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Interview mit Serdar Somuncu: "Was die AfD schlecht macht, können wir doppelt so gut"


Serdar Somuncu
"Was die AfD schlecht macht, können wir doppelt so gut"

InterviewVon Daniel Fersch

12.09.2017Lesedauer: 11 Min.
Interview
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Serdar Somuncu klatscht Ende August bei der Vorstellung des "Schattenkabinetts" der Partei in Berlin Beifall.Vergrößern des Bildes
Serdar Somuncu klatscht Ende August bei der Vorstellung des "Schattenkabinetts" der Partei in Berlin Beifall. (Quelle: Gregor Fischer/dpa-bilder)

Serdar Somuncu meint es bierernst: Der Kabarettist will für "Die Partei" als "Kançler" in den Bundestag. Dafür muss er das Direktmandat im Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain erringen. Im Interview mit t-online.de erklärt er, warum er sich trotz 17 Mitbewerbern um die Erststimme im Wahlkreis als Favorit sieht, was er über die AfD denkt und warum "Die Partei" keinen "Spaßwahlkampf" betreibt.

t-online.de: Drei Parteien haben zur Bundestagswahl einen eigenen Kanzlerkandidaten aufgestellt: CDU, SPD und Die Partei. Aber nur Angela Merkel und Martin Schulz nahmen an der Kanzler-Debatte im Fernsehen teil. Wie verärgert waren Sie darüber, dass sie nicht eingeladen waren?

Serdar Somuncu: Ich war sogar froh, dass ich nicht da war! Das war so langweilig, da hätte ich mich wahrscheinlich echt daneben benommen.

Was wäre anders verlaufen, wenn Sie dabei gewesen wären? Wie bewerten Sie die Auftritte ihrer beiden Konkurrenten?

Ich hätte mich zumindest an den Stellen, an denen beide Kandidaten eine Kehrtwendung um 180 Grad zu ihren bisherigen Aussagen gemacht haben, eingeschaltet und gefragt, warum das denn jetzt vor den Kameras anders klingt als noch vor ein paar Wochen. Frau Merkel verhandelt mit Erdogan schon seit Monaten über Zugeständnisse für einen EU-Beitritt, beziehungsweise lässt sich da erpressen. Und auf einmal - weil Schulz sagt, er möchte die Beitrittsverhandlung mit der Türkei abbrechen - springt sie auf den Zug auf und sagt: "Ja, wir wollen das auch!" Das fand ich alles sehr durchschaubar. Den Leuten nach dem Mund zu reden, kann ja nicht Sinn und Zweck eines TV-Duells sein!

Wie ist denn Ihre Position zum EU-Beitritt der Türkei?

Ich bin schon seit langem dafür, diese Verhandlungen radikal abzubrechen! Das sage ich jetzt nicht nur als Kanzlerkandidat der Partei, sondern das sage ich als deutscher Staatsbürger türkischer Herkunft. Das ist ja erstmal eine sehr ambivalente Voraussetzung dafür, so eine Meinung zu haben. Aber ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es nichts bringt mit Erdogan zu diskutieren. Es bringt auch schon erst recht nichts, mit jemandem einen Diskurs darüber zu führen, welche Bedingungen er erfüllen muss um Teil einer Wertegemeinschaft wie Europa zu sein. Denn Erdogan kümmert sich darum nicht. Er nutzt seine Position aus und will den EU-Beitritt eigentlich auch nur um seine Position zu stärken. Es ist ihm letztendlich egal, ob die Türkei Teil der EU ist oder nicht.

Einer der häufigsten Kritikpunkte nach der Debatte war, dass zu wenige Themen zur Sprache kamen. Haben Ihnen auch bestimmte Themen gefehlt?

Man kann sicher in so einer Zeit nicht alle Themen abarbeiten, aber ich fand es schon erstaunlich, wie wenig vorbereitet die Moderatoren waren und wie sehr sie sich auch einer, wie ich finde, sehr tendenziösen Fragestellung von Claus Strunz unterworfen haben. Strunz hat da zum Teil wirklich eins zu eins AfD-Text gesprochen: "Wann sind die weg?", hat er zum Thema Flüchtlinge gefragt. Das ist eine Terminologie, die ein halbwegs neutraler Journalist zur Hauptsendezeit in einem TV-Duell vermeiden sollte. Das hat mich am meisten überrascht.

Ich war ehrlich gesagt ein bisschen traurig, weil ich mich dabei an das letzte TV-Duell mit Stefan Raab erinnert habe, das ein Highlight der Fernsehgeschichte war. Ich dachte mir: Warum haben wir das eigentlich diesmal nicht geschafft, wieder jemanden dort hinzustellen, der aus einer Sicht fragt, die vielleicht nicht so vorbereitet wirkt, aber dennoch etwas näher am Volk ist? Das hat mir gefehlt, und deswegen glaube ich, dass dieses TV-Duell eigentlich nur eine Vorlage für ein Zahlenspiel war. Das ist ja dann auch passiert: Nach dem Ende des TV-Duells haben sich beide Seiten zum Sieger erklärt. Letztendlich ist aber keine Bewegung in die Sache hinein gekommen, wie ich es mir von so einem TV-Duell gewünscht hätte.

Kommen wir zu Ihrer Kandidatur: Warum braucht Deutschland einen "Kançler"?

Deutschland steht 2017 in sehr unterschiedlichen Spannungsfeldern. Es geht um den Zusammenhalt der Europäischen Union. Es geht um die Positionierung Deutschlands, aber auch Europas, gegenüber Amerika, aber auch gegenüber China und anderen wachsenden Großmächten. Es geht um die Frage: Wie können wir kompensieren, dass viele Menschen auf der Flucht sind? Welche Verantwortung haben wir? Wie können wir das innerhalb Deutschlands vermitteln, dass wir diese Verantwortung zu tragen haben? Müssen wir das nicht vermitteln, wenn wir die Argumente nicht den anderen überlassen wollen? Genau das passiert eben gerade. Es ist sehr ärgerlich, dass die Kanzlerin durch ihren Stillstand weiterhin die Ränder stärkt und Parteien wie die AfD Morgenluft wittern. Das wäre zum Beispiel ein ganz wichtiger Grund für mich zu sagen: Wir brauchen in Deutschland eine neue, wehrhafte Regierung, die sich den dringenden Fragen der Zeit stellt und sich nicht davor wegduckt, aus reinem Machterhalt.

Ist es denn nicht auch eine Tugend den Kompromiss zu suchen, so wie es zum Regieren von Frau Merkel gehört?

Wenn man abwägt und daraus ein Kompromiss entsteht, ist das etwas anderes, als wenn man den Leuten nach dem Mund redet um an der Macht zu bleiben. Ich fand das sehr bezeichnend in der Böhmermann-Affäre, wo sich die Kanzlerin ja mehrfach hin und her bewegt hat: Einmal war es ein Gedicht, das inakzeptabel war, dann wollte sie sich wieder von Erdogan nicht vorschreiben was Kunst-und Satirefreiheit ist. Und am Ende hat sie sich dann auf einen Paragraphen zurückgezogen, den sie im gleichen Atemzug wieder abschaffen wollte. Das ist kein Kompromiss, das ist Feigheit!

Was ist Ihre Motivation sich als Kanzlerkandidat aufzustellen?

Erstmal sehe ich mich da als Legat einer Idee, und diese Idee, die Die Partei mit Martin Sonneborn vertritt, ist eine sehr gute Idee! Nämlich, die Politik mit einem Augenzwinkern zu betrachten und dorthin zurückzuführen, wo sie eigentlich herkommt: Zur vielschichtigen Auseinandersetzung. Mir passiert heute zu wenig, dass man auch zulässt, dass Politik aus anderen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Wir reden oft in Floskeln, die leer und inhaltslos sind. Gerade in Wahlkampfzeiten kann man das ja auf den Plakaten sehr gut lesen. Dass es eine Partei gibt, die mit dieser Inhaltslosigkeit kokettiert und sie dadurch auch ein bisschen persifliert, finde ich sehr lustig. Ich finde es aber auch sehr wichtig.

Die Partei macht keinen reinen Spaßwahlkampf. Was wir machen, ist eine Spiegelung dessen, was wir als Spaßwahlkampf der anderen empfinden. Insofern ist das eine sehr wichtige Aufgabe und ich habe mich dieser Aufgabe auch sehr gerne gestellt. Ich hoffe auch, dass wir am 24. September zumindest in Berlin, in dem Wahlkreis in dem ich antrete, ein Direktmandat erringen werden. Aber das ist auch eine Aufgabe, die über die Wahl hinaus weitergehen wird: Aus einer klugen und reflektierten Position heraus Politik zu betrachten, zu kommentieren und in diesem Fall sogar zu machen.

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Sie treten im Wahlkreis 83 (Berlin Kreuzberg Friedrichshain Prenzlauer Berg Ost) als Direktkandidat an. Das ist einer der am härtesten umkämpften Wahlkreise der gesamten Republik, mit insgesamt 18 Bewerbern um die Erststimme. Warum haben Sie sich ausgerechnet diesen Wahlkreis ausgesucht?

Weil es eben der am härtesten umkämpfte Wahlkreis Deutschlands ist und wir uns da die größten Chancen ausrechnen. Es ist ja bekannt, dass Christian Ströbele jetzt nicht mehr kandidiert und die Grünen mittlerweile auch sehr zerstritten sind. Ströbele hat den Wahlkreis 2013 mit mehr als 20 Prozent Vorsprung gewonnen. Die Linkspartei tut sich dort sehr schwer. Die SPD, die CDU laufen unter ferner liefen, von der FDP erst gar nicht zu sprechen.

Also haben wir von der Partei gesagt: Das ist der Wahlkreis, den wir uns vornehmen, um unser erstes Ziel - nämlich ein Direktmandat im Bundestag - zu erreichen. Es ist der aus unserer Perspektive am wahrscheinlichsten zu gewinnende. Aber auch bundesweit gehen wir von einem sehr, sehr guten Ergebnis aus!

Man sieht das an den vielen Reaktionen im Internet, dass wir da eine besonders junge Wählerschicht erreichen, was ich für wichtig und gut halte. Denn entgegen aller Vorwürfe, dass wir Menschen zu anderen Parteien treiben würden oder dadurch, dass wir sie zu uns ziehen, andere Parteien stärken würden, glaube ich viel mehr, dass wir politisches Bewusstsein wecken. Dass wir gerade jungen Menschen einen Anreiz geben, sich mit Politik zu befassen und sei es eben auch aus einer satirischen Sicht. Das ist mir immer noch lieber, als wenn Menschen nicht wählen und sich diesem politischen Diskurs und der Verantwortung auch entziehen.

Aber machen Sie in Ihrem Wahlkreis auch den richtigen Wahlkampf? Andere Kandidaten wie der Einzelbewerber Sebastian Blume haben eigenhändig 1000 Plakate aufgehängt und machen täglich mit dem Lastenfahrrad Straßenwahlkampf. Sie jetten dagegen für ein oder zwei Termine aus Köln ein. Glauben Sie, dass sie so wirklich eine Chance auf den Sieg im Wahlkreis haben?

Wir haben da die beste Strategie, die man haben kann: Sich rarmachen und darauf setzen, dass die Menschen einen schon finden werden, wenn sie suchen. Sie nicht mit inhaltslosen Informationen bombardieren, bis es auch irgendwann inflationär ist. Ich finde, man muss sich da nicht allzu sehr anbieten. Die Bürgerinnen und Bürger wissen, was die Inhalte sind, wofür wir stehen. Sie wissen, was Die Partei ist, sie kennen mich und da bleibt es ihnen selbst überlassen, sich damit auseinanderzusetzen. Das finde ich immer noch besser, als wenn wir jetzt an jeder Ecke tausende von Plakate kleben und damit die Leute auch überfordern. Ich glaube, die Menschen suchen im Moment nach einer politischen Alternative und da müssen wir sie nicht dazu zwingen diese zu finden. Das machen sie schon ganz von alleine.

Hans Christian Ströbele gewann den Wahlkreis auch gerade deshalb zweimal hintereinander, weil er mit seiner eigenen Partei zerstritten war. Seine Nachfolgerin als Kandidatin, Canan Bayram, kopiert dieses Erfolgsrezept gerade, indem sie einen saftigen Streit mit ihrer Bundespartei vom Zaun bricht. Bei der Vorstellung ihres Schattenkabinetts vor knapp zwei Wochen in Berlin präsentierten Sie sich aber mit ihrem Parteivorsitzenden als ein Herz und eine Seele. Machen Sie da nicht etwas falsch?

Ich weiß nicht, ob das ein Erfolgsrezept ist! "Struppi" Ströbele, wie wir ihn ja nennen, hat ja noch andere Qualitäten vorzuweisen als die blinde Provokationswut, die gerade meine Gegenkandidaten zelebriert. Da setzen wir tatsächlich mehr auf Harmonie. Wir brauchen keine inszenierte Auseinandersetzung oder irgendeinen vom Zaun gebrochenen Streit.

Das hat ja auch Alice Weidel mittlerweile für sich entdeckt: In die TV-Shows rauszugehen, um Kontroversen auszulösen, über die dann am nächsten Tag gesprochen wird. Die Menschen durchschauen das und die Menschen werden das auch quittieren.

Ich bin fest davon überzeugt, dass gerade die Grünen in Kreuzberg-Friedrichshain bei dieser Wahl keine Chance haben werden. Unsere Gegner sind vielmehr im Spektrum der kleinen Parteien und der Kleinstparteien zu suchen. Aber auch diese versuchen wir zu integrieren: Wir haben viele Kollaborationen mit anderen Parteien. Die anderen Parteien unterstützen uns zum Teil, indem sie indirekte Wahlaufrufe herausgeben, weil sie sich auch dessen bewusst sind, dass wir im Moment die einzige richtige und beste Alternative zur Alternativlosigkeit sind.

Vergangene Woche ist Ihrer Partei mit der feindlichen Übernahme von 31 geheimen AfD-Facebook-Gruppen ein echter Coup gelungen. Ist das nun der "schmutzigste Wahlkampf aller Zeiten" aller Zeiten, den Sie bei der Pressekonferenz in Berlin versprochen haben?

Unbedingt. Wir führen einen Sex-Wahlkampf. Das sieht man an unseren Wahlwerbespots, die ja dankenswerterweise auch zum Kinderprogramm am Nachmittag in den öffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt werden dürfen. Viele Eltern sprechen mit ihren Kindern über Themen, über die sie sonst nie gesprochen haben. Das war uns ein wichtiges Anliegen, dass wir da nicht nur für politische, sondern auch für anderweitige Aufklärung sorgen. Wir haben einen Beauftragten für Propaganda und Medien, das ist Shahak Shapira, seines Zeichens Jude, der sich bestens auskennt mit solchen Maßnahmen.

In einem ersten Schritt haben wir einem der am leichtesten zu überwindenden politischen Gegnern aufgezeigt, wo die Grenze ist: Im Internet. Wir beherrschen mittlerweile das Internet, wir bestimmen die Inhalte des Internets. Auch wenn viele meinen, durch das, was sie im Internet veröffentlichen eine Meinung kundzutun, sind wir letztendlich immer noch dazu in der Lage, diese Meinung mit dem zu färben, was wir für richtig halten. Und das haben wir gemacht. Die Aktion war grandios. Die Presse, die Öffentlichkeit hat diese Aktion gefeiert, aber es wird nicht die letzte Aktion bleiben. Wir haben noch zwei Wochen im Wahlkampf vor uns und in diesen letzten Wochen wird es noch einige Überraschungen geben.

Dann ist es ein Missverständnis zu glauben, die AfD wäre ihr Hauptgegner, weil sie das Ziel dieser Aktion war? Sondern, wie sie sagen, nur der einfachste Gegner?

Ja, die AfD ist ein sehr leicht zu schlagender Gegner. Es sind in der AfD ja nicht nur Demagogen, Halb-Nazis und Proleten, sondern auch durchaus feine Menschen zu finden. Aber die muss man lange suchen. Deswegen schlagen wir da mit einem sehr dicken Knüppel auf einen vollen Sack.

Sollten Sie tatsächlich in den Bundestag einziehen, wie wollen Sie dann Kanzler werden?

Wir haben uns da ein ganz interessantes Prozedere vorgenommen. Wir wollen zunächst einmal Frau Angela Merkel einen Schauprozess im Berliner Olympiastadion zuführen. Aufgehangen in einem Käfig soll sie Rede und Antwort stehen zur Frage, wie wir was eigentlich warum schaffen sollen und weshalb wir es dann doch nicht geschafft haben. Die Ermächtigung meiner Wenigkeit zum Kanzler erfolgt kurze Zeit später. Es steht noch zur Debatte, ob es einen Sonneborn-Putsch geben wird. Ich werde Martin Sonneborn liquidieren lassen. Er wird dazu aufgefordert werden sich mit einem Lady-Colt am Chiemsee zu erschießen, nachdem er versucht hat, mir die Macht streitig zu machen.

Es wird ein buntes Treiben nach der Bundestagswahl stattfinden. Nachdem dann tatsächlich eine feste und stabile Regierung aufgestellt wird, deren vornehmlichstes Ziel es sein wird, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zum DFB sofort abzubrechen und stattdessen Beitrittsverhandlungen mit Armenien zum Beitritt in die EU aufzunehmen. Was uns vor allem sehr wichtig ist: Die Ehe für "Assis" abzuschaffen, die Rückführung sämtlicher homosexueller Lebensgemeinschaften in ihre Heimatländer und nicht zuletzt die Nackt-Pflicht für Frauen zwischen 18 und 25 Jahren. Wobei wir da eine Ausnahme machen für Frauen bis 30 und Körbchengröße B, auch sie können sich dieser Nackt-Pflicht anschließen.

Bewegen Sie sich da in Bezug auf Inhalte und Strategie nicht gefährlich weit in AfD-Gewässer hinein?

Das ist uns bewusst, aber das, was die AfD schlecht macht, können wir doppelt so gut.

Um nochmals auf das Direktmandat zurückzukommen: Wenn Sie Nachfolger von Ströbele werden sollten, wäre seine Amtsführung ein Vorbild für Sie?

Nein, es gibt keine Vorbilder. Auch nicht Adolf Hitler und Erdogan. Wir wollen diesen Wahlkreis zunächst einmal gewinnen, um Zugang zum Bundestag zu haben. Alles andere interessiert uns im Augenblick nicht. Die zahlreichen Vergünstigungen und Annehmlichkeiten, die man dann als Bundestagsabgeordneter haben wird, die werden wir weiter nutzen. Deshalb geht es da gar nicht um irgendwelche kleinkarierte, lokalpolitische Feinheiten, sondern es geht hier ganz schlicht und einfach um den Zugang und die grobe Macht.

Somuncu, Sonneborn, Shapira – ist das der eigentliche Masterplan? Erst Die Partei zur Deutschen Satire-Einheitsfront machen und dann die gesamte Macht übernehmen?

Ich muss dazu sagen, viele der Beteiligten in unserem Schattenkabinett kenne ich nicht. Aber ich glaube, es handelt es sich um sehr kompetente und sympathische Leute, die wir im Schattenkabinett haben.

Ich weiß zum Beispiel, dass der Sänger der "Kassierer" unser Atomminister sein wird. Wir haben einen Gesundheitsminister Bela B von den Ärzten, wir haben Shahak Shapira als Reichsbeauftragten für Medien und Propaganda. Aber wir haben auch Samira El Ouassil als Frau in unserem Kabinett, die vorzeigbar ist und Martin Sonneborn, für den es vielleicht auch noch das ein oder andere Amt geben wird. Aber auch Sie können sich anbieten. Es gibt sicher einen Posten, den wir für Sie finden werden.

Das werde ich mir gut überlegen.

Es hängt natürlich ein bisschen von Ihrer Berichterstattung ab, aber das können Sie ja selbst entscheiden.

In Anlehnung an die TV-Duelle würde ich gerne zum Abschluss eine Kurzfrage-Runde eröffnen - schnelle Fragen, schnelle Antworten: Was machen Sie an Ihrem ersten Tag als Kançler?

Saufen.

Werden die Beziehungen zur Türkei unter Ihnen besser oder schlechter?

Sie werden wahlweise gut und schlecht. Je nachdem wie sich die Türkei mir gegenüber verhält.

An Angela Merkel schätzen Sie?

Ihre Figur.

Machen Sie politische Satire oder satirische Politik?

Ich mache tierisch gerne Politik.

Würden Sie Jan Böhmermann zu Ihrem Außenminister machen?

Ich würde Jan Böhmermann als Außenminister in der Türkei vorschlagen.

Donald Trump oder Wladimir Putin: Wer ist besser?

Ich finde beide nicht besonders interessant. Also gemessen an meinen Qualitäten sind das eher Anfänger.

Der türkische Staatsgründer Kemal Atatürk oder der aktuelle Präsident Recep Tayyip Erdogan? Wer taugt eher zum Vorbild?

Auch eine interessante Frage! Um abschließend eine ernstere Antwort zu geben: Ich glaube Atatürk ist nicht die Antwort auf die Fragen, die sich zurzeit in der Türkei stellen. Ich persönlich wünsche mir, dass die Türkei demokratisch bleibt. Aber ich befürchte, dass sie es unter der Ägide von Erdogan nicht schaffen wird, demokratisch zu sein.

Das Interview führte Daniel Fersch.

Serdar Somuncu (49) wurde als Satiriker durch seine Lesungen von Auszügen aus Hitlers "Mein Kampf" bekannt. Die "künstlerische Auseinandersetzung mit einem der größten Tabus der deutschen Geschichte" brachte ihm Preise, aber auch Drohungen ein. Eine Zeit lang trat Somuncu deshalb unter Polizeischutz auf. Zuletzt war er als Gast in der "heute-show" im ZDF und in seiner eigenen Talkshow "So! Muncu!" bei n-tv zu sehen.

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