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EU-Außenministertreffen: Baerbock will kein "Prinzip Hoffnung" bei China


EU-Außenministertreffen
Baerbock: Bringt nichts, bei China auf "Prinzip Hoffnung" zu setzen

Von dpa, afp, t-online
12.05.2023Lesedauer: 4 Min.
imago images 0247550951Vergrößern des BildesAnnalena Baerbock (Grüne): "Unsere Stärke ist unser Miteinander." (Quelle: Kira Hofmann/imago images)
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In Stockholm ringen die EU-Außenminister um eine einheitliche Position zu China. Doch auch bei neuen Sanktionen mit Russland gibt es Probleme.

Die EU steuert auf eine Neuausrichtung ihrer Beziehungen zu China zu. Bei einem Außenministertreffen in Schweden stellten sich am Freitag zahlreiche Teilnehmer hinter Forderungen, die Europäische Union unabhängiger von der aufstrebenden Großmacht zu machen. Außenministerin Annalena Baerbock hat mit Blick auf die künftigen Beziehungen der EU zu China davor gewarnt, allzu sehr auf das "Prinzip Hoffnung" zu setzen.

Man habe gesehen, dass es trügerisch sein könne zu hoffen, dass man durch wirtschaftliche Abhängigkeiten für Sicherheit sorgen könne, sagte die Grünen-Politikerin bei einem EU-Außenministertreffen mit Blick auf die Erfahrungen mit Russland. Es gehe nun darum, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

"Haben natürlich eine Kraft und eine Stärke"

Baerbock spielte damit darauf an, dass man in Europa lange geglaubt hatte, Russland werde es nicht wagen, die milliardenschweren Gasgeschäfte mit EU-Staaten durch einen Krieg gegen die Ukraine zu riskieren. Von China ist die EU derzeit unter anderem bei der Versorgung mit Rohstoffe wie seltenen Erden stark abhängig. Diese werden beispielsweise für die Produktion von E-Autos und Windrädern gebraucht.

Konkret sprach sich Baerbock wie andere Außenminister dafür aus, die Sicherheitsrisiken durch diese Abhängigkeiten zu minimieren. Dabei muss es aus ihrer Sicht eine enge Zusammenarbeit der EU-Staaten geben. "Wir sind nicht die größten Länder auf dieser Welt, aber die Europäische Union in Gänze, insbesondere der europäische Binnenmarkt, die haben natürlich eine Kraft und eine Stärke, die wir nicht unterschätzen sollten und (...) selbstbewusst auch nutzen sollten", sagte sie. "Unsere Stärke ist unser Miteinander."

"Massive Folgen"

Zugleich betonte Baerbock, dass es nicht darum gehe, die Wirtschaftsbeziehungen zu China abzubrechen. "Wir als Europäer wollen keine Entkopplung", sagte sie.

Andere Außenminister äußerten sich ähnlich oder gingen sogar noch einen Schritt weiter. So warb Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis dafür, sich auch mit Extremszenarien zu beschäftigen – also zum Beispiel einer Situation, in der die Wirtschaftsbeziehungen zu China wegen des chinesischen Angriffs auf Taiwan abgebrochen würden.

Borrell: Müssen Politik "neu kalibrieren"

"Jede einseitige Änderung des Status quo und Gewaltanwendung könnte massive wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Folgen haben", warnte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einem Diskussionspapier zu dem Treffen. Zudem machte er deutlich, dass die Beziehungen zwischen der EU und China aus seiner Sicht erst dann wieder weiterentwickelt werden können, wenn China Russland drängt, sich aus der Ukraine zurückzuziehen.

"Wir können keine normale Beziehung mit China haben, wenn China nicht seinen starken Einfluss auf Russland nutzt, um diesen Krieg zu beenden", sagte Borrell. Unter anderem weil China den russischen Angriffskrieg bisher nicht verurteilt, will der Spanier die EU-Beziehungen zu Peking "neu kalibrieren".

Probleme bei Sanktionen

Unklar blieb unterdessen, ob und wenn ja, die EU auf die mutmaßliche Umgehung ihrer Russland-Sanktionen über chinesische Unternehmen reagieren wird. Vor dem Hintergrund entsprechender Vorwürfe hatte die EU-Kommission zuletzt für das elfte Sanktionspaket vorgeschlagen, die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten einzuschränken.

Nach Angaben von Diplomaten wird der Vorstoß allerdings nicht von allen EU-Staaten uneingeschränkt positiv bewertet. Als Gefahr gilt demnach, dass manche Mitgliedstaaten wegen möglicher Vergeltungsmaßnahmen am Ende nicht den Mut oder den Willen haben könnten, Länder wie China auf eine solche Liste zu setzen. In diesem Fall würde das Instrument nur dann helfen, wenn es schon durch seine bloße Existenz eine abschreckende Wirkung entfaltet. Das liegt daran, dass für die Listung jedes Landes und jedes Produktes die Zustimmung aller 27 EU-Staaten notwendig wäre.

Der litauische Außenminister Landsbergis räumte dieses Problem in Schweden offen ein. "Ich bin mir nicht sicher, ob ein landbezogenes Verbot effizient wäre", sagte er. Und fügte auf die Frage nach dem Warum hinzu: "Ich denke nicht, dass wir uns darauf einigen könnten."

Wichtigster Handelspartner Deutschlands

Zu den Ländern, für die China wirtschaftlich sehr wichtig ist, gehört dabei auch Deutschland. Die Volksrepublik war im vergangenen Jahr zum siebten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik – noch vor den USA. So wurden 2022 nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts Waren im Wert von 298,6 Milliarden Euro gehandelt (Exporte und Importe).

Estlands Außenminister Margus Tsahkna sagte in Stockholm zu dem Thema: "Wir sind wirtschaftlich zu abhängig." China nutze dies auch politisch. Dies müssen man anerkennen und gemeinsam darauf reagieren.

Kuleba am Samstag erwartet

Der polnische Vize-Außenminister Pawel Jablonski forderte eine "unzweideutige Antwort" der EU in enger Abstimmung mit den USA, sollte China die Region destabilisieren. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte unter anderem in Polen mit seiner Warnung Unmut erregt, die EU dürfe kein "Mitläufer" der USA im Taiwan-Konflikt werden.

China kündigte indes eine neue Verhandlungsmission an. Pekings Sondergesandter Li Hui reist kommende Woche erstmals in die Ukraine und soll auch Russland, Deutschland, Polen und Frankreich besuchen. Die Europäer haben aber massive Zweifel, dass dies Frieden bringen kann. Denn es gibt Hinweise, dass China möglicherweise Russland militärisch unterstützt.

Am Samstag wird der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Stockholm erwartet. Einige der EU-Vertreter wollen außerdem Kollegen aus dem indopazifischen Raum treffen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa und AFP
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