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Koalitionsvertrag: Deutschland "fehlt der große Wurf"


So sieht uns die Auslandspresse
Deutschland "fehlt der große Wurf"

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 28.11.2013Lesedauer: 3 Min.
SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel, Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Vorsitzender Horst SeehoferVergrößern des BildesUnion und SPD haben es geschafft, sich zu einigen, aber Begeisterung verbreiten sie nicht (Quelle: dpa-bilder)
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Der schwarz-rote Koalitionsvertrag ist unter Dach und Fach - und stößt bei der Auslandspresse auf verhaltene Reaktionen. "Kaum Neues" lautet der Tenor vieler Kommentare. Es gibt aber auch positive Stimmen.

Die Wiener Zeitung "Der Standard" schreibt: "Im Vertrag fehlt der große Wurf. Früher einmal hatte (Angela) Merkel radikale Konzepte im Kopf. Die Steuererklärung sollte auf einen Bierdeckel passen, der Wirrwarr im Gesundheitssystem aufgebrochen werden. Die SPD trug im Gesundheitswesen die Bürgerversicherung für alle wie eine Monstranz vor sich her. Doch die wirklich großen Brocken will man nicht anfassen - nicht allein, weil es oft gegensätzliche Ansichten gibt. Lieber verwaltet man den Status quo und dreht bloß an einzelnen Schrauben."

Politik von Merkel bleibt die gleiche

Ganz ähnlich kommentiert "de Volkskrant" aus den Niederlanden: "Eines ist ganz klar: Deutschland wird kein völlig anderes Land, nur weil die SPD jetzt die Rolle der FDP als Koalitionspartner übernimmt. Die Politik von Merkel II wird in der Amtszeit von Merkel III nicht wesentlich abgeändert. (...) Neben der behutsamen Einführung eines Mindestlohns ist die am meisten ins Augen springende Veränderung die Möglichkeit, ohne Strafabschlag mit 63 in Rente zu gehen statt erst mit 67."

"Keine Liebesheirat"

Für die belgische Zeitung "De Standaard" ist im Vertrag "ein wirklich großes innenpolitisches Projekt, hinter dem alle drei beteiligten Parteien stehen würden, nicht erkennbar." Weiter heißt es: "Dass diese Große Koalition zwischen Christ- und Sozialdemokraten keine Liebesheirat ist, sieht man unter anderem am Kompromiss in Sachen Mindestlohn. Der soll nun phasenweise eingeführt werden und erst 2017 definitiv sein, ein Jahr vor den nächsten Wahlen. Diese Absprache funktioniert für Merkel wie ein Art Versicherungspolice, dass die Sozialdemokraten nicht vorzeitig zu einem für sie günstigen Moment die Regierung verlassen."

Merkel als Geisel des linken Flügels?

"Die Presse" aus Österreich kritisiert den "teuren Stillstand", den der Vertrag mit sich bringe. "Es gibt kein Projekt, keine Vision, keine Ideen, die in die Zukunft weisen. (...) Der teure Stillstand setzt die Zukunft aufs Spiel. Für die Euro-Krisenstaaten, denen die Deutschen so viel abverlangen, sind solche Signale fatal."

Die britische Zeitung „The Telegraph“ sieht Deutschlands Rolle als Stabilisator in der Euro-Krise gefährdet und spricht von einer "Vereinbarung, die die Instinkte von Kanzlerin Merkel, die mächtigste und beliebteste Politikerin Europas, einengt und ihre Regierung zur Geisel der Minderheit eines linken Flügels macht“.

Kuriose Detailversessenheit

In der Schweiz mokiert sich die "Neue Zürcher Zeitung" vor allem über die Dauer der Koalitionsverhandlungen. "Für ausländische Beobachter mutet es kurios an, mit welcher Detailversessenheit die deutschen Parteien ihre Koalitionsverträge aushandeln, als seien diese notariell beglaubigte Rechtsdokumente und nicht letztlich unverbindliche politische Absichtserklärungen. So blieb auch von den hochgemuten Vereinbarungen der schwarz-gelben Vorgängerregierung im Alltag nicht viel mehr übrig als ein Haufen Papier. Selbst in Deutschland lässt sich die Zukunft nicht bis zur fünften Stelle hinter dem Komma planen", heißt es.

"Vier Jahre Hausarrest bei Mutti Merkel"

Kritische Stimmen gibt es bei der Auslandspresse auch zum SPD-Mitgliederentscheid. So schreibt der "Standard" in seinem Blog von einem großen Risiko "für die Parteispitze und damit für das ganze Land. Ein Nein-Votum würde Deutschland fast unregierbar erscheinen lassen". Allerdings sei dies "aus Sicht des kleinen SPD-Mitglieds nicht so schlimm wie die Aussicht auf vier Jahre Hausarrest bei Mutti Merkel".

Stabilität ist tröstend

Die linksliberale spanische Zeitung "El País" legt den Finger auf die offenen Wunden im Koalitionsvertrag - würdigt ihn aber trotz allem: "Das Abkommen präzisiert nicht, wie man die auf 20 Milliarden Euro bezifferte Erhöhung der öffentlichen Ausgaben finanzieren wird, ohne die Steuern anzutasten oder die gesetzlichen Schuldengrenzen zu überschreiten. Auch nicht, wie man die von der bayerischen CSU in die Vereinbarung aufgenommenen Autobahngebühren für ausländische Fahrzeuge einführen wird, ohne die europäische Gesetzgebung zu verletzen. Und auch nicht, wie man die erneuerbaren Energien fördern will, ohne die Verbraucher noch stärker zu belasten. (...) Aber die Stabilität, die das Abkommen garantiert, ist für den Bürger in diesen schwierigen Zeiten immer tröstend".

Lob für Anpassungsfähigkeit der SPD

Auch der konservative, französische "Figaro" findet lobende Worte: ""Die Franzosen haben manchmal einen Traum. Die politische Klasse würde ihre Engstirnigkeit zur Seite schieben und Männer mit guten Absichten, links wie rechts, würden sich für das Allgemeinwohl zusammentun. (...) Unvorstellbar in Frankreich, aber selbstverständlich in Deutschland." Das Blatt hebt besonders die Realpolitik der SPD hervor: "Die deutschen Sozialdemokraten beharren nicht auf ihrer Meinung, wenn der Rest der Welt dagegen ist, sie verschanzen sich nicht hinter ihren Gewissheiten eines anderen Zeitalters, und wenn die Welt sich ändert, können sie sich daran anpassen. Die französische Linke ist leider weit davon entfernt."

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