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Maybrit Illner: Trittin und Kubicki proben schon einmal für Jamaika


Talk-Kritik
Trittin und Kubicki proben schon einmal für Jamaika

Meinungt-online, Nico Damm

Aktualisiert am 13.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Bei Maybrit Illner waren DIW-Chef Marcel Fratzscher, Andrea Nahles (SPD), Ilse Aigner (CSU), Jürgen Trittin (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) zu Gast.Vergrößern des BildesBei Maybrit Illner waren DIW-Chef Marcel Fratzscher, Andrea Nahles (SPD), Ilse Aigner (CSU), Jürgen Trittin (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) zu Gast. (Quelle: ZDF)
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Sinkende Kaufkraft, abgehängte Mittelschicht, unsichere Jobs: Für drei künftige Jamaika-Koalitionäre kein Grund, bei Maybrit Illner groß zu streiten. Zündstoff gab’s nur beim Thema E-Auto-Quote.

Die Gäste:

  • Ilse Aigner (CSU), Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie
  • Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender
  • Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
  • Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordneter
  • Andrea Nahles (SPD), Vorsitzende der Bundestagsfraktion

Das Thema:

"Koalition nur für Eliten - wie sozial wird Jamaika?", das fragte sich die Redaktion von Maybrit Illner, und das völlig zu Recht. Schließlich war soziale Gerechtigkeit so gut wie kein Thema im Wahlkampf. Neben der Linken hatte sie sich nur die SPD auf die Fahnen geschrieben – das Ergebnis ist bekannt. Geht es also der Mehrheit der Deutschen zu gut?

Illner hatte da ein paar Fragen. Zum Beispiel, was die vermeintlichen Jamaika-Koalitionäre gegen die zunehmende Armut von arbeitenden Menschen zu tun gedenken. Oder gegen die massiven Kaufkraft-Verluste von 40 Prozent der Bevölkerung in den letzten Jahren. Da es auch um Investitionen in die Digitalisierung und um den Erhalt von Arbeitsplätzen ging, drehte die Debatte manchmal in Richtung Wirtschafts-Talk.

Der Frontverlauf:

Zum Auftakt gab sich Nahles selbstkritisch: Zwar sagten 82 Prozent der Bevölkerung, dass soziale Gerechtigkeit für sie wichtig sei. "Aber wir haben das nicht emotional genug adressieren können." Trotzdem wolle sie mit der SPD "knallharte Opposition machen" – gegen eine "Koalition der Zufriedenen", wie sie stichelte.

Wirklich unzufrieden schienen die Jamaika-Vertreter am Tisch tatsächlich nicht. Vor allem Ilse Aigner nicht. An der Vollbeschäftigung arbeite man. "Die ist die Grundvoraussetzung, dass man über Wünsche, die wir alle haben, weiter reden könne." Kubicki sorgte sich vor allem um den Breitband-Ausbau und die weitgehende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Auf die Frage Illners, ob er es "klasse" fände, wenn nur noch die Hälfte der Menschen nach Tarif arbeiteten, antwortete er lapidar: „Die Frage stellt sich nicht, weil wir starke Gewerkschaften haben.“ Die könnten das ja regeln.

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Einzig Trittin schien noch Anliegen in der Sozialpolitik zu haben: Selbst in Städten wie Göttingen könnten heutzutage "normale Leute in der Innenstadt keine Wohnung mehr mieten". Er wolle Deutschland als Industrie-Standort erhalten. Außerdem seien "Tarifverträge ein Standortvorteil". Fratzscher wurde sogar noch deutlicher: "Wenn man in eine einkommensschwache Familie hineingeboren wird, hat man schlechte Chancen." Die Mittelschicht schrumpfe, die Gesellschaft drifte auseinander. "Wir müssen Chancengleichheit im Bildungssystem schaffen." Der technologische Wandel bedrohe sonst viele Jobs gerade in der Mittelschicht.

Aufreger des Abends:

Beim Thema E-Mobilität knirscht es noch am meisten bei den Fast-Koalitionären. Das zeigte sich auch in der Runde. Armin Laschet, der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hatte kürzlich die Grünen attackiert und vor einer Deindustrialisierung gewarnt. Denn die Grünen wollten "bei vielem nur raus", zum Beispiel aus dem Verbrennungsmotor bis 2030 und aus der Stein- und Braunkohle. Trittin hielt dagegen: Die Erneuerbaren Energien schafften auch Arbeitsplätze. "Die Branche hatte vor ein paar Jahren 70.000 Arbeitsplätze mehr." Aber man sei in diesem Bereich auf die Bremse getreten. Die Autoindustrie habe außerdem auf Diesel statt auf Elektro gesetzt.

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Dafür gab es die volle Breitseite zurück: Kubicki wetterte, "das Litium-Ionen-Auto ist die schlimmste Umweltsünde, die Sie sich vorstellen können." Zudem wisse er nicht, was die wichtigste Technologie in 30 Jahren sei. Aigner lobte die E-Auto-Prämie und mahnte an, dass ja auch der viele Strom irgendwo herkommen müsste. Auch Nahles war skeptisch: Der Weg zur Energiewende müsse "so gestaltet werden, dass nicht am Ende alle anderen europäischen Hersteller profitieren und die Arbeitnehmer die Deppen sind".

Was übrig bleibt:

Der Abend zeigte deutlich: Im Geiste ist der Koalitionsvertrag schon längst unterschrieben. Selten war eine Talk-Runde so harmonisch. Ob Trittin, Aigner oder Kubicki: Alle wollen bessere Bildung und Deutschland als Industrie-Standort erhalten, der eine grüner, die anderen unternehmerfreundlicher.

Bevor sich die Runde über soziale Gerechtigkeit zerstritt, plauderte sie lieber über eine mögliche Robotersteuer in 20 Jahren. Trittin sprach die von seiner Partei geforderte Vermögenssteuer erst gar nicht an. Fratzschers Standpauke mochte die glückselige Vor-Regierungs-Stimmung nicht trüben. Der mahnte nicht nur eine zunehmende soziale Spaltung an, sondern auch eine mangelnde Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft: Die Breitband-Versorgung sei eine der schlechtesten der westlichen Welt, die Verkehrs-Infrastruktur bröckele, bei der Digitalisierung hinke man hinterher. Zu hoffen ist, dass die jamaikanische Gemütlichkeit bald einem gewissen Arbeitseifer weicht.

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