"Hung Parliament" Wie es in Großbritannien jetzt weitergeht
Die vorgezogene Parlamentswahl in Großbritannien hat zu einem "hung parliament" geführt - einer parlamentarischen Hängepartie, in der keine Partei aus eigener Kraft regieren kann.
Die konservativen Tories unter Premierministerin Theresa May blieben zwar stärkste Fraktion, verfehlten aber die absolute Mehrheit von mindestens 326 der 650 Mandate im Unterhaus. Da das britische Mehrheitswahlrecht darauf angelegt ist, eindeutige Verhältnisse zu produzieren, kommt diese Situation nur äußerst selten vor.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts gingen erst sechs Parlamentswahlen ohne klare Mehrheitsverhältnisse aus, zuletzt 2010. Damals erhielten die Tories unter David Cameron nicht genügend Stimmen für eine Alleinregierung. Die Konservativen bildeten daraufhin eine Koalition mit den Liberaldemokraten unter Nick Clegg. 2015 erreichte Cameron dann wieder eine absolute Mehrheit.
Ein "hung parliament" kann nicht nur nach allgemeinen Parlamentswahlen eintreten. Auch mitten in der Legislaturperiode können Nachwahlen in einzelnen Wahlkreisen oder Überläufer dazu führen, dass eine Regierung ihre Mehrheit verliert. So führte der konservative Ministerpräsident John Major ab Ende 1996 nur noch eine Minderheitsregierung, wenige Monate später verlor er die Parlamentswahl gegen Tony Blair.
Im Fall eines "hung parliament" liegt die Initiative zur Regierungsbildung laut britischem Wahlrecht beim amtierenden Premierminister. Bis zum 19. Juni muss eine Entscheidung fallen: Dann hält Queen Elizabeth II. ihre "Thronrede", in der sie die Regierungserklärung des neuen Premierministers vorstellt. Der designierte Regierungschef muss eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstehen - sonst sind Neuwahlen unausweichlich.