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"Hart aber fair": Gäste von Frank Plasberg über "Die gerupfte Kanzlerin"


Erst wurde die Kanzlerin "gerupft", dann die Medien

dpa, David Heisig

Aktualisiert am 26.09.2017Lesedauer: 4 Min.
Die Talk-Runde bei "Hart aber fair".Vergrößern des BildesDie Talk-Runde bei "Hart aber fair". (Quelle: WDR/Oliver Ziebe)
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Einen Tag nach der Paukenschlag-Wahl sondierte Frank Plasberg in seiner Talkrunde die politische Lage. Seine Gäste übten Kritik an der Kanzlerin - und den Journalisten.

Die Gäste
• Dorothee Bär (CSU), parlamentarische Staatssekretärin
• Katarina Barley (SPD), Bundesfamilienministerin
Robert Habeck (B‘90/Die Grünen), Umweltminister in Schleswig-Holstein
• Nikolaus Brender, Journalist
• Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments
• Werner Patzelt, Politikwissenschaftler

Kern der Diskussion

Angesichts des Wahlergebnisses hatte Frank Plasberg das Thema und die Gäste seiner Sendung am Montagabend kurzfristig geändert. Das Motto um 21.15 Uhr lautete nun: "Die gerupfte Kanzlerin - wie regieren nach dem Debakel der Volksparteien?" Am Freitag hatte die Plasberg-Redaktion die Sendung noch "Die Entscheidung und viele Fragen - wie wird die Wahl unser Land verändern?" übertitelt.

Die "gerupfte Kanzlerin" war kein schlechter Titel. Immerhin hat die CDU ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren. Zudem spielte die mögliche Jamaika-Koalition eine wichtige Rolle in Plasbergs Vorstellungen für die Sendung. Erst recht, nachdem die SPD an ihrem Gang in die Opposition festhält. Entsprechend dieser Fakten sollte diskutiert werden. Aber die eingeladenen Diskutanten hatten durchaus andere Vorstellungen.

Die Fronten

Von den beiden Vertreterinnen der Volksparteien gab es nichts Verwunderliches zu hören. Bär betonte, "der Wähler" habe "uns gestern eine Lektion erteilt". Dennoch habe die Union einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung. Barley von der SPD verstand die Kritik am schnellen SPD-Rückzug in eine zukünftige Opposition nicht. Erstmal drüber schlafen? Keinesfalls. Eher dem, laut Barley, eindeutigen Wählervotum folgen: "Unser Platz ist in der Opposition."

Von den Politikkollegen gab es daraufhin Kritik; Bär sprach gar von Arroganz, nicht einmal die Möglichkeiten einer Regierungsbeteiligung sondieren zu wollen. Brender und Patzelt dagegen sahen im SPD-Schachzug eine Chance, die AfD als Oppositionsführer zu verhindern. Auch die Frage nach einer Jamaika-Koalition förderte nichts Überraschendes zutage. Selbst wenn mit dem Grünen Robert Habeck ein Regierungsmitglied der schwarz-gelb-grünen Koalition in Schleswig-Holstein mit auf dem Podium saß.

Statt entsprechender Euphorie bekamen die Zuschauer ein "Das-wird-schwer" zu hören. Mit der CSU, die die rechte Flanke gegenüber der AfD schließen wolle, zusammenzukommen, sei eine "Quadratur des Kreises", betonte Habeck.

Der Liberale Graf Lambsdorff teilte die nüchterne Einschätzung. Man sei "offen für Gespräche", so der FDP-Mann, wolle aber nicht "um jeden Preis" in die Regierung. Selbstverständlich muss man bedenken, dass mit Habeck und Lambsdorff dort zwei durchaus vernunftbegabte Politiker saßen. Man kann ihnen durchaus zutrauen, dass sie die die im Wahlkampf frisch ausgebuddelten Gräben wieder zuschütten können.

Aufreger des Abends

Der Hund lag in der Talkrunde woanders begraben. Nämlich bei der Frage, wie das mit der AfD passieren konnte. Die Bundeskanzlerin habe das Parlament in 12 Jahren in die "größte Krise der Nachkriegszeit" geführt, so Nikolaus Brender, indem sie "alles auf sich zurollen" lassen habe. Die "Einheitspartei" von SPD und Union habe keine Diskussionen von Gewicht geführt. Jetzt sitze eine Alternative im Parlament, die keiner wollte, so Brender. Der Politologe Patzelt ergänzte, Merkel habe das Problem mit den Rechtspopulisten unterschätzt und falsch reagiert.

Barley legte daraufhin nach. Die Kanzlerin habe sich systematisch einer politischen Diskussion verweigert. Dabei habe es bei vielen "Themen richtig gekracht", etwa bei der Gleichbezahlung von Männern und Frauen. Das sei aber nicht in der Wahrnehmung der Menschen angekommen, weil die Journalisten versagt hätten. Das war die erste Medienklatsche von Barley: "Wenn man dreieinhalb Jahre lang nur über Personen, Prozente und Koalitionsoptionen schreibt", aber nicht über inhaltliche Fragen, dürfe man sich nicht wundern.

Die zweite Medienschelte schloss sich der Kritik von Joachim Herrmann (CSU) an ARD und ZDF in der Elefantenrunde am Vorabend an. Dieser hatte moniert, die Hälfte der Sendung sei nur über die AfD gesprochen worden. Das wollte der langgediente ZDF-Mann Brender nicht auf den Öffentlich-Rechtlichen sitzen lassen. "Ich bin empört", regte er sich auf. Wenn Faschistoide in Parlamente einzögen, dann solle man "nicht darüber sprechen"?, fragte er pikiert in die Runde.

Barley konterte mit einem eigenen Faktencheck. In 141 Talk-Shows in ARD und ZDF 2016 sei es in 54 Prozent der Sendezeiten nur um Flüchtlinge, Islam und Radikalisierung gegangen. "Ich mache den Fernseher an und es gibt nichts anderes", führte sie weiter aus. Bei anderen Themen wie Bildung, Digitalisierung oder verkehrspolitischen Fragen sei die Quote unterdurchschnittlich, rechnete Plasberg gegen.

Dorothee Bär von der CSU ging daraufhin an die Decke. "Quote kann nicht die Ausrede sein", so die CSU-Frau. "Frau Bär, das ist völliger Quatsch", echauffierte sich Brender. Robert Habeck fand, auch die Medien seien "Verstärker der Provokation". Man dürfe nicht jedem Stöckchen nachspringen, das Populisten einem hinwürfen.

Plasberg-Momente

Einfach war diese Gesprächssituation für Plasberg keineswegs. Er, der sonst alles mit einem Fakten-Check kontern kann, wirkte ratlos. Gerade mit Bär hatte Plasberg seine Probleme. Als sie die Erfolge der Union loben wollte, hakte der Moderator ein und betonte, "der CSU geht es so schlecht wie nie zuvor." Bär konterte, ihre Partei habe verstanden. "Was haben sie verstanden?", fragte Plasberg. Dass das Erkennen der wichtigen Themen eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" sei, so Bär.

Plasberg sprach daraufhin vom "Spliss im Kopf" von CSU-Chef Horst Seehofer, wenn er einerseits mitregierte und andererseits in vielen Fragen in Opposition zur Bundeskanzlerin gegangen sei. Diese Ausdrucksweise sei nicht angemessen, empörte sich Bär.

Was von der Sendung übrig bleibt

Viel Neues mag es in der Sendung nicht gegeben haben. Dennoch waren die 75 Minuten unterhaltsam mit Habeck und Graf Lambsdorff, die entspannt miteinander umgingen und ihr politisches Knowhow unaufdringlich zum Besten gaben. Ihnen konnte man gut zuhören.

Bei Bär war das über die Dauer der Sendung anders. Sie war ein wenig zu laut, ein bisschen zu sehr von sich selbst überzeugt. Wie sie jedoch – erstaunlicherweise unisono mit Barley – an ihrer Medienschelte festhielt: Chapeau.

Hoffnung machte hingegen der Wissenschaftler Patzelt: Im neuen Bundestag würde wohl wieder "das gute Ringen um politische Positionen" einsetzen. Trotz der AfD. Der Wunsch des Abends kam von einem in einer Umfrage zur Sendung befragten Berliner. Ob ihm am Morgen nach der Wahl eher nach Sekt oder Selters zu Mute sei. Man sah ihm die Katerstimmung an. Also goss er sich ein Wasser ein und sagte: „Alles Gute für uns alle, waa?!“

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