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"Maybrit Illner": Gäste zittern vor Le Pen


"Das ist unsere letzte Chance"
Gäste zittern bei "Maybrit Illner" vor Le Pen

t-online, Nico Damm

Aktualisiert am 05.05.2017Lesedauer: 4 Min.
Gast beim TV-Talk "Maybrit Illner": Katja Kipping, Peter Altmaier, Maybrit Illner, Bruno Le Maire, Ulrike Guérot, Theo Koll (v.l.)Vergrößern des BildesGast beim TV-Talk "Maybrit Illner": Katja Kipping, Peter Altmaier, Maybrit Illner, Bruno Le Maire, Ulrike Guérot, Theo Koll (v.l.) (Quelle: ZDF)
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Vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich sind sich die Gäste einig: Die Lage ist ernst. Wer trägt Schuld an dem Schlamassel? Etwa Angela Merkel?

Die Gäste:

  • Ulrike Guérot - Politikwissenschaftlerin
  • Bruno Le Maire - französischer Politiker (Les Républicains)
  • Theo Koll – Frankreich-Korrespondent des ZDF
  • Stefan Petzner - ehemaliger Pressesprecher und Generalsekretär von Jörg Haider (FPÖ)
  • Peter Altmaier – Chef des Bundeskanzleramts
  • Katja Kipping - Die Linke, Parteivorsitzende

Das Thema:

Das politische Frankreich ist zurzeit kaum wiederzuerkennen: Die klassischen Parteien sind am Boden, das Rennen um das Präsidentenamt wird am Sonntag zwischen der Rechtspopulisten Marie Le Pen und dem Sozialliberalen Emmanuel Macron entscheiden. Letzterer hat erst im vergangenen Jahr eine neue Partei gegründet, vielen Franzosen ist immer noch unklar, wofür er steht: Knallharte Wirtschaftsreformen oder auch ein wenig Sozialdemokratie? Entsprechend unentschlossen sind die Wähler.

Maybrit Illner beleuchtete die Lage aus deutscher Sicht: Steht im Falle eines Sieges von Macron Ärger ins Haus? Schließlich will der Kandidat ein Ende der deutschen Sparpolitik. Und was droht uns, falls gar Le Pen gewinnt – ein Ende des Euro? Der Europäischen Union, wie wir sie kennen, das Ende der deutsch-französischen Partnerschaft?

Der Frontverlauf:

Wie in jedem guten Streit ging es der Runde erst einmal darum, zu klären, wer Schuld ist am Schlamassel. Hat das „Merkel-Bashing“ im französischen Wahlkampf seine Berechtigung? Diese Frage verneinte Kanzleramtschef Altmaier selbstredend und fügte hinzu: „Wir haben uns aus dem Wahlkampf herausgehalten!“ Die Linke Kipping sah das anders: Die soziale Spaltung in Europa habe erst den Boden für Populisten wie Le Pen bereitet. „Sie und Ihre Regierung müssen begreifen, dass die Zeit der Dominanz der deutschen Politik vorbei ist“, sagte sie mit Blick auf die deutsche Spardoktrin, die nicht nur in Frankreich äußerst unbeliebt ist.

Guérot nahm die Deutschen ebenfalls in die Pflicht und sah das Problem auch in französischem Frust über ein Europa mit Demokratiedefizit: Das Erstarken Le Pens habe somit auch mit einer „deutschen Fehlsteuerung der Eurozone zu tun“. Vorschläge zur Vertiefung und Verbesserung seien von Deutschland systematisch zurückgewiesen worden. ZDF-Mann Koll sah ein Machtgefälle als Mitverursacher: Die Franzosen realisierten langsam, dass sie jetzt Nummer zwei in Europa seien. „Das ist für Frankreich ein großes Problem.“ Le Pen verstehe es trefflich, diesen verletzten Nationalstolz zu instrumentalisieren.

Le Maire, in fast allen Dingen auf Linie mit Altmeier, verteidigte die Kanzlerin: "Merkel ist ein Sündenbock für Le Pen." Daran, dass die Wirtschaft in Frankreich nicht liefe und "viele Leute" verarmten, könne man nicht die Kanzlerin verantwortlich machen.

Aufreger des Abends:

Die Runde kam spätestens dann vom Thema ab, als Politik-Berater Petzner Vergleiche zwischen der Linken und dem Front National zog: So gut wie alle populistischen Parteien in Europa hätten einen Mix aus extrem linker Sozialpolitik und extrem rechter Sicherheitspolitik. Kipping ließ diesen Vergleich in Bezug auf ihre Partei nicht auf sich sitzen: "Die Rechten sagen, damit es denen in der Mitte besser geht, muss es anderen schlechter gehen, etwa Geflüchtete oder Migranten." Die Linke hingegen trete nicht „nach unten“ und wolle vielmehr etwa Superreiche stärker besteuern. Auch sonst war Kipping immer mittendrin, wenn es ums Ganze ging: Als gegen Ende der Sendung Altmaier von der Wirksamkeit der Agenda

2010 sprach, drohte die Stimmung endgültig zu kippen und das Thema endgültig nach Deutschland verlagert werden. Dafür reichte die Sendezeit glücklicherweise nicht.

Verpasste Chance:

Wenn Frankreich als zweistärkste Volkswirtschaft Europas in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt, was läuft da schief? Dies aus ökonomischer Perspektive zu betrachten, regte Illner einmal kurz an: Was denn mit der Forderung sei, dass Deutschland endlich für höhere Löhne sorge, um seinen Außenhandelsüberschuss zu reduzieren, wollte Illner von Altmaier wissen. Der rang sich nur kurz den Satz ab, die Löhne seien kräftig gestiegen, und war dann sofort beim nächsten Thema. Hier ließ sich die Moderatorin die Chance entgehen, in der Runde ein gehaltvolles wirtschaftspolitisches Thema zu diskutieren. Viel Service für die Zuschauer bot die Sendung ohnehin nicht: Es gab kaum Einspieler mit Fakten. Gerade in Anbetracht von viel trockener Wirtschafts-Materie wären diese aber sehr hilfreich gewesen – und hätten den Talk sicher besser strukturiert.

Was nach der Sendung übrig bleibt:

Ein Fazit könnte lauten: Wenn Le Pen gewinnt, kommen düstere Zeiten auf uns zu. Mehr Protektionismus, mehr Intoleranz, weniger Europa, da war sich die Talk-Runde einig. Und was passiert, wenn, wie überwiegend erwartet, der Sozialliberale Macron Präsident wird? Hier lieferte die Talk-Runde nur Vermutungen. Kipping sah eine französische Agenda 2010 auf die Bevölkerung zurollen und fürchtete Sozialabbau. "Macron muss ein Angebot machen für die, die links von ihm gewählt haben!" Altmaier und Le Maire sahen hier hingegen notwendige Reformen, die die Wirtschaft ankurbeln können. Politikwissenschaftlerin Guérot mahnte, Frankreich nach der Wahl wieder mehr zuzuhören. Macron habe lesenswerte Vorschläge zur Reformierung der EU gemacht. "Wenn wir Macron gewählt haben und uns danach die Hände reiben und sagen: Alles ist gut, dann haben wir Le Pen in fünf Jahren." Jetzt sei "unsere letzte Chance".

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