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USA im Clinch mit China: Welche Auswirkungen hat das auf Deutschland?


Konfrontation mit Peking
Der neue Kalte Krieg

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 22.05.2020Lesedauer: 5 Min.
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Donald Trump: Der US-Präsident arbeitet weiter am neuen Feindbild China.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident arbeitet weiter am neuen Feindbild China. (Quelle: Doug Mills/imago-images-bilder)

Donald Trump sucht die Konfrontation mit Peking – und in Washington grassiert das Schlagwort eines neuen Kalten Kriegs. Für Deutschland hätte der unangenehme Folgen.

In Washington beginnt ein Begriff, Karriere zu machen. Immer mehr Beobachter warnen vor einem “neuen Kalten Krieg” und nicht wenige sagen, er sei längst ausgebrochen. Eine Konfrontation zwischen den USA und China, so zugespitzt und allumfassend, dass manche sie nur noch im Vergleich zum erbitterten Wettstreit zwischen USA und Sowjetunion greifen können. Wir werden noch oft davon hören.

Tatsächlich hat eine neue Art der Auseinandersetzung begonnen. Allein in dieser Woche verging beim WHO-Treffen, zu Hongkong und Taiwan, und bei Schuldzuweisungen zum Coronavirus kein Tag ohne kleine Schlammschlacht.

Am deutlichsten und grellsten scheint sie in den Äußerungen Donald Trumps und seiner China-Hardliner durch. China habe die Welt infiziert. China habe global getötet. China müsse dafür zahlen. Das ist der Zungenschlag, in dem Donald Trump, Außenminister Mike Pompeo und Co. in diesen Tagen sprechen. (Die Chinesen ihrerseits rufen Pompeo einen “Feind der Menschheit.”)

Insofern dienen China und die WHO, der man China-Hörigkeit vorwirft, als Sündenböcke. Gewiss nicht ohne Anlass. Doch hat die heftige Kritik nicht etwa begonnen, als Peking Mediziner zum Schweigen brachte oder als bekannt wurde, dass man dort Erkenntnisse zur Gefahr des Virus zurückgehalten hatte. Nein, damals lobte Trump Xi Jinping noch überschwänglich. Die Attacken begannen erst, als Trump merkte, wie groß die Krise daheim und damit sein politisches Problem wurde.

Für Trump, dessen Krisenmanagement im Land schlecht ankommt, ist die Attacke auf China auch eine Wahlkampfstrategie. Seine eigentlich geplanten Wahlkampfschlager, Wirtschaftsboom und drohender Sozialismus, sind ausgefallen: Die Wirtschaft kommt nicht so schnell zurück, und Gegenkandidat Joe Biden eignet sich anders als Bernie Sanders nur bedingt als Schreckgespenst eines linken Revoluzzers.

Wie praktisch, dass China mittlerweile ähnlich unbeliebt ist wie der Sozialismus. Verschiedene Umfragen zeigen einen klaren Trend. Zwei Drittel der Amerikaner haben mittlerweile eine negative Sicht auf China – erhoben noch im März, bevor Trumps China-Attacken richtig losgingen. Die Zahl der Amerikaner, die die Volksrepublik nicht nur als unfreundlich, sondern als Feind sieht, stieg von Januar bis Mai von 20 auf 31 Prozent. Die Anti-China-Stimmung ist auf dem Vormarsch.

Trump, schon 2016 im Wahlkampf mit der Klage unterwegs, China zocke die USA ab, wird das ausschlachten, in der Hoffnung, darüber Wechselwähler auf seine Seite zu ziehen. Er lässt Biden schon jetzt in Werbeclips als China-Freund verunglimpfen. Der lässt sogleich zurückschlagen mit Spots, die genüsslich Trumps anfängliches Lob für das Krisenmanagement Chinas aufspießen. Willkommen im China-Wahlkampf.

Kürzlich gelangten interne Corona-Argumentationshilfen für die republikanischen Senatoren an die Öffentlichkeit. Auf dem Sprechzettel heißt es etwa: Gar nicht groß Trump verteidigen, lieber gleich China attackieren.

Doch die Konfrontation ist mehr als Wahltaktik. Es gibt in Trumps Umfeld Leute, die seit Langem auf den Bruch mit China drängen. Im Weißen Haus ist das etwa der Handelsberater Peter Navarro, bekannt für sein Buch “Tod durch China” oder der stellvertretende nationale Sicherheitsberater Matt Pottinger, ein früherer Peking-Korrespondent. Sie wollen mit aller Macht die beiden Volkswirtschaften entflechten, abgewanderte Industrie zurückholen, China bestrafen.

Andere China-Hardliner sitzen im Senat oder einfach nur im Tonstudio, wie Ex-Chefstratege und Nachwuchs-Podcaster Steve Bannon. Er sagt: Was China getan habe, sei “vorsätzlicher Mord”, ein “biologisches Tschernobyl”.

Die China-Falken glauben, mit der Corona-Krise habe ihre Stunde geschlagen. Sie wollen die Globalisierung zurückdrehen, so wie es auch Trumps Impulsen entspricht. Tatsächlich reiben sich ja weltweit die Menschen verwundert die Augen, dass auch sensibelste Güter wie Medikamente und Schutzausrüstung nur aus China zu bekommen sind.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Doch das ist nur die eine Fraktion und sie wird oft ausgebremst von der Fraktion der Freihändler wie Schwiegersohn Kushner oder Finanzminister Mnuchin, die klarmachen, wie stark Amerikas Wirtschaft unter einer Abkoppelung von China leiden würde. Tatsächlich würde ein solcher Schritt wohl erst einmal wirtschaftliche Verwüstung nach sich ziehen.

Dieser Zwiespalt wohnt auch Trump inne. Seine Strafzölle gegen China waren aggressive Manöver, um Peking zu beeinflussen, ohne großen Erfolg. Er selbst tritt Chinas Präsident Xi stets voller Ehrerbietung gegenüber und gibt, wenn der sich beklagt, auch durchaus ganz schnell mal nach.

Was riskiert Trump jetzt?

Wenn die China-Revoluzzer, die alles über den Haufen werfen wollen und für die Kalter Krieg wie eine Verlockung klingt, in der einen Ecke stehen, dann steht in der anderen Ecke Nicholas Burns.

Burns ist außenpolitisches Establishment. Diente Bush, dem Älteren, und Clinton als Russland-Berater, war unter Bush, dem Jüngeren, Nato-Botschafter und Under Secretary of State. Jetzt lehrt er in Harvard Diplomatie und berät Joe Biden.

Burns sagt zur Konfrontation mit China: “Ich denke, das ist keine parteipolitische Angelegenheit mehr.” Man sei sich doch einig, dass China die Regeln zur Achtung geistigen Eigentums breche und dass es einen ideologischen Wettstreit gebe: Demokratie gegen das autoritäre System. Er sagt: “Sie werden genauso viele Demokraten wie Republikaner finden, die auf diesen Wettstreit aus sind.”

Den aktuellen Ton findet er gefährlich. “Die verwenden mehr Zeit auf gegenseitige Beschimpfungen als darauf, gemeinsam die Krise zu lösen.” Seine Position ist: Grundsätzlich harter Wettbewerb, aber in Krisen wie Pandemie oder Klima muss man einfach zusammenarbeiten.

Er hat Sorge, dass es Amerika übertreibt. “Die Bannons”, sagt er zusammenfassend für die China-Falken, wollen eine Entflechtung, die man der US-Wirtschaft gar nicht zumuten könne. “Millionen Handelsverbindungen müssten getrennt werden.”

Tatsächlich sind USA und China eng verbunden, während damals Amerika und die Sowjetunion in zwei getrennten Wirtschaftssystemen operierten. Amerika steht in China mit mehr als einer Billion Dollar in der Kreide, Chinas Wirtschaft ist auf Amerikas konsumlustigen Markt angewiesen, die Produktion ist zwischen den Ländern verschränkt. Nur ein Beispiel: Das iPhone, so wie wir es kennen, gäbe es ohne diese globalisierte Produktion nicht mehr.

Und doch geht es im alten wie im möglichen neuen Kalten Krieg um den gleichen Kern: Zwei Supermächte streiten um die Vorherrschaft in Wirtschaft, Technologie, Ideologie, Einfluss.

Käme es wirklich soweit, würde es für Deutschland und Europa ungemütlich. Die Deutschen haben schon einen Vorgeschmack bekommen, was das heißen kann. Die USA haben riesigen Druck gemacht, damit Berlin den chinesischen Konzern Huawei vom Aufbau des so wichtigen 5G-Netzes ausschließt. Nicht nur Trump übrigens, sondern auch die Demokraten. Berlin hat sich immer noch nicht entschieden, wen man in die sensible Infrastruktur lassen will und wen nicht.

Wir oder die – vor diese Entscheidung könnten die Amerikaner die Deutschen bald noch viel häufiger stellen. Egal wer in den USA die Wahl gewinnt.

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