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Die größten Umweltkatastrophen der Geschichte


Vom Menschen verursacht
Die größten Umweltkatastrophen der Geschichte

t-online, Daniel Reviol

Aktualisiert am 12.10.2015Lesedauer: 7 Min.
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Täglich verpesten Menschen die Luft, verschmutzen Meere, zerstören die Natur. Der Raubbau an unserer Umwelt ist ein schleichender Prozess. Gleichzeitig kommt es immer wieder zu furchtbaren Ereignissen, die ganze Regionen in kurzer Zeit unbewohnbar machen, unzählige Lebewesen töten, Krankheit und Zerstörung hinterlassen.

Mit ansteigender Weltbevölkerung und fortschreitender Industrialisierung ist auch die Zahl der vom Menschen verursachten Katastrophen angestiegen. Während die alltägliche Umweltverschmutzung vom Menschen kaum wahrgenommen wird, sorgten diese 13 Umweltkatastrophen für Angst, Schrecken und großes Elend:

Aralsee

Der Aralsee in Kasachstan und Usbekistan war mit einst 68.000 Quadratkilometern Ausdehnung der viertgrößte See der Erde. Davon ist nicht mehr viel übrig. Sein Wasservolumen ist um 90 Prozent zurückgegangen, die Uferlinien haben sich um teilweise 100 Kilometer verschoben, alte Schiffe liegen auf dem Trockenen, das ehemals fischreiche Gewässer gilt als biologisch tot. Schuld an der Austrocknung seit den 1960er Jahren ist eine fehlerhafte Planwirtschaft: Enorme Wassermengen wurden aus den inzwischen fast versiegten Zuflüssen des Aralsees gepumpt. Zum einen um anliegende Städte und Industrien zu versorgen, zum anderen aber vor allem um die Wüste zwecks Baumwoll- und Reisanbau zu bewässern.

Forscher gehen davon aus, dass der Aralsee bis 2020 ganz verschwunden ist. Übrig bleiben wird eine Salzwüste angereichert mit Schadstoffen aus jahrzehntelanger Düngung und Schädlingsbekämpfung. Die Folgen sind längst spürbar: Etwa zwei Drittel der Pflanzenwelt sowie gigantische Fischvorkommen sind ausgestorben, das Immunsystem der Menschen in der Region ist stark beeinträchtigt, viele leiden an Krankheiten wie Krebs und Typhus.

Seveso

Am 10. Juli 1976 ereignete sich 20 Kilometer nördlich von Mailand in der Fabrik Icmesa ein Chemieunfall: das Seveso-Unglück. Infolge eines Wärmestaus war es in einem Kessel zu einer chemischen Reaktion gekommen, die in einer Explosion mündete. Dabei wurde eine unbekannte Menge Dioxin freigesetzt, die eine Fläche von 320 Hektar verseuchte. In den folgenden Tagen verwelkten die Pflanzen in der Umgebung und es wurden über 3000 Tierkadaver gefunden. Tagelang schwebte die Dioxin-Wolke über der Gemeinde Seveso mit seinen rund 8000 Einwohnern. Und tagelang dauerte es auch, bis die Firmenleitung die Öffentlichkeit über die vom Giftgas ausgehenden Gefahren informierte.

Bis heute wurde kein menschliches Todesopfer mit dem Sevesounglück direkt in Verbindung gebracht. Doch Studien zufolge werden in der Region noch heute Kinder geboren, die ein erhöhtes Risiko für Krankheiten und Entwicklungsstörungen aufweisen.

Bhopal

Technische Pannen und menschliches Versagen waren schuld, dass von einem Werk der indischen Firma Union Carbide India Limited, in dem Schädlingsbekämpfungsmittel hergestellt wurden, mehrere Tonnen giftiger Stoffe in die Atmosphäre freigesetzt wurden. Dabei strömte das tödliche Gas Methylisocyanat aus, das der Wind über das neben dem Werk liegende Armenviertel von Bhopal wehte. Innerhalb weniger Minuten starben am 3. Dezember 1984 Tausende Menschen. Weitere Tausend folgen in den Tagen darauf, Hunderttausende erkrankten schwer - sie erblindeten, erlitten Hirn- oder Organschäden, wurden unfruchtbar.

Die Katastrophe von Bhopal gilt als schlimmstes Chemieunglück der Geschichte. Noch immer kommen in dem Ort Kinder mit Fehlbildungen zur Welt.

Tschernobyl

Es ist das bekannteste Beispiel für einen Super-GAU: die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Bei der Simulation eines vollständigen Stromausfalls kam es am 26. April 1986 wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen zu einem Leistungsanstieg, der zur Explosion des Reaktors in Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl führte. Gut 10.000 Menschen starben an den Folgen des Vorfalls. Um zu verhindern, dass das Kraftwerk weiter Radioaktivität an die Umwelt absonderte, wurde bis zum Herbst ein "Sarkophag" aus Beton um den Reaktor gebaut. Bei den Räumungs- und Bauarbeiten kamen 600.000 bis 800.000 Arbeiter zum Einsatz - dass sie sich in Lebensgefahr befanden, sagte ihnen niemand. 125.000 von ihnen erkrankten WHO-Angaben zufolge schwer.

Der Tschernobyl-Gau war das erste Ereignis, das auf der siebenstufigen internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse als "katastrophaler Unfall" eingeordnet wurde. Über die weltweiten gesundheitlichen Langzeitfolgen wird seit Jahren diskutiert.

Sandoz

Auch Deutschland wurde in seiner Geschichte nicht von Umweltkatastrophen verschont. Am 1. November 1986 entwickelte sich ein kleiner Schwelbrand zu einem Großfeuer in einer Halle des Chemieunternehmens Sandoz. Aber erst was dann geschieht, sorgt für einen Umweltskandal. Das Löschwasser der Feuerwehr spült mindestens 20 Tonnen Gift in den Rhein: Pestizide, Insektizide, Quecksilber. Als Folge färbte sich das Wasser des Flusses rot, Tonnen von toten Fischen trieben im Rhein, die Wasserversorgung vieler anliegender Gemeinden brach zusammen.

Der Rhein hat sich inzwischen von dem Chemieunfall gut erholt. Viele Tierarten haben sich wieder an dem Fluss angesiedelt.

Exxon Valdez

Am 24. März 1989 lief der Öltanker Exxon Valdez auf das Bligh-Riff im Prinz-William-Sund vor Süd-Alaska auf. Joseph Hazelwood, der alkoholkranke Kapitän des Schiffs, war zum Zeitpunkt des Unglücks betrunken, während es der übermüdete Dritte Offizier Gregory Cousins versäumte die Exxon Valdez nach einer Abweichung vom normalen Reiseplan auf sicheren Kurs zurückzuführen.

Die entstandene Ölpest ist eine der schlimmsten Umweltkatastrophen der Seefahrtsgeschichte. Bei dem Unfall liefen 37.000 Tonnen Rohöl aus und schädigten das Ökosystem: Gut 2000 Kilometer Küste wurden verseucht, Hunderttausende Fische, Seevögel und andere Tiere verendeten.

Ölpest am Persischen Golf

Als Folge des Zweiten Golfkriegs kommt es 1991 zur großen Ölpest am Persischen Golf. Um die Landung von US-Marines zu verhindern, öffneten irakische Soldaten die Ventile am Sea-Island-Öl-Terminal in Kuwait und ließen zugleich das Öl von mehreren Tankern in den Persischen Golf. Dabei wurde knapp eine Milliarde Liter Rohöl freigesetzt. 700 Kilometer Küste wurden verseucht. Die Flut trug das Öl bis zu einem Kilometer weit in die Buchten, wo es fast alle Pflanzen und Tiere tötete. Im Meer starb das Plankton ab und alles sonstige Leben in Oberflächennähe.

Kurz nach dem Öffnen der Öl-Ventile zerstörten Luftangriffe der USA die Pipelines. So sollte das weitere Auslaufen von Öl in den Persischen Golf vereitelt werden.

Norilsk

In der russischen Stadt Norilsk entwickelte sich aus einem Lager für Zwangsarbeiter ein Industriekomplex, in dem riesige Mengen an Schwermetallen verarbeitet werden. Der 1993 gegründete Konzern MMC Norilsk Nickel ist eines der profitabelsten Unternehmen Russlands sowie Weltmarkführer in der Nickelproduktion - mutmaßlich aber auch der größte Einzelluftverschmutzer der Erde.

Schwefeldioxid, Feinstaub, Stickstoffoxide, Kohlenstoffoxide, Phenole sowie die radioaktiven Stoffe Strontium-90 und Cäsium-137 verschmutzen die Luft und Umgebung. Seit 2001 zählt Norilsk zu rund 90 geschlossenen Städten in Russland. Trotz der strengen Geheimhaltung heißt es auch Berichten, dass die Umgebung der Stadt schwarz gefärbt sei, die Luft nach Schwefel schmecke und die Lebenserwartung der in Norilsk lebenden Menschen zehn Jahre unter dem russischen Durchschnitt liege.

Prestige

Als die Prestige am 13. November 2002 sank, verursachte der Öltanker die größte Umweltkatastrophe Spaniens. Das mit 77.000 Tonnen Schweröl beladene Schiff havarierte auf dem Weg von Lettland nach Singapur. Aus Angst vor den Folgen für Küstenabschnitte verboten spanische Behörden dem Tanker, einen Hafen anzulaufen und ließen ihn auf hohe See schleppen. Ein Fehler: An einem Hafen hätte sich das austretende Öl deutlich besser abpumpen lassen.

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Stattdessen liefen 64.000 Tonnen Öl aus und verschmutzten 2900 Kilometer der französischen und spanischen Küste. Das restliche Öl konnte durch eine mikrobakterienhaltige Lösung ersetzt werden. Schätzungen zufolge starb eine Viertel Million Seevögel aufgrund der Ölpest.

Bajos de Haina

Bajos de Haina ist eine Stadt in der Dominikanischen Republik. Sie ist auch bekannt als das "dominikanische Tschernobyl". Doch nicht Radioaktivität hat Haina verseucht - sondern Blei. Laut UN-Berichten ist die Bleikontamination der Bevölkerung so hoch wie an keinem anderen Ort der Erde. Eine frühere Studie des Chemischen Instituts der Universität von Santo Domingo ergab, dass der Bleiwert im Blut der Einwohner den Normalwert um ein Fünf- bis Zehnfaches übertrifft. Bei den vergifteten Menschen wurden angeborene Missbildungen, Augenschäden sowie Lern- und Persönlichkeitsstörungen beobachtet worden.

Zurückzuführen sind die extrem hohen Werte wahrscheinlich auf die Firma Baterias Meteoro. Die hatte nahe Haina jahrelang Autobatterien für Recycling-Zwecke eingeschmolzen. Inzwischen befindet sich das Unternehmen an einem anderen Standort. Bis sich die Stadt von der Bleiverschmutzung erholt hat, werden aber noch viele Jahre vergehen.

Smog in China

Die WHO empfiehlt eine maximale Feinstaubbelastung von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - ein Wert, der in fast allen chinesischen Metropolen regelmäßig um das Zehnfache überschritten wird. Experten sind sich sicher, dass Kohleverbrennung, Industrieproduktion und Autoabgase den kaum vorstellbaren Smog in China verursacht haben. Von 2007 bis 2012 ist der jährliche Kohleverbrauch in China von 2,5 auf 3,6 Milliarden Tonnen gestiegen. Zudem ist der Industriesektor in den vergangenen zehn Jahren massiv ausgebaut worden, und auch die Zahl der Autos ist durch eine rasante Urbanisierung extrem angestiegen. Allein in Peking ist die Zahl der Autos von 1998 bis 2012 um fast vier auf über fünf Millionen gestiegen.

Neben den Folgen für Umwelt und Klima sind sich Forscher sicher, dass ständiger Smog-Alarm die Lebenserwartung der Menschen deutlich verkürzt. Der chinesische Energie-Experte Li Junfeng erklärte: "China ist wie ein Raucher, der unmittelbar das Rauchen einstellen muss, will er nicht an Lungenkrebs erkranken."

Deepwater Horizon

Menschliche und technische Fehler führten am 20. April 2010 zu einem Blowout auf der Bohrplattform Deepwater Horizon. Bei der Explosion kamen elf Arbeiter ums Leben und das auslaufende Öl führte zur Ölpest im Golf von Mexiko. Die Ölmenge, die vom 20. April bis zum 16. Juli 2010 aus dem Bohrloch im Macondo-Ölfeld austrat, wird auf 800 Millionen Liter geschätzt. Eine vergleichbare Dimension erreichte der Blowout der Ixtoc-I-Bohrung 1979. Nach dem Untergang von Deepwater Horizon wurde ein Ölteppich beobachtet, der sich nach einigen Tagen auf eine Fläche von fast 10.000 Quadratkilometern ausdehnte.

Die genauen Auswirkungen auf Fische und andere Meerestiere sind Forschern zufolge noch unklar. Durch das Öl wurden auch das Mississippi-Delta und das dort liegende Wildschutzgebiet Pass à l’outre bedroht. Im Bereich der Mississippi-Mündung und der Küste von Florida herrscht seit der Katastrophe Fischfangverbot.

Fukushima

Nach einem der stärksten jemals gemessenen Erdbeben und einem dadurch verursachten Tsunami mit einer zehn Meter hohen Flutwelle brachen am 11. März 2011 mehrere Kühlsysteme im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi zusammen. In der Folge kam es zu einer Unfallserie, von der vier der sechs Reaktorblöcke betroffen waren. Das atomare Unglück entwickelte sich nach und nach von einem "ernsten" Störfall zum "katastrophalen Unfall" in Tschernobyl-Dimension. Gefährliche Mengen an radioaktivem Material wurden freigesetzt und vergifteten Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel in der Umgebung.

Etwa 100.000 bis 150.000 Einwohner mussten das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen, Hunderttausende zurückgelassene Tiere mussten sterben. Die Nuklearkatastrophe löste eine internationale Diskussion um Atomenergie aus, die in Deutschland zu einem neuen Energiekonzept führte.

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