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Porno-Sucht: "Manche schauen bis zu zehn Stunden am Tag"


Internet-Sexsucht
"Manche schauen zehn Stunden am Tag Pornos"

Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 29.03.2016Lesedauer: 3 Min.
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Mann vor dem PC: Porno-Sucht ist ein Problem, das fast ausnahmslos Männer betrifft.Vergrößern des Bildes
Mann vor dem PC: Porno-Sucht ist ein Problem, das fast ausnahmslos Männer betrifft. (Quelle: Marcos Calvo/getty-images-bilder)

Wer im Internet nach Pornos sucht, wird schnell fündig. Es gibt für jede Vorliebe alles an Bildern und Videos - und das kostenlos.

Nur wenige Klicks trennen den Computernutzer von pornografischen Inhalten. Sie können jederzeit vermeintlich anonym konsumiert werden. "Ihren Ursprung hat die Internet-Porno-Sucht in den Neunzigern", weiß der Sexualtherapeut Dr. Kurt Seikowski von der Gesellschaft für Sexualwissenschaften. "Es fing mit dem Internetportal 'Youporn' an und kurz darauf folgten weitere, die kostenfrei Sexclips anboten."

Der Konsum gerät außer Kontrolle

Plötzlich war es nicht nur möglich, eigene Filme zu veröffentlichen, sondern diese auch in Massen zu konsumieren. Doch es hat Schattenseiten, dass der User alleine ist, mit seiner Lust, seinen Neigungen und seinem Wunsch nach noch mehr Nervenkitzel. Der Konsum kann schnell außer Kontrolle geraten.

"Ich erlebe es in meiner Praxis. Immer mehr Männer kommen zu mir und suchen Hilfe aus der Porno-Sucht“, sagt Seikowski. "Die Zahl ist deutlich angestiegen. Wenn ich auf Tagungen mit Kollegen spreche, bestätigen sie die Zunahme auch in ihren Praxen." Fünf Prozent seiner Patienten seien betroffen, bei vielen Kollegen seien es weitaus mehr. Tendenz steigend. Mittlerweile gibt es sogar Arztpraxen, die sich auf Internet-Sexsucht spezialisiert haben.

Männer brauchen visuelle Reize

Porno-Sucht ist ein Problem, das fast ausnahmslos Männer betrifft. Laut Seikowski sind bisher weder ihm noch seinen Kollegen eine pornosüchtige Frau bekannt geworden. "Das liegt sicher auch daran, dass Männer sehr stark optisch orientiert sind. Sie brauchen visuelle Reize und suchen nach immer neuen Möglichkeiten, diese zu bekommen", sagt der Sexualtherapeut. Frauen hingegen brauchten körperliche Nähe. Der Computer allein reiche ihnen für die dauerhafte Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht aus.

Ab wann ist ein Mann pornosüchtig?

Doch wann sprechen Experten von Internet-Porno-Sucht? Die Warnzeichen sind Seikowski zufolge nicht viel anders als bei Alkohol und Drogen. Es besteht der Zwang, das Suchtmittel zu konsumieren - immer mehr und immer öfter. Andere Lebensbereiche werden vernachlässigt, Betroffene ziehen sich sozial zurück.

Entzugserscheinungen sind möglich

Im fortgeschrittenen Stadium der Sucht verlieren viele ihre Arbeit, pflegen keine Freundschaften mehr und vernachlässigen Grundbedürfnisse wie schlafen, essen und trinken. Auf Körperhygiene wird häufig kein Wert mehr gelegt. Die Sucht bestimmt das Leben und selbst Entzugserscheinungen wie Zittern, Herzrasen und Aggressivität können auftreten.

Zudem kommt es durch die andauernde Überreizung des Geschlechtsteils zu Entzündungen und Schwellungen bis hin zu Wunden und Blutungen. "Manche meiner Patienten schauen zehn bis zwölf Stunden am Tag Pornos im Internet. Einige sogar im Büro, obwohl sie wissen, dass sie damit ihren Arbeitsplatz aufs Spiel setzen", erzählt der Experte.

Häufig werden Grenzen überschritten

"Das Kritische ist, dass sowohl die Menge als auch die Intensität immer weiter gesteigert werden müssen, um die gewünschte Befriedigung zu erlangen. Das führt oft dazu, dass Grenzen überschritten und illegales Material konsumiert wird", so der Sexualwissenschaftler. Viele Männer kommen dann freiwillig zu ihm, weil sie merken, dass sie jede Kontrolle verloren haben. Andere suchen die Praxis auf Wunsch der Partnerin auf. "Porno-Sucht hat schon viele Beziehungen zerstört. Die eigene Partnerin kommt gegen die Bilder aus den Videos nicht an und kann die hohe Reizschwelle, die der Mann irgendwann braucht, nicht mehr erreichen."

Porno-Sucht: Welche Männer sind besonders gefährdet?

Meist liegt der Abhängigkeit ein klarer Auslöser zugrunde. Häufig sind das Depressionen und Erschöpfungszustände, wie Seikowski aus seiner Berufspraxis weiß. Aber auch Arbeitslosigkeit, Stress und Überforderung können den Weg in die Sucht ebnen. "Pornos zu schauen, wirkt auf zwei Ebenen. Auf der einen Ebene stehen der Lustgewinn und die Befriedigung, auf der anderen Ebene die Entspannung, die nach dem Orgasmus folgt. Sie tut gut und man sehnt sich nach mehr."

Sexvideos oder Bilder sind zuerst oft nichts anderes als ein kleines Feierabendbier – und irgendwann verlieren manche Betroffene die Kontrolle. "Pornos werden vor allem für die Männer zur Gefahr, die frustriert und unglücklich sind, eine innere Leere verspüren, sich ausgegrenzt und nicht angenommen fühlen, die Schwierigkeiten haben, auf andere zuzugehen oder das Gefühl haben, versagt zu haben."

Beeinflussen Pornos das Leben, Notbremse ziehen

Pornos zu schauen ist kritisch, sobald die Filme das Leben eines Betroffenen stark beeinflussen und er sich dem Konsum nicht mehr entziehen kann. Spätestens wenn alltägliche Pflichten nicht mehr bewältigt werden, braucht man Hilfe.

Eine erste Anlaufstelle kann ein Sexualtherapeut sein, aber auch ein Urologe oder der Hausarzt. "Die Erfolgschancen einer Therapie stehen sehr gut. Ist der Auslöser bekannt, lässt sich die Sucht meist erfolgreich behandeln. Auch ein normales Sexualleben ist danach meist wieder möglich", sagt Seikowski und macht Männern Mut: "Trauen Sie sich, Hilfe anzunehmen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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