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Sex als lukratives Geschäft: Diese Frauen verdienen ihr Geld damit


"Sexworker"
Diese Frauen verdienen ihr Geld mit der Lust

ag

Aktualisiert am 18.02.2015Lesedauer: 4 Min.
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Das Buch "Sexworker" stellt 33 Frauen vor, die alle auf unterschiedliche Weise beruflich mit Sexualität zu tun haben.Vergrößern des Bildes
Das Buch "Sexworker" stellt 33 Frauen vor, die alle auf unterschiedliche Weise beruflich mit Sexualität zu tun haben. (Quelle: Sexworker - Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag 2015)

Dass Sex ein lukratives Geschäft ist, ist weitgehend bekannt. Doch die meisten Frauen, die im Dienste der Liebe arbeiten, reden nur ungern offen darüber. Kaum eine andere Berufsbranche ist so stark mit Vorurteilen und Tabus belastet. Was tatsächlich hinter den Kulissen passiert, wissen daher nur wenige. Wie facettenreich die Arbeit mit der Lust sein kann und was Frauen am Erotikmilieu fasziniert, zeigt das Buch "Sexworker", verfasst von Cornelia Jönsson, Silke Maschinger und Tanja Steinlechner.

In diesem Buch finden sich 33 Porträts von Frauen, die mit Sex oder Sexualität ihr Geld verdienen. Dabei kommen Callgirls ebenso zu Wort wie eine Sexualtherapeutin und eine Filmproduzentin. Dominas erzählen von Hingabe und Vertrauen, Tantra-Masseurinnen philosophieren über die Vielfalt des Orgasmus und Kreative berichten von Dildos in Gemüseform und ihrer Leidenschaft für maßgeschneiderte Korsetts.

Erotikbranche hat sich gewandelt

"Schmierige Bahnhofsexshops, billige Pornos und die häufige Notsituation von Prostituierten haben das negative Bild der Sexarbeit geprägt", schreiben die Autorinnen. Dabei habe sich in der Erotikbranche in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Viele Frauen würden mittlerweile in diesem Bereich selbstbestimmt und qualitätsbewusst arbeiten. Darüber möchte "Sexworker" aufklären und das Ansehen der Frauen, die sich zu ihren Liebesdiensten bekennen, verbessern.

Domina Sabine (52): "Das Geschenk der Hingabe"

"Diese ganz andere Welt, dieses Dunkle, dieses Geheimnisvolle, die Intensität - das war ein ganz wunderbarer Abgrund, in dem ich mich gefunden habe", schwärmt Sabine über ihre Tätigkeit als Domina. Gemeinsam mit einer Kollegin leitet die 52-jährige Blondine in Berlin das SM-Studio Avalon. Sie hat 20 dominante und submissive (unterwürfige) Mitarbeiterinnen, die von 12 bis 22 Uhr Männer erwarten. Manche ihrer Kunden sind verheiratet, manche einsam oder einfach nur neugierig. Erst hüllt sich die Domina in ein schwarzes Latexkostüm, dann kleidet sie ihren Sklaven - vom Scheitel bis zur Sohle - in einen hautengen Kokon aus Latex und übt SM-Praktiken an ihm aus.

Sabine sieht ihren Job in sexueller Hinsicht als "gute Ergänzung zu ihrem Privatleben". Ihrem Ehemann berichtet sie abends über das, was sie erlebt hat. Eifersucht kennt dieser nicht - denn er weiß, dass sein Frau keinen Geschlechtsverkehr mit Kunden hat. Was Sabine am meisten an ihrem Beruf schätzt, ist die Reaktion der Männer: "Diesen Blick voll Vertrauen, das Geschenk der Hingabe", beschreibt sie ihre Motivation.

Therapeutin Berit (51): "Auch ich bekomme noch rote Ohren"

Mit sexuelle Problemen und intimen Sorgen von Paaren beschäftigt sich Berit Brockhausen. Sie arbeitet als Paar- und Sexualtherapeutin in Berlin. "Das häufigste Problem, wenn es um Sexualität geht, ist, dass einer von beiden weniger Lust hat oder die Lust bei beiden eingeschlafen ist. Doch auch Erektionsprobleme, vorzeitiger Samenerguss oder bei Frauen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr seien häufige Themen.

"Es gibt Themen oder Arten, mir etwas zu erzählen. bei denen ich heute noch rote Ohren bekomme", bekennt die 51-Jährige, die selbst seit 20 Jahren in einer festen Partnerschaft lebt. Den meisten Spaß an ihrer Arbeit mit Paaren macht ihr das "Detektivische": "Herauszufinden, wie die beiden funktionieren, wie sie ticken, warum sie das so schwer miteinander haben - das finde ich spannend!"

Filmproduzentin Petra (51): "Es ist mehr als nur Porno"

Pornografie hat nach wie vor einen schlechten Ruf, auch wenn in jüngster Zeit mehrere Produzentinnen dem männerorientierten Mainstream-Porno ästhetischere Alternativen entgegensetzten. Unter dem Negativ-Image hat auch die Londoner Produzentin Petra Joy (51) zu leiden. Ihre Filme, bei denen sie selbst Regie und Kamera führt, nennt sie "Filme aus weiblicher Perspektive". Dabei lässt sie sich von den Fantasien ihrer Zuschauerinnen inspirieren. Die Filme, in denen die Akteure meist Laien sind, sollen nicht nur anmachen, sondern auch Tabuthemen aufgreifen und Sichtweisen ändern. Deshalb hat Petra Joy auch erstmals mit einer 58-jährigen Frau gedreht.

"In Sachen Sex gibt es kein Drehbuch, sondern die Möglichkeit, die eigenen Wünsche vor der Kamera auszuprobieren", beschreibt Joy ihr Konzept. Bei normale Pornos sei dies nicht möglich. "Dort werden die Leute gebucht, kommen zum Set und dann heißt es 'ready, steady, fuck'". Für die Produzentin wäre ein solcher Arbeitsalltag undenkbar. Sie versteht sich und die Darsteller eher als eine Art "kreative Familie". Aus vielen Kontakten haben sich im Laufe der Jahre Freundschaften entwickelt - und genau das liebt Petra an ihrem Beruf.

Erotik-Coach Vanessa (36): "Frauen, macht euch weniger Stress!"

Bevor sich Vanessa Eden als Erotik-Coach selbstständig machte, hatte sie sechs Jahre als Escortdame Erfahrungen im Erotik-Milieu gesammelt. In ihren Beratungen gibt sie ihr Wissen an Männer und Frauen weiter, die ihren sexuellen Horizont erweitern wollen oder neuen Schwung ins Ehebett bringen wollen. Ihre Psychologiekenntnisse, die die 36-jährige Fränkin derzeit im Rahmen eines Studiums vertieft, helfen ihr, das Coaching professionell durchzuführen.

"Oft geht es darum, Ängste abzubauen", sagt Eden. Frauen seien viel zu kritisch mit ihrem Körper. "Sie trauen sich nicht, beim Sex auch mal oben zu sitzen, weil der Busen hängen oder eine Speckfalte zu sehen sein könnte." Vanessa versteht diese Sorgen gut, weiß aber auch, was viel wichtiger ist: "Dass die Frau Spaß im Bett hat und lustvoll genießen kann." Damit ihre Ratschläge nicht die reine Theorie bleiben, begleitet sie ihre Klientinnen schon mal auf Ausflügen in den Sexshop und zeigt ihnen dort das Sortiment.

Dass sie einmal als Escort-Dame gearbeitet hat, bereut Vanessa nicht. Sie sei sich nie "gekauft" vorgekommen und habe sich immer freiwillig dazu entschieden, mit den Männern Sex zu haben. Ihr Fazit: "Ich habe so viel Dankbarkeit zurückbekommen für meine Tätigkeit, so viel Wertschätzung erlebt."

"Sexworker" räumt mit Vorurteilen auf

Nach der Lektüre von "Sexworker" hat der Leser überraschende und aufschlussreiche Einblicke in die Arbeit mit der Lust. Auf Voyeurismus und moralische Wertung wird dabei ganz verzichtet. So unterschiedlich die Porträts auch sind, eines haben alle Frauen gemeinsam: Sie sind selbstbewusst, gehen freiwillig ihrer Tätigkeit nach und haben Spaß daran. Das eine oder andere Vorurteil, das der Leser vorher gehab haben mag, wird so aus dem Weg geräumt.

Doch das Bild, das "Sexworker" zeichnet, ist einseitig. Über die Schattenseiten, die das Geschäft mit der käuflichen Liebe mit sich bringt, wird nicht berichtet. Keine der Beteiligten spricht über Zwangsprostitution, Gewalt oder Drogen. Doch für viele Frauen, die mit Sex Geld verdienen, ist das die Realität. Sie verhindert nicht nur ein selbstbestimmtes Leben, sondern birgt auch die Gefahr, dass Körper und Seele geschädigt werden.

"Sexworker", herausgegeben von Cornelia Jönsson, Silke Maschinger und Tanjy Steinlechner, erschienen im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 310 Seiten. 9,99 Euro.

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