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Islamischer Staat lässt eigenen Richter hinrichten


Streit über Scharia-Auslegung
IS lässt eigenen Richter hinrichten

spiegel-online, von Raniah Salloum

Aktualisiert am 12.03.2015Lesedauer: 2 Min.
IS-Anhänger in Rakka: Ein Richter hat es mit der Scharia übetrieben.Vergrößern des BildesIS-Anhänger in Rakka: Ein Richter hat es mit der Scharia übetrieben. (Quelle: Reuters-bilder)
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Einer der höchstrangigen Juristen des "Islamischen Staates" ist tot. Die Führung der Terror-Miliz ließ ihn köpfen, weil er zu viele Menschen zum Tode verurteilt hatte.

Richter Abu Jaafar al-Hattab war für seine Härte berüchtigt. Ursprünglich gehörte er zur Terrorgruppe Ansar al-Scharia in Tunesien. Beim IS wurde er dann zum Top-Juristen: Als Mitglied der Scharia-Kommission war Hattab zuständig dafür, die Rechtsgrundlage des Kalifats zu erarbeiten.

Doch in seinem fanatischen Eifer war Hattab so aktiv, dass es selbst IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi zu viel wurde. Denn Hattab wandte das Konzept von "Takfir" offenbar sehr intensiv an: Takfir bedeutet, dass ein islamischer Gelehrter andere Muslime zu Ungläubigen oder Abtrünnigen erklären kann - ein vermeintliches Vergehen, auf das die Todesstrafe steht. Es ist also ein ideales Werkzeug für religiöse Fanatiker.

Takfir ist im Islam sehr umstritten. Das wichtigste sunnitische Theologiezentrum, die Al-Azhar-Universität in Kairo, lehnt es ab. In ihrer über 1000 Jahre langen Geschichte hat die Azhar-Führung es noch nie angewandt.

Vergangenes Jahr wurde die Al-Azhar-Führung gebeten, die IS-Anhänger zu Abtrünnigen zu erklären. Doch sie weigerte sich: Kein Gläubiger könne als ungläubig bezeichnet werden - egal, welche Sünden er begangen habe. Einzelne Azhar-Gelehrte haben allerdings durchaus schon andere Muslime als Abtrünnige gebrandmarkt.

In Saudi-Arabiens wahabitisch inspiriertem Islam wird Takfir jedoch angewandt, die saudische Staatsreligion ähnelt der IS-Doktrin. Beim IS ist Takfir sogar Herzstück der Ideologie: Denn die Hauptgegner der Islamisten sind Schiiten, also andere Muslime. Nur indem diese als Abtrünnige abgestempelt werden, kann der IS seinen Feldzug als vermeintlichen Gotteskrieg stilisieren.

Abu Jaafar al-Hattab baute das Takfir-Konzept massiv aus: Die von ihm geleitete Scharia-Kommission teilte mit, dass alle IS-Rivalen Ungläubige seien - auch Mitglieder anderer radikaler Gruppen wie der Nusra-Front, dem syrischen Al-Kaida-Ableger.

Al-Kaida-Chef zum Ungläubigen erklärt

Doch dann übertrieb es Hattab offenbar mit seinem Eifer: Unwissenheit schütze nicht vor Takfir, verkündete er. Wer Ungläubige nicht als Ungläubige bezeichne, sei selbst ein Ungläubiger. Prompt erklärte er Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri für abtrünnig, weil dieser die Schiiten nicht ausreichend zum Feind erklärt habe.

Mit dieser Auslegung brachte Hattab die IS-Führung gegen sich auf: Was, wenn der fanatische Richter als nächstes sie für abtrünnig erklären würde?

Also ließen sie Hattab und andere hochrangige IS-Mitglieder, die ähnliche Ansichten vertraten, vor einigen Wochen festnehmen, berichtete das Nahost-Portal "Al-Monitor".

Was aus den anderen Verhafteten wurde, ist bisher nicht bekannt - für Richter Hattab gab es kein Erbarmen.

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