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Edelbrände: Obst, Aroma und Tradition


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Edelbrände: Obst, Aroma und Tradition

Uwe Kauss - wanted.de

Aktualisiert am 02.06.2015Lesedauer: 4 Min.
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Diese Destillate sind feine Edelbrände.Vergrößern des Bildes
Diese Destillate sind feine Edelbrände. (Quelle: Edelobstbrennerei Gebr. J. & M. Ziegler)

Gin ist in, Whisky und Rum sind es auch. Edelbrände sind bei diesen Hypes ein wenig in Vergessenheit geraten. Schade, seit Jahrhunderten wird aus Obst Schnaps gebrannt. Und heute bieten sie Genuss auf höchstem Niveau. wanted.de erklärt, was einen guten Edelbrand ausmacht.

Früher destillierten Bauern Maische aus Obst, bevor es verfaulte - Bauernbrände waren gang und gäbe, sodass es keine offiziellen Quellen darüber gibt. Heute werden sie in Drei-Sterne-Restaurants ausgeschenkt und lagern manchmal jahrelang im Holzfass. Elegante Edelbrände aus Pflaumen, Kirschen, Äpfeln, Birnen und Mirabellen schmecken mild und intensiv fruchtig. Das Brennen feiner Destillate ist ein komplexes Handwerk, das viel Können und Gefühl verlangt. Obstbrände gelten als Nische im Spirituosenmarkt - obwohl es in Deutschland Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz rund 30.000 kleine und mittelständische Edelbrenner gibt. Sie arbeiten traditionell im Süden und Südwesten Deutschlands.

Wasser, Brand und Geist

Hoch im Norden gibt es nur sehr wenige Edelbrennereien, obwohl im Alten Land bei Hamburg und in Niedersachsen auf über 10.000 Hektar Ackerland Obst angebaut wird. Birgitta Schulze van Loon hat 2011 die erste Obstbrennerei Bremens unter ihrem Mädchennamen "Piekfeine Brände Birgitta Rust" eröffnet. >>

Die Diplom-Kauffrau absolvierte dazu eine zweijährige Ausbildung an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim.

"Bei einem Brand oder Wasser stammt der Alkohol ausschließlich aus der destillierten Fruchtmaische, bei einem Kirschbrand oder Kirschwasser zu 100 Prozent aus Kirschen", erklärt sie. Trägt das Etikett aber den Begriff "Geist" - bekannt sind etwa Himbeer- und Haselnussgeist - wird zunächst die unvergorene, zuckerarme Frucht in einem Behälter mit purem Alkohol versetzt, um die Aromen darin zu lösen. Der Experte nennte das Mazerieren. Dieser Ansatz wird später direkt destilliert.

Piekfeine Brände

Das Wichtigste für einen feinen Brand ist daher das Aroma der Früchte. "Ich verwende ausschließlich hochwertiges, vollreifes Obst", betont sie, "die Feinheiten der Sorte sollen im Brand präzise schmeckbar sein. Das macht die Qualität aus." Daher bezieht sie ihre Früchte meist von Bauern aus Franken. "Im Alten Land gibt es überwiegend Plantagenkulturen. >>

Ich verarbeite aber nur Streuobst von alten Bäumen." Das birgt aber Risiken: "Hängt der Laster im Stau, können die Früchte bereits auf der Ladefläche gären. Dann kann ich sie wegwerfen." Sofort nach der Lieferung muss Schulze van Loon das Obst penibel reinigen. Stiele, Blätter, braunes oder gar schimmlige Früchte werden streng aussortiert. Nun folgt die Maischegärung unter kontrollierter, kühler Temperatur und höchster Hygiene mit Reinzuchthefe. "Es dürfen dabei keine Nebentöne in der Maische entstehen, keine Essig- oder Milchsäure", erzählt Birgitta Schulze van Loon.

Ist Alkohol aus dem Fruchtzucker gebildet worden, geht’s in die Brennerei. Zunächst destilliert die Expertin in einer 150 Liter fassenden Brennblase den "Raubrand". Dabei wird der Alkohol samt der darin gelösten Aromen von den anderen Bestandteilen getrennt. Danach folgt der zweite Durchlauf, der Feinbrand. Das ist der entscheidende Moment: Jetzt kommt es exakt auf die Temperatur und den Qualitätsanspruch des Brennmeisters an. Für feinste, milde Brände ohne Schärfe verwendet er nur das "Herzstück" in der Mitte des Brennvorgangs, bei dem die Aromen der Früchte intensiv und fein abgestimmt mit dem Alkohol aus dem Hahn tropfen. Dieses Destillat mit etwa 70 Prozent Alkohol wird mit Quellwasser auf etwa 40 Prozent verdünnt. Nun muss der Brand lagern, manchmal viele Jahre im Holzfass. Aus 15 Kilogramm Obst entstehen dabei nur etwa 0,7 Liter Edelbrand, oft sogar noch weniger.

Die besten Brände

Bei ihren ersten Destillationen half Schulze van Loon der hoch renommierte Brenner Arno Dirker aus Mömbris im Kahlgrund (Spessart), dessen Brände auch in Drei-Sterne-Restaurants auf dem Digestifwagen stehen. "Ich habe ihn oft angerufen, er hat mir sehr geholfen und Tipps gegeben", erzählt sie. Zu den Allerbesten in Deutschland gehören neben Dirker und seinem Holunderblüten-Brand (0,5 Liter für 35 Euro) sowie dem schwarzen Wildkirschwasser (0,5 Liter für 65 Euro) die Brennerei Hubertus Vallendar bei Koblenz mit ihrer "La Donna"-Kollektion (verschiedene Aromen 0,7 Liter für 94 bis 159 Euro). >>

Auch Stählemühle am Bodensee mit ihren Jahrgangs-Zigarrenbränden wie dem "2011 Pinot Meunier aus dem Limousin-Eichenfass - Vieux Reserve" (0,35 Liter für 145 Euro), Ziegler in Freudenberg am Main mit seiner längst weltberühmten "Wildkirsche No 1" (0,7 Liter für 148 Euro), Lantenhammer in Schliersee mit seinen fassgelagerten Jahrgangs-Edelbränden (0,7 Liter für 149 bis 250 Euro).

Und natürlich die Altenheimer Edelbrennerei Wurth. Inhaber Markus Wurth hat bereits viele nationale und internationale Preise gewonnen. Seine Spezialität ist das im Barriquefass gereifte Destillat "L´UrTiKa", das die Kräuter der Streuobstwiese mit ihren Früchten auf Brennnesselbasis kombiniert (0,7l für 240 Euro). Werden aromatisch passende Brände im Holzfass gelagert, eignet sich ihr Aromenspiel mit Vanille- und Röstnoten oft bestens zur Zigarre. Sie werden als "Zigarrenbrände" angeboten.

Wer sich mit Bränden beschäftigt, entdeckt bei den Spezialitäten immer wieder unbekannte, fast ausgestorbene Obstsorten. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Brenner - sie wollen die Traditionen ihrer Region bewahren. Dirker destilliert beispielsweise einen Wangenheimer Zwetschgenbrand, den er lange im Maulbeerfass reift (0,5 Liter für 28 Euro).

Die ideale Temperatur zum genießen

Feinen Obstbrand trinkt man übrigens aus nicht zu kleinen, bauchigen Gläsern mit nach oben gezogenem Kamin, damit sich die Aromen entfalten können. Doch keinesfalls aus dem Kühlschrank: "Wenn er zu kalt ist, kann sich das Fruchtaroma nicht genügend entwickeln", warnt Birgitta Schulze van Loon, "ist er aber zu warm, entwickelt er eine spitze Süße und schmeckt alkoholisch." Zwischen 16 und 20 Grad sei die perfekte Temperatur. Angebrochene Flaschen sollten zudem nicht monate- oder gar jahrelang im Schrank stehen bleiben - der Geist verschwindet im Nichts, wird er erst aus der Flasche gelassen. Obwohl es doch so viel Zeit und Mühe kostet, ihn da hinein zu bekommen.

Sehen Sie eine Auswahl der besten Edelbrände auch in unserer Fotoshow.

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