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Nach SPD-Parteitag: Wer sich freuen kann – und wer nicht


Nach dem SPD-Parteitag
Wer sich freuen kann – und wer nicht

Von t-online, js

22.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Andrea Nahles, Martin Schulz und Malu Dreyer beim SDP-Parteitag (v.l.n.r.): Nicht alle konnten bei den Delegierten punkten.Vergrößern des BildesAndrea Nahles, Martin Schulz und Malu Dreyer beim SDP-Parteitag (v.l.n.r.): Nicht alle konnten bei den Delegierten punkten. (Quelle: Oliver Berg/dpa)
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Bejubelt, bewundert, beschwiegen: Die Reaktionen der Delegierten verraten viel über die Wahrnehmung der Redner. Aber welche Folgen der Parteitag für einzelne Politiker hat, hängt nicht nur davon ab.

Martin Schulz

Für den SPD-Chef war die Sache klar: Hätte sich der Parteitag gegen Koalitionsverhandlungen entschieden, er hätte sich nicht halten können. In der Partei ist er schon lange umstritten. Seine Rede kam bei den Delegierten erkennbar nicht an, und mehr noch: Sie standen nicht auf, als sie klatschten; der Applaus war schnell vorbei. Schulz' Bitte um Zustimmung war genau das – eine Bitte, fast etwas flehend.

Im Laufe des Parteitags verfestigte sich die Wahrnehmung: Wenn es reichen sollte für Koalitionsverhandlungen, dann nicht wegen Schulz, sondern trotz Schulz. Die anderen Redner sprangen ihm bei. Niemandem konnte das verborgen bleiben.

Was vor einem Jahr als Heldengeschichte begann, hat sich längst zur Tragödie gewandelt. Schulz versucht, die Situation wieder in den Griff zu bekommen, aber er macht sie eher schlimmer. Er forcierte die Absage an die große Koalition, kurz bevor er sie zurücknehmen musste. Als er im Dezember die Vereinigten Staaten von Europa als Ziel ausrief, sagten Genossen: Das sei sein Ziel, nicht ihres. Was visionär klingen sollte, wirkte verschroben.

Seine einzige Chance: sich in die Regierung retten und dort als Außenminister rehabilitieren – wie es auch Sigmar Gabriel gelungen ist. Seinem Vorgänger, der von der Partei, für die er sich krumm machte, nie geliebt wurde. Möglich wäre, dass Schulz auf ein Ministeramt verzichtet, als symbolische Geste. Dann allerdings hätte er neben einer Fraktionsvorsitzenden und einem Vizekanzler jede Macht verloren.

Kevin Kühnert

Innerhalb von wenigen Wochen wurde aus einem unbekannten Juso-Chef die große Nachwuchshoffnung der ältesten deutschen Partei. Gerade gegen die Befürworter einer Koalition wird oft der Verdacht geäußert, es gehe ihnen nur um die Karriere. Und doch ist es gerade der Groko-Gegner Kühnert, der seine Karriere gerade am stärksten voranbringt.

Seine Rede auf dem Parteitag trug er ruhig, unaufgeregt und frei vor. Er trumpfte nicht auf, er griff die Parteispitze nicht polemisch an, er hatte sich und den Saal im Griff. Auch hinterher im kleinen Kreis trumpfte er nicht auf. Das alles ist bemerkenswert professionell, nicht für einen 28-Jährigen, sondern grundsätzlich.

Er plant schon die nächsten Schritte. Bald soll eine Juso-Kampagne beginnen – um im Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag die große Koalition doch noch zu verhindern.

Andrea Nahles

Dass fast die gesamte Parteispitze für Koalitionsverhandlungen warb und es trotzdem nur für 56 Prozent reichte, ist für niemanden aus der aktuellen Führungsriege ein gutes Ergebnis.

Doch die Fraktionsvorsitzende Nahles schaffte mit ihrer Rede immerhin, was Schulz misslang: die Delegierten mitzureißen. Bei vielen kam es gut an, als sie mit lauter Stimme flapsig rief: "Das ist doch Blödsinn, verdammt nochmal", oder "die zeigen uns einen Vogel". Sie gilt jetzt als die Rednerin, die das Ergebnis womöglich gedreht und den Parteivorstand gerettet hat.

Gleichzeitig macht sie sich durch ihre Sprache auch immer wieder angreifbar. Kaum ein Sozialdemokrat schätzt den aggressiven CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, aber einen langjährigen Ministerkollegen und Chefverhandler der CSU "der blöde Dobrindt" zu nennen, ist mindestens ungeschickt.

Schon zweimal fiel sie seit der Wahl durch ähnliche Sprüche auf. "Ab morgen kriegen sie in die Fresse", sagte sie flachsend nach der Wahl über die Union – da dachte sie noch, sie würde Oppositonsführerin. Und auf dem vorigen Parteitag sagte sie zu Verhandlungen an die Union gerichtet: "Das wird teuer. Bätschi, sag ich dazu nur!" Für Gegner der Beleg: die SPD sei nicht seriös. Und Nahles erst recht nicht. Sie ist so etwas wie die Claudia Roth der SPD: eine echte Reizfigur für alle rechts der Mitte.

Mit ihrer Rede auf dem Sonderparteitag hat sie erneut gezeigt, warum sie vor allen anderen für noch höhere Aufgaben in Frage kommt – und warum womöglich doch nicht.

Malu Dreyer

Dreyer ist in der Partei extrem beliebt. Sie bekam im Dezember das beste Ergebnis aller SPD-Vizes: 97,5 Prozent stimmten für sie. In Bonn durfte sie die Eröffnungsrede halten, sollte den Tag für die Führungsriege in die richtige Richtung lenken. Das gelang ihr mit einer verbindlichen, unaufgeregten, aber weder inhaltlich noch rhetorisch bemerkenswerten Rede nicht wirklich.

Sie gilt als Kandidatin für den Parteivorsitz, sollte Schulz gehen, aber diese Wahrnehmung dürfte sie auf dem Parteitag nicht unbedingt gestärkt haben. Vielleicht ist es auch eher so: Nicht alle lieben Dreyer, aber niemand hat etwas gegen sie. Ob das reicht, um die mitunter ungerecht kritische SPD zu führen, die in der jüngeren Vergangenheit mit keinem Parteichef wirklich glücklich war?

Sigmar Gabriel

Er trat als Parteichef zurück, er verzichtete auf die Kanzlerkandidatur, er durfte als geschäftsführender Minister nicht sondieren – und er hielt auch in Bonn keine Rede. "Das würde schon jemand zu verhindern wissen", sagte ein Genosse, der selbst für eine große Koalition ist. Die Angst: der streitbare Großkoalitionär Gabriel hätte den Gegner von Verhandlungen noch mehr Unterstützer zutreiben können.

Eigentlich ist das ein vernichtendes Urteil über den Ex-Parteichef, der von so vielen Genossen als Belastung empfunden worden war. Und trotzdem: Als Außenminister ist er beliebt. In der SPD heißt es, das Auswärtige Amt sei von großem Interesse, sollte es eine schwarz-rote Koalition geben. Falls sich Schulz wirklich opfert oder dazu gedrängt wird, falls er also auf ein Ministeramt verzichten sollte, könnte Gabriel vielleicht im Amt bleiben.

Nicht als neuer alter starker Mann der SPD, aber zumindest als Außenminister.

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