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"Maybrit Illner": Robert Habeck verteidigt Waffenlieferungen an die Ukraine


"Nicht nur ausgedienter Schrott"
Habeck verteidigt Waffenlieferungen – CDU-Experte hält dagegen

Von Nina Jerzy

Aktualisiert am 03.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Robert Habeck bei einer Veranstaltung (Archivbild): Der Vize-Kanzler verteidigt die Waffenlieferungen an die Ukraine.Vergrößern des Bildes
Robert Habeck bei einer Veranstaltung (Archivbild): Der Vize-Kanzler verteidigt die Waffenlieferungen an die Ukraine. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Habeck fürchtet um den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland. Er geht bei "Maybrit Illner" von dramatisch steigenden Heizkosten aus. Gleichzeitig wehrt er sich gegen Kritik an Waffenlieferungen.

"Nein, wir tun nicht alles Mögliche", stellte Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag bei "Maybrit Illner" gleich zweimal fest. Beim Blick auf die Waffenlieferungen an die Ukraine verteidigte er die Zurückhaltung: "Wir dürfen nicht Kriegspartei werden."

Mit Blick auf mögliche Verteilungskämpfe in der deutschen Gesellschaft forderte der Bundeswirtschaftsminister hingegen größere Anstrengungen. "Wir werden einen dramatischen Anstieg der Heizkosten erleben", warnte er. "Und ob da dann die politischen Maßnahmen ausreichen, um gesellschaftlichen Frieden und das Gefühl, dass es fair in diesem Land zugeht, durchzuhalten, das wird die entscheidende Frage des Herbstes und des Winters werden. Da bin ich mir noch nicht ganz sicher."

Die Gäste

  • Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler
  • Roderich Kiesewetter (CDU), Verteidigungsexperte, Oberst a.D.
  • Katrin Eigendorf, ZDF-Auslandsreporterin, Grimme-Preisträgerin 2022
  • Johannes Varwick, Politikprofessor Universität Halle-Wittenberg
  • Eva Quadbeck, stellvertretende Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND)
  • Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär

Habeck: Wir liefern "nicht nur Schrott"

Habeck zeigte sich nahezu erleichtert, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Generaldebatte im Bundestag konkret geworden ist, welche Waffen an die Ukraine geliefert werden sollen. Dass dies bislang vermieden wurde, "hat jedenfalls die Kommunikation nicht leichter gemacht. Das hat der Bundeskanzler gestern durchbrochen und er war der einzige, der das durchbrechen konnte", sagte der Grünen-Politiker.

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Habeck unterstrich den Wert der Waffen, die bereitgestellt werden sollen. "Die Panzerhaubitze 2.000 kann wirklich was. Die Ukraine bekommt eines der modernsten Luftabwehrsysteme." Er versicherte: "Das ist nicht nur ausgedienter Schrott, den wir dahin schicken, ganz im Gegenteil."

Kiesewetter: "Das ist unserem Land nicht würdig"

CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter sah das anders. Der Bundestag habe die Regierung ermächtigt, Panzer vom Typ Marder und Leopard zu liefern. Stattdessen gingen die Bundeswehr-Panzer im Ringtausch unter anderem an Griechenland, was der Ukraine dafür sowjetische Ausrüstung zur Verfügung stelle.

"Aber das hilft der Ukraine nicht, fast 60 Jahre alte Schützenpanzer zu bekommen", kritisierte der Christdemokrat. Eine unmittelbare Lieferung an Kiew hätte dessen Verhandlungsposition eher gestärkt. "Das ist unserem Land nicht würdig", warf er der Ampelkoalition vor.

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"Deutschland liefert nicht auf dem Niveau 'die Ukraine soll siegen' Waffen", meinte auch RND-Journalistin Eva Quadbeck. Mit den Waffenlieferungen wie den Raketenwerfern würde für eine Art Waffengleichheit gesorgt, sagte hingegen SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: "Hier geht es darum, zumindest erst mal ein Stoppschild aufzustellen."

Der ehemalige Bundeswehr-Oberst Kiesewetter hielt bei "Maybrit Illner" an seinem Vorwurf fest, Scholz wolle ihn Wahrheit gar nicht, dass die Ukraine Russland besiegt. "Was heißt denn 'siegen'?", fragte Habeck und gab zu bedenken: "Siegen ist ein nach oben hin offener Begriff." Anstatt der Ukraine vorzuschreiben, was sie zu wollen habe, unterstütze sie Deutschland in ihren selbst definierten Zielen: "Das ist eine viel weiter reichende Aussage."

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"Auf die Ferien freuen, aber..."

Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) hat jüngst vor Kriegsmüdigkeit gewarnt. Ihr Parteifreund meinte zwar, dass man angesichts der Bilder aus der Ukraine "immer wieder in das Erschrecken zurücktaumeln" werde. Aber auch Habeck sieht die Gefahr, dass Tankrabatt oder Bundesliga irgendwann wichtiger erscheinen als die Frage, wie viel Menschen heute denn getötet worden sind. Er nehme sich hier nicht aus und das sei nur menschlich, aber diese "strukturelle Gleichgültigkeit" müsse immer wieder hinterfragt werden. "Man darf sich auf die Sommerferien freuen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir in einer besonderen Zeit leben", mahnte Habeck.

Apropos Verreisen: Der Tankrabatt wird nach Ansicht des Vizekanzlers nicht ausreichen, um die enorme Mehrbelastung von Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen aufzufangen. "Wir gucken momentan alle auf die Tankstellen. Die wahre Belastung für die meisten Bürgerinnen und Bürger kommt mit der Heizkostenrechnung", sagte Habeck. Denkt der Wirtschaftsminister über einen Heizrabatt nach? "Ich glaube, da liegt noch eine große gesellschaftliche und politische Aufgabe vor uns", sagte er jedenfalls mit Blick auf den sozialen Frieden in Deutschland.

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Kiesewetter sah ebenfalls die Gefahr, dass der Krieg in der öffentlichen Wahrnehmung und der medialen Berichterstattung zunehmend als scheinbarer Normalzustand in den Hintergrund gerät. Er warnte vor einer "Syrifizierung" der Ukraine.

Diese Befürchtung teilte die ZDF-Auslandsreporterin und frisch gekürte Grimme-Preisträgerin Katrin Eigendorf nicht – denn: "Dieser Krieg geht uns viel zu sehr an." Deutschland solle schon aus purem Eigennutz die Ukraine vor einem halbherzigen Frieden bewahren. "Nur ein stabiler Frieden kann auch für uns die Welt sicherer machen."

"Machen der Ukraine falsche Hoffnungen"

Dass die Bundesrepublik in der Ukraine eigene Interessen verteidigt, sah auch Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen, so. Er kam nur zu einem völlig anderen Schluss als die übrigen Teilnehmer der Talkrunde bei Illner. "Was wir im Moment machen, ist der Ritt auf der Rasierklinge", warnte er. "Wir müssen der Ukraine helfen. Die Frage ist, mit welchen Mitteln wir das tun sollen. Einen aussichtslosen Kampf zu unterstützen, macht keinen Sinn. Wir machen der Ukraine falsche Hoffnungen."

Der Politologe forderte einen "vielleicht schmutzigen Interessenausgleich" mit Russland – "das heißt nicht, die Ukraine zu opfern". Diese Sichtweise sei in die in Deutschland aber "völlig diffamiert". Tatsächlich stieß er bei den meisten Gesprächspartnern auf erbitterten Widerstand.

Laut Varwick hätte der Westen die russische Invasion womöglich verhindern können, wenn er akzeptiert hätte, was für ein "Sonderfall" die Ukraine aus russischer Perspektive darstelle und sie nicht vollends ins westliche Lager hätte "kippen" lassen.

Eigendorf warf ihm vor, der Ukraine die staatliche Souveränität abzusprechen und meinte: "Es kann keine sichere Welt geben mit einem starken Wladimir Putin."

Wer von "Einflusszonen" spreche, lasse sich auf die imperialistische Rhetorik des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein, kommentierte Quadbeck. Ihr Urteil: "Mit Putin kann man keinen Deal machen. Einen Verhandlungsfrieden wird es mit Putin sicherlich nicht geben."

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Der Wissenschaftler legte nach und verortete den Angreifer fast in einer Opferrolle. Putin habe Russland in ein Desaster gestürzt. "Wir müssen Russland helfen, da wieder herauszukommen", forderte Varwick. "Das muss der Grundansatz sein und nicht jemanden, der schon in der Ecke sitzt, noch mal treten."

Kiesewetter warf leise ein: "Die Ukraine sitzt in der Ecke." Ähnlich, aber hoffnungsvoller, hatte es zu Beginn von "Maybrit Illner" Habeck formuliert. Die Moderatorin hatte gefragt: Wer wird den längeren Atem haben: Russland oder der Westen? "Die Ukraine", antwortete der Vizekanzler.

Verwendete Quellen
  • "Maybrit Illner" vom 2. Juni 2022
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