort selbst. Je nachdem, ob die Fahrgäste liegen (etwa in der Bobachterbahn), sitzen (in der traditionellen Stahlachterbahn) oder stehen (im Stand-Up Coaster) ist das Fahrerlebnis jedes Mal ein anderes. Schulterbügel können das Fahrerlebnis manchmal beeinträchtigen, da sie je nach Kurvenlage den Ohren sehr nahe kommen und „Ohrfeigen“ verteilen können. Der Achterbahnbauer MACK Rides hat sich deswegen bei seinen Großachterbahnen auf ein Sitzkonzept ohne Schulterbügel konzentriert. In den Wägen sitzt man wie in einem Bürostuhl und macht die verrücktesten Drehungen und sitzt trotzdem bequem.

Die größten Achterbahninnovationen

Die größte Innovation in der Geschichte der Achterbahn war der Stahlbau. 1959 wurde im Disneyland Kalifornien die erste Stahlachterbahn gebaut. Anfang der 70er Jahre hatten sie ihre Boomphase und begannen, die Holzachterbahnen zu verdrängen: "Stahlanlagen sind nicht so wartungsintensiv, fahren deutlich sanfter und erlauben es dem Achterbahndesigner auch noch deutlich aufregendere Fahrfiguren zu gestalten mit engeren Radien und nicht zuletzt mit Überkopffahrten" sagt Baumann. In diesen Zeitraum fiel auch die Entwicklung der ersten Katapultachterbahn. Ermöglicht hat das die Erfindung des Linearen Induktionsmotors: "Katapultachterbahnen sind bei vielen Besuchern von Freizeitparks sehr beliebt. Sie arbeiten gänzlich ohne Lifthill, sondern mit der Technik der Linear Strom Motoren (LSM), welche einen Zug innerhalb weniger Sekunden auf die Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern (und sogar darüber hinaus) bringen" sagt Eden. "Weitere wichtige Veränderungen sind aufregende aber dennoch für den menschlichen Körper angenehme Fahrfiguren, die bei ihrer Entwicklung die "Herzlinie" oder (bei Loopings) die "Klotoide" beachten." Der deutsche Ingenieur Werner Stengel entdeckte die "Herzlinie" fast zeitgleich mit der Entwicklung der ersten Katapultachterbahn. Bahnen, die die Herzlinie berücksichtigen, fahren sich deutlich sanfter und bieten Elemente, die sanft und gewollt ineinander übergehen. Auch die Einführung der Raumkurve trug dazu bei, dass die Fahrt weicher und komfortabler wurde. Besonders faszinierend ist, welche Laufruhen und Fahrelemente durch die neuesten Fertigungsmaßnahmen erreicht werden.

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Die Zukunft der Achterbahnen

Achterbahnen haben eine Erfolgsgeschichte hinter sich, die noch lange nicht zu Ende geschrieben ist. Selbst in Krisenzeiten zieht es die Menschen in die Parks und zu den Achterbahnen. Da die Parkeigentümer aber trotzdem auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen achten müssten, werden sie weiterhin auf die Rekordjagd setzen um damit ein großes Publikum anzuziehen. Baumann zweifelt aber daran, dass die One-Trick-Anlagen die Zukunft bestimmen, denn wenn sie nur eine einzige Besonderheit haben, werden sie schnell langweilig: "Ich denke, dass bei Achterbahnen immer mehr das Gesamtkonzept entscheidend sein wird. Auch wenn es immer wieder Innovationen gibt, wird es wohl nicht mehr nur um Achterbahnen gehen, die genau eine Besonderheit aufweisen, wie zum Beispiel einen Katapultstart und ansonsten doch recht schnell langweilig werden. Die Experten gehen davon aus, dass die Hersteller am Fahrkomfort und Bewegungsfreiraum schrauben werden. Wing-Coaster und Stand-Up-Coaster geben ihren Fahrgästen zwar schon ein ganz neues Fahrgefühl, dennoch glauben sie, dass die Hersteller ihre Bügelsysteme überarbeiten, Schulterbügel entfernen und Sitzkonzepte für noch mehr Freiheit entwickeln werden.

Die Rekordjagd gibt es auch auf internationaler Ebene. Amerika und Asien liefern sich ein Wettrennen um die ausgefallensten und extremsten Hochfahrgeschäfte. Europa kommt hier erst an dritter Stelle. "Gerade der asiatische Markt befindet sich zur Zeit in seiner Blütephase. Überall eröffnen neue Freizeitparks mit neuen Achterbahnen, die in aller Regel auch gut thematisiert sind und von renommierten Herstellern gebaut werden. Gerade in China entstehen zur Zeit so viele Achterbahnen wie in kaum einem anderen Land" verrät Baumann.

Die Favoriten der Experten

Tobias Wahl
8erbahnFreaks.de
Maverick in Cedar Point Park (USA)
Thorsten Eden
fkev.de
"Das ist nicht einfach zu beantworten. Es gibt vieles was eine
gute Achterbahn ausmacht."
Björn Baumann
freizeitpark-welt.de
Goliath in Walibi (Niederlande), Silver Star im Europa-Park,
Nemesis in Alton Towers (Großbritannien) und viele mehr...
Maximilian Röser
Mack Rides
Blue Fire Megacoaster im Europa-Park
Andreas Wild
Ingenieurbüro Stengel
GmbH
Millenium Force in Cedar Point Park (USA)

Das machen die Experten

8erbahnFreaks.de
ist eine kostenlose Online-Community für Achterbahnfans, die auch besondere Veranstaltungen für ihre Mitglieder organisiert. Sie gibt Tipps und Tricks bei Parkbesuchen, berät individuell und stellt Fotos, Parkberichte und eine Verabredungsmöglichkeit auf der Webseite zur Verfügung. Die "8erbahnFreaks" können sogar eine offizielle Fankleidung mit dem Webseitenlogo erwerben. Dadurch kommt man in Parks immer wieder mit fremden Leuten ins Gespräch und kann sein Wissen weiter geben oder Neues erfahren.

Der FKF e.V.
ist Deutschlands erster und mitgliederstärkster Verein von Freizeitpark- und Kirmesfans. Mehrmals im Jahr veranstaltet er Treffen in Parks und auf Kirmesplätzen und gibt eine eigene Vereinszeitschrift, die Park+Ride, heraus. Außerdem bietet der geschützte Bereich seiner Webseite Zugang zu allen vereinsinternen Informationen. In Kooperation mit einigen Partnern ermöglicht der Verein den einen oder anderen Rabatt auf den Eintrittspreis. Neben großen und kleinen Events veranstaltet er auch interessante Reisen zum Beispiel in die USA oder ins europäische Ausland.

Freizeitpark-Welt.de
ist eine deutschsprachige Fanseite, die ausschließlich Freizeitparks und Achterbahnen aufführt, die ein Redakteur auch tatsächlich besucht hat. Damit möchte Betreiber Björn Baumann den Lesern authentische Informationen über Fahrweise und Aussehen der Achterbahnen geben. Von Statistiken über Vergleichen mit baugleichen Anlagen, vielen Fotos und vermehrt auch Videos bietet die Seite ein breites Spektrum an, damit man sich den richtigen Freizeitpark aussuchen kann.

Die Familie Mack betreibt den Europa-Park in Rust,
einen der beliebtesten Freizeitparks in Europa. Viele der Achterbahnen (zum Beispiel die Euro-Mir) hat sie selbst entworfen und gebaut. Mack Rides ist heute der führende Hersteller für Wasserachterbahnen. Das Unternehmen hat es geschafft, die klassischen Achterbahnsteigungen und Kurven mit einer Wildwasserbahn zu kombinieren. Die Konstruktionen der deutschen Ingenieursfamilie sind so beliebt, dass sie auch ins Ausland exportiert werden.

Das Ingenieurbüro Werner Stengel GmbH
hat weltweit schon viele Achterbahnen unterschiedlichen Typs entworfen und gebaut. Darunter Klassiker wie die Olympia auf dem Münchener Oktoberfest. Das Ingenieurbüro war unter der Federführung seines Gründers Werner Stengel 1964 auch Bauherr der ersten Stahlachterbahn Deutschlands, die ebenfalls während des Oktoberfestes auf der Theresienwiese in München stand.

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