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Nahostkonflikt: Israel-Geheimdienst Schin Bet wusste von den Hamas-Plänen


Was wusste der Schin Bet?
Das große Versagen der israelischen Geheimdienste


29.12.2023Lesedauer: 3 Min.
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Angriff von Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 (Archivbild): Verwarf ein israelischer Geheimdienstler die Warnung vor dem Angriff?Vergrößern des Bildes
Angriff von Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 (Archivbild): Der Schin Bet wurde offenbar Monate vor dem Angriff gewarnt – und ignorierte die Information. (Quelle: apaimages/imago-images-bilder)

Wie viel wusste Israel von den Angriffsplänen der Hamas? Eine Recherche zeigt: Der Geheimdienst wurde vorab informiert, ignorierte die Warnung aber.

Der 7. Oktober war ein schrecklicher, aber offenbar sehr gut geplanter Angriff der Terrororganisation Hamas. Mit Gleitschirmen, Motorrollern und zu Fuß überwanden die Terroristen den hart abgeriegelten Grenzzaun zwischen dem Gazastreifen und Israel. Dazu beschossen sie Israel mit unzähligen Raketen. Am Ende ihres Feldzugs hatten sie mehr als 1.200 Israelis ermordet und 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Und all die Planungen sollen die besten Geheimdienste der Welt nicht mitbekommen haben?

Daran gibt es zumindest erhebliche Zweifel. Eine neue Recherche des israelischen Senders Kashet 12 zeigt: Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet wusste Monate vor dem Angriff Bescheid, ignorierte allerdings den entscheidenden Tipp und gab ihn nicht an die Führungsriege weiter – was sich im Rückblick auf den 7. Oktober als fataler Fehler herausstellen könnte.

Geheimdienst wusste seit Sommer Bescheid

Bereits im Sommer erhielt der Schin Bet die Information eines Informanten aus dem Gazastreifen, die Hamas plane einen "großen Angriff" auf Israel, kurz nach dem höchsten Feiertag der Juden, Jom Kippur. Das Fest fiel auf den 24. und 25. September 2023, nur knapp zwei Wochen später startete der barbarische Angriff der Terroristen tatsächlich. Doch die Information wurde von der Sicherheitsbehörde als unbedeutend abgetan, schreibt die "Times of Israel" unter Berufung auf einen Bericht des israelischen Fernsehsenders Keshet 12. Der Sender hat Quellen in dem Geheimdienst.

Was ist der Schin Bet?

Der Schin Bet ist der israelische Inlandsgeheimdienst und damit am ehesten mit dem deutschen Verfassungsschutz vergleichbar. Die Aufgaben sind unter anderem Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung sowie die Informationsbeschaffung aus Gaza und dem Westjordanland. Für den Schin Bet sollen geschätzt 5.000 hauptamtliche Geheimdienstmitarbeiter arbeiten, dazu kommen Informanten.

In dem Bericht heißt es, der Spion im Gazastreifen habe die Information an einen Mittelsmann zum Schin Bet weitergegeben, nachdem er von den konkreten Planungen erfahren habe. Der Strohmann habe die Information an den Inlandsgeheimdienst weitergegeben, der die Dringlichkeit allerdings nicht erkannte. Die Agenten kamen zum Schluss, dass "wenn dies wirklich kurz vor der Umsetzung steht, wir zusätzliche Informationen erhalten werden", so zitiert die "Times of Israel" den Bericht. Auch wurden die Informationen nicht weitergegeben; die Leitung des Geheimdienstes habe nie von den Anschlagsplänen erfahren.

Schin Bet will Fehler erst nach Kriegsende untersuchen

Der Bericht fiel den Mitarbeitern der Behörde erst im Nachhinein auf, als sie auf Fehlersuche gingen. Offenbar konnte die Quelle wichtige Informationen nicht bestätigen und hatte erst kurz zuvor angefangen, mit dem Geheimdienst zu sprechen, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Somit kam der Schin Bet zu der folgenreichen Fehleinschätzung, der Quelle nicht ausreichend vertrauen zu können.

In einer Antwort auf den Bericht versucht der Geheimdienst abzuwiegeln. Man konzentriere sich nun auf den laufenden Krieg gegen die Hamas, nach dem Krieg werde das nachrichtendienstliche Versagen aufgearbeitet. "In jedem Fall kann die Fokussierung auf ein bestimmtes nachrichtendienstliches Element nicht das gesamte nachrichtendienstliche Bild der damaligen Zeit widerspiegeln", zitiert die "Times of Israel" den Schin Bet.

Bereits Anfang Dezember berichtete die "New York Times" über einen umfassenden Austausch israelischer Behörden zu einem 40 Seiten langen Dokument mit dem Codenamen "Jericho-Mauer", das einen Gefechtsplan der Hamas skizzierte. Der Plan soll den Angriffen am 7. Oktober bis ins Detail geglichen haben. Dennoch verstanden die Geheimdienste die Bedeutung des Dokuments nicht: Sie dachten, die Pläne seien zu anspruchsvoll und schwierig für die Hamas. Offen ist bislang, ob Premierminister Benjamin Netanjahu ebenfalls davon Kenntnis hatte.

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