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Berlusconi-Gegner Pier Luigi Bersani will die Macht in Italien


Ausland
Pragmatisch und kompetent - Pier Luigi Bersani will die Macht in Italien

Von afp, dpa
22.02.2013Lesedauer: 3 Min.
Pier Luigi Bersani hat gute Chancen, nach der Parlamentswahl neuer Ministerpräsident Italiens zu werden.Vergrößern des BildesPier Luigi Bersani hat gute Chancen, nach der Parlamentswahl neuer Ministerpräsident Italiens zu werden. (Quelle: dpa-bilder)
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Die dicke toskanische Zigarre zwischen den Lippen, das ist eines der Markenzeichen von Pier Luigi Bersani. Der Norditaliener ist ein pragmatischer Linker mit wirtschaftlicher Kompetenz, erfahren im römischen Gerangel um Macht und Einfluss.

Der Chef der Mitte-Links-Partei PD (Partito Democratico) ist aussichtsreicher Kandidat für das Amt des italienischen Regierungschefs in der Nachfolge von Mario Monti.

Bodenständig und erfahren

Im Wahlkampf zur italienischen Parlamentswahl am Sonntag und Montag ergänzte der Spitzenkandidat der Linken nun dieses staatsmännisch wirkende Bild um einen Anstrich voller Tatendrang: Ohne Jackett und mit hochgekrempelten Ärmeln sprach und gestikulierte er vor seinen Anhängern. Bersanis Mitte-Links-Bündnis führte zuletzt in den Umfragen, der 61-jährige Politiker hat daher gute Chancen, Italiens neuer Ministerpräsident zu werden.

Die Urwahl für die Spitzenkandidatur hatte Bersani klar gegen seinen jungen Herausforderer Matteo Renzi gewonnen. Bersani hat bereits eine Menge Regierungserfahrung, gilt aber als bodenständig. Als Beweis dafür hatte er seine Kampagne für die Urwahl an der Tankstelle in seinem Heimatdorf gestartet, die einst seinem Vater gehörte und in der er selbst als Student seine kargen Finanzen aufbesserte. "Wer keine Wurzeln hat, kann keine neuen Blätter produzieren", sagte er damals.

Anfänge in der Kommunistischen Partei

In Europa ist Bersani zwar deutlich weniger bekannt als der scheidende Regierungschef Mario Monti oder dessen medienaffiner Vorgänger Silvio Berlusconi. Doch zuletzt erwarb sich Bersani etwa öffentliche Unterstützung von Frankreichs Staatschef François Hollande. Auch Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments, und Belgiens Regierungschef Elio di Rupo gaben ihm Rückendeckung.

Geboren wurde Bersani im September 1951 im kleinen Bettola im Osten der Nordregion Emilia Romagna, einer Hochburg der Linken. Schon früh zog es den studierten Philosophen in die Politik und dort zur Kommunistischen Partei. Mit deren Auflösung und Umorientierung 1991 tat er es vielen Kollegen gleich und schloss sich der heutigen Demokratischen Partei an. Einer Umfrage des Instituts Cise/Luiss zufolge gilt er vielen Italienern als "identitätsstiftende Seele" der Linken.

Eigene Akzente setzen

Im Jahr 1993 wurde Bersani Präsident seiner Geburtsregion und gab dieses Amt erst 1996 für den Posten des Industrieministers unter dem damaligen Regierungschef Romano Prodi auf. Später arbeitete er als Transportminister und saß im Europäischen Parlament, bevor er in Prodis zweiter Regierung Minister für wirtschaftliche Entwicklung wurde. In dieser Zeit ging eine Reihe von Privatisierungen in höchst unterschiedlichen Sektoren auf sein Konto.

Derzeit sitzt Bersani als Abgeordneter im Unterhaus. Als Nachfolger von Monti würde er dessen Politik der "Disziplin und Glaubwürdigkeit" fortführen wollen, wie er wiederholt betonte. Zugleich will er eigene Akzente in der Beschäftigungspolitik und bei der sozialen Gerechtigkeit setzen. Das "drängendste" Problem für Italien seien mehr Investitionen und mehr Jobs, mahnte er an. Eine Koalition mit Montis im Zentrum angesiedelter Bürgerwahl gilt als wahrscheinlich, sollte es Bersani nicht gelingen, im Parlament eine Mehrheit zu erreichen.

Erklärter Gegner Berlusconis

Im Bemühen um eine breite Anerkennung umgab Bersani sich in der Vergangenheit öfter demonstrativ mit jungen Beratern und Parteikollegen. Und der Chef der Sozialdemokraten förderte die Frauen innerhalb der Partei. Er outete sich als Fan von Rockmusik und nahm sich wiederholt selbst aufs Korn. Auch die katholischen Wähler umgarnte der Politiker: Jüngst im italienischen Fernsehen nach seinen persönlichen Helden befragt nannte er den früheren Papst Johannes XXIII., der den Italienern bis heute als "der gute Papst" präsent ist.

Der seit über 30 Jahren verheiratete Politiker und zweifache Vater gilt als ehrlich - Bersani blieb verschont von der jüngsten Welle der Kritik in Italiens Medien gegen das Ausmaß von Korruption und Verschwendung im Land. Und auch wenn Berlusconis Mitte-Rechts-Allianz zuletzt in der Gunst der Wähler gestiegen ist - vielen Italienern ist es sympathisch, dass Bersani ein erklärter Gegner des Cavaliere ist.

Die Parteienlandschaft in Italien

Mitte-Links-Bündnis Spitzenkandidat Pier Luigi Bersani liegt den letzten Umfragen zufolge vorn. Stärkste Kraft ist die Partito Democratico (PD), die demokratische Partei, deren Vorsitzender Bersani ist. Dazu kommt Bersanis linker Bündnispartner, die Sinistra ecologia e libertà (Linke Ökologie und Freiheit) mit ihrem Chef Nichi Vendola. Außerdem unterstützt noch eine Reihe kleinerer Parteien das Bündnis.
Zentrumsblock Die Partei des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti ist nach den letzten Umfragen an die vierte Stelle abgerutscht. Das Bündnis der Mitte um den Wirtschaftsprofessor besteht aus Montis Scelta Civica - Con Monti per l'Italia (Bürgerliche Wahl - Mit Monti für Italien) und der Unione di Centro (Zentrumsunion) des Pier Ferdinando Casini. Dazu kommen einige kleinere Parteien der Mitte.
Mitte-Rechts-Bündnis Das Mitte-Rechts-Bündnis wird angeführt von Silvio Berlusconi und seiner Partei Popolo della Libertà (PdL, Volk der Freiheit). Dazu kommt die insbesondere in Norditalien stark vertretene Lega Nord mit ihrem Chef Roberto Maroni. Das konservative Lager Berlusconis holte den Umfragen zufolge gegenüber der Linken deutlich auf. Auch das Mitte-Rechts-Bündnis wird von mehreren kleineren Parteien unterstützt.
"Movimento 5 Stelle" Die populistische Internet-Protestbewegung (Bewegung fünf Sterne) des Komikers und Internetaktivisten Beppe Grillo hat in den vergangenen Wochen kräftig aufgeholt. Sie kam zuletzt auf bis zu 18 Prozent der Stimmen und könnte damit als drittstärkste Kraft ins Parlament einziehen. Grillo wettert vor allem gegen die traditionellen Parteien und fordert Italiens Austritt aus der Eurozone.
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