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Dmitry Glukhovsky: Russischer Kremlkritiker im Exil packt über Diktatur aus


Kremlkritiker packt aus
"Jetzt ist Russland eine Diktatur"


18.05.2023Lesedauer: 1 Min.
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Dmitry Glukhovsky: Der russische Autor hat seine Heimat verlassen und stellt sich offen gegen Putins Regime – im Video. (Quelle: t-online)

Er kritisiert Putins Regime, verbreitet seine Meinung im Netz. Der Preis, den Dmitry Glukhovsky für diese Freiheit zahlt, ist hoch, erzählt er vor der t-online-Kamera.

Der russische Schriftsteller Dmitry Glukhovsky lebt im Exil irgendwo in Europa – so beschreibt er seinen neuen Wohnort selbst. Genauer möchte er ihn nicht benennen, denn das könnte ihn in Gefahr bringen.

Glukhovsky kritisiert offen Putin und die Kremlpolitik, nennt den Ukrainekrieg beim Namen und schreibt Bücher über die Propaganda in seiner Heimat. Dafür drohen ihm in Russland bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Im Gespräch mit t-online erzählt der Autor vom Bruch mit seinem Heimatland und verrät, warum er früher selbst für einen bekannten Propagandasender gearbeitet hat.

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Dmitry Glukhovsky ist russischer Autor, schreibt Dystopien über sein Heimatland. Er verurteilt den Angriff auf die Ukraine, die Propaganda des Kremls und Wladimir Putin. Doch diese Kritik ist gefährlich für ihn geworden. Darum hat er Russland verlassen und lebt jetzt irgendwo in Europa im Exil. Im Gespräch mit t-online erzählt er von seinem Bruch mit der Heimat.

Nach Russland einreisen kann Dmitry Glukhovsky seit Beginn des Ukrainekrieges nicht mehr, denn dort steht er auf einer Fahndungsliste.

"Jetzt grad läuft der Prozess gegen mich in Moskau, wobei ich mit Verbreitung falscher Nachrichten über die russische Armee beschuldigt bin. Das bedeutet, dass Sie mich schuldig finden. Und natürlich finden Sie mich schuldig. Also kriege ich in Abwesenheit bis zu 15 Jahren im Gefängnis. Was es für mich bedeutet, ist, dass ich nicht zurück nach Russland kehren darf und auch nicht in ex-sowjetische Republiken wie Usbekistan, Kasachstan, Belarus. Und so weiter. Aber vielleicht auch nicht in Länder, die mit Russland ein Auslieferungsabkommen haben, wie zum Beispiel Thailand oder Indonesien, Bali ist für mich leider jetzt verboten. Und so weiter."

Der Autor muss sich jetzt nach russischem Gesetz selbst als ausländischer Agent bezeichnen. Und ihm werden nach und nach alle Einkommensquellen entzogen – eine perfide Strafe der russischen Regierung.

"Die Spielregeln ändern sich sehr, sehr schnell. Vor zwei Jahren konnte ich noch die Regierung und Wladimir Putins Regime offen kritisieren und habe nichts, also keine Bedrohung dafür gekriegt. Aber da gab es eine administrative Ermittlung, eine administrative Sache, aber nichts Staatliches. Aber seit dem Anfang des Krieges wird eine einzige Stimme, die gegen den Krieg geht, schon vom Regime als eine potenzielle Bedrohung betrachtet. Und vorher, vor dem Anfang des Krieges, war Russland immer noch so ein autoritärer Staat. Jetzt ist Russland eine Diktatur. In einer Diktatur darf man überhaupt keine Gegenstimme haben."

Die staatlichen Bibliotheken in Russland nahmen seine Bücher deshalb aus dem Sortiment. Doch Glukhovsky findet Alternativen.
Seine Geschichten stellt er – in russischer Sprache – kostenlos auf seinem Telegram-Kanal zur Verfügung. So will er auch weiterhin seine Botschaft verbreiten: Die Wahrheit über Putins Regime. Denn die habe Glukhovsky schon vor zwei Jahrzehnten in seinem Beruf als politischer Journalist beobachten können, erzählt er.
Ab 2005 hat er zwei Jahre bei Russia Today gearbeitet – einem Fernsehsender, der heute wesentlich zur Kreml-Propaganda beiträgt.

"Am Anfang war Russia Today ein, ich würde nicht sagen ein freies Medium – das würde nicht wahr sein. Aber es wurde vom Staat erschaffen, um zu zeigen, dass wir auch Redefreiheit haben. Also ich persönlich damals hatte keine Gewissensbisse deswegen, weil ich frei war, so am meisten und konnte mit denselben Prinzipien wie bei meiner Arbeit bei Euronews. Das wurde alles wirklich nach 2014 aufgebaut. Aber damals war ich schon sieben Jahre als Journalist nicht mehr tätig. Und natürlich verstehe ich besser, wie genau Propaganda tatsächlich funktioniert und auch mein Verständnis von den Prinzipien der Medien in Russland überhaupt funktioniert, war bei meiner derzeitigen Tätigkeit sehr hilfreich und ist immer noch sehr hilfreich. Ich kann das besser verstehen, ich kann die Motivation verstehen. Ich kenne die Leute, die dort arbeiten, ich konnte der Revolution, ihren Meinungen folgen und das ist natürlich jetzt sehr hilfreich."

Seine Einblicke in die Kremlpolitik veranlassten Glukhovsky auch dazu, seine Trilogie "Metro" zu veröffentlichen, die ihn in den 2000er-Jahren bekannt machte. Der fiktive Plot spielt in Moskauer U-Bahnhöfen, er beschreibt die Auswirkungen eines Atomschlags auf Russland.

Vor einigen Tagen ist nun sein neuestes Werk erschienen: ”Outpost – der Aufbruch”. Darin wird Russland von einem Zaren regiert, der das zerstörte Reich gewalttätig wiedervereinen will. Gleichzeitig grassiert eine Sprachseuche, die Menschen zu Mördern macht – eine Metapher für Propaganda, stellt der Schriftsteller klar.

"Das Buch habe ich mir schon vor Jahren ausgedacht und erstmals in Russland ist es vor drei Jahren erschienen. Das bedeutet so ein gutes Jahr vor dem Krieg. Und er beschrieb natürlich ganz genau die Auswirkungen von Hasspropaganda, von Hassrede, die vom russischen Fernsehen in russischen Medien so ganz möglich und gesetzlich geworden ist.
Und ich meine, dass die große Gefahr hier ist, dass dieses Böse, dieses große Böse, die du als ein Machthaber in die Welt loslässt, sogar nach deinem Tod und sogar nach dem Tod deines Nachfolgers hier in der Luft immer noch bleiben wird und diese Welt weiter vergiften wird. Und ohne Therapie geht es nicht weg."

Eine Art Vorahnung der Geschehnisse in Russland und des Überfalls auf die Ukraine? Nein, meint Glukhovsky, er habe einfach nur frühzeitig genau hingesehen und sich eine eigene Meinung gebildet.

Schriftsteller Dmitry Glukhovsky über seine Vergangenheit als Journalist, die Flucht aus Russland und eine Vorahnung in seinem neuen Roman – hier oder oben im Video.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Dmitry Glukhovsky
  • Pressematerial
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