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Start der Koalitionsverhandlungen: Die Ausgangslage ist beunruhigend


Start der Koalitionsgespräche
Die Ausgangslage ist für alle Partner beunruhigend

dpa, Christiane Jacke und Sascha Meyer

Aktualisiert am 26.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer, Angela Merkel, Martin Schulz: Die Chefs von CSU, CDU und SPD wollen schnell eine Regierung bilden, stehen aber vor einigen Hürden.Vergrößern des BildesHorst Seehofer, Angela Merkel, Martin Schulz: Die Chefs von CSU, CDU und SPD wollen schnell eine Regierung bilden, stehen aber vor einigen Hürden. (Quelle: Maurizio Gambarini/dpa-bilder)
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Vier Monate nach der Wahl steigen Union und SPD in Koalitionsverhandlungen ein. Einfach wird es nicht: Einige Teilnehmer schleppen sich schwer angeschlagen in die Gespräche.

Jetzt geht es also los. So richtig. CDU, CSU und SPD starten mit Koalitionsverhandlungen, um der Republik eine neue Regierung zu bescheren – geschlagene vier Monate nach der Wahl. Aber Aufbruchstimmung mag sich nicht so recht einstellen. Viele gehen mit einem mulmigen Gefühl in die Verhandlungen, insbesondere bei der SPD.

Zukunft der SPD-Spitze ungewiss

Die Genossen haben harte Tage und Wochen hinter sich – und nun noch härtere vor sich. Was übrig bleiben wird von der Partei und ihrer Führungsriege ist ungewiss. Ob Deutschland in ein paar Wochen tatsächlich eine neue Regierung hat ebenfalls. Auch für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist das eine beunruhigende Ausgangslage.

Die SPD-Führung startet leicht traumatisiert in die Gespräche. Beim Parteitag in Bonn am vergangenen Sonntag sagte nur eine hauchdünne Mehrheit Ja zu Koalitionsverhandlungen mit der Union. Eine Demütigung für Parteichef Martin Schulz und seine Mannschaft. Wie lässt sich eine derart zerrissene Partei einen? Wie stellt man sich in einem solchen Zustand für Koalitionsverhandlungen auf? Und vor allem: Wie lässt sich der SPD-Mitgliederentscheid überstehen, dessen Votum über einen Koalitionsvertrag seit Bonn unberechenbarer ist denn je?

SPD-Führung setzt auf "Teambuilding"

Um über diese Fragen zu beraten, hat Schulz am Donnerstag die Parteispitze, die Ministerpräsidenten, Bundesminister und die Mitglieder des Sondierungsteams in der SPD-Zentrale zusammengetrommelt. Hinter verschlossenen Türen berieten sie über Strategien, legten Verhandlungsteams und Abläufe fest. Es ging aber auch um das sozialdemokratische Gemüt und um den dringenden Versuch, den Laden irgendwie zusammenzuhalten. "Teambuilding" nannte das einer der beteiligten Genossen.

Über Stunden berieten die SPD-Oberen dort. Keiner hatte zuvor ein Interesse daran, dass es nach außen hin so aussieht, als ginge die SPD hastig in die Verhandlungen. Das käme bei der Basis schlecht an. Es musste schon nach einem Ringen aussehen, nach einer hinreichend schmerzhaften Angelegenheit. Das galt für das Vorbereitungstreffen – nun aber auch für die eigentlichen Verhandlungen.

Die einen ungeduldig, die anderen zögerlich

Das kollidiert mit ziemlicher Ungeduld der Union, die es nun eilig hat – bei ihrem Anlauf Nummer zwei nach vergeblichen Jamaika-Wochen mit FDP und Grünen. Mit Verhandeln fertig werden möge man doch bitteschön bis zum Karneval. Soll heißen: bis Weiberfastnacht am 8. Februar. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) schwant schon, sonst werde die stockende Groko "Thema bei allen Fastnachtsveranstaltungen – da schneiden wir granatenmäßig schlecht ab." Und überhaupt: Wie kämen TV-Bilder schunkelnder Noch-Nicht-Koalitionäre bei den Bürgern an?

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Die SPD aber zögert, will sich nicht drängen lassen. Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles gab schon zu Protokoll, sie sei gegen "absolute Enddaten". Die Uneinigkeit beim Zeitplan ist ein Vorgeschmack auf das, was an inhaltlichen Auseinandersetzungen noch folgen dürfte. Die Gespräche versprechen, schwierig zu werden.

Nicht zuletzt wegen der Forderungen, die der SPD-Parteitag den eigenen Unterhändlern mit auf den Weg gegeben hat. Da geht es um Flüchtlinge, Arbeitsmarkt und das Gesundheitswesen. Trotz sachter Kompromisssignale aus der CDU – ein Selbstläufer wird das nicht. Auch andere neue Themen, die im 28-seitigen Papier zum Ergebnis der Sondierungen fehlen, könnten noch für Streit sorgen.

SPD-Chef Schulz kämpft an verschiedenen Fronten

Nebenbei muss Schulz verhindern, dass ihm die eigene Partei entgleitet. Und versuchen, Jusos und andere vehemente Groko-Gegner in der eigenen Partei zu besänftigen, die weiter trommeln und sogar dafür werben, kurzzeitig in die Partei einzutreten, nur um beim Mitgliederentscheid gegen Schwarz-Rot zu votieren.

Verkehrte Welt also bei der SPD: Die Aussicht aufs Regieren plagt die Partei. Der Eintritt neuer Parteimitglieder hat für die SPD-Spitze plötzlich etwas Bedrohliches. Und mit manchem Unionspolitiker scheint die SPD-Führung dieser Tage einiger als mit dem einen oder anderen Groko-Gegner in den eigenen Reihen.

Schulz ist schwer angeschlagen. Nach dem Votum von Bonn ist kaum denkbar, dass er sich auf lange Sicht an der Parteispitze halten kann. Legt er am Ende der Koalitionsverhandlungen ein Ergebnis vor, das bei den Mitgliedern durchfällt, wäre er wohl sofort weg. Der Rest der SPD-Führung auch. Bricht die SPD die Verhandlungen vorzeitig wegen unüberbrückbarer Differenzen ab, droht ein weiterer Absturz der Partei. Alles keine angenehmen Perspektiven.

Auch für Kanzlerin Merkel geht es um sehr viel

Hinzu kommt die Debatte um Schulz' Rolle: die Frage, ob er ins Kabinett gehen soll oder nicht. Der SPD-Chef hat das vor der Wahl ausgeschlossen. Nun hält er sich bedeckt. Unter den Genossen gibt es den Wunsch, er möge doch bitte wenigstens an dieser Stelle zu seinem Wort stehen, die Glaubwürdigkeit der SPD aufpolieren und etwas für das Profil der Partei tun. Erst war es ein Raunen im Hintergrund, dann kamen Wortmeldungen von Hinterbänklern. Doch inzwischen sprechen auch Genossen aus der ersten Reihe offen darüber. Die Lage ist für Schulz also denkbar unbequem.

Aber nicht nur für ihn. Für Merkel geht es darum, allmählich die Kurve zu kriegen. Und zwar dringend. Vor allem auf der wichtigen europäischen Bühne sind ihr als nur geschäftsführender Kanzlerin die Hände gebunden. Klare Ansagen, etwa zu Initiativen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, muss sie bis auf Weiteres schuldig bleiben. Erst am Mittwoch ließ sich Merkel wieder mal beim Weltwirtschaftsforum in Davos blicken. Auch um zu zeigen: Deutschland ist noch da, auf der Weltbühne.

Selten standen Möchtegern-Koalitionäre zum Start ihrer Verhandlungen unter solch einem Druck. Die Erschöpfung ist groß, bevor es überhaupt angefangen hat.

So geht es weiter: Der Fahrplan der Koalitionsverhandlungen

– Freitag: Die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) treffen sich in der CDU-Zentrale in Berlin. Anschließend kommt eine sogenannte "Kleine Runde" von 15 Spitzenvertretern der drei Parteien zusammen. Die Runde soll als "Koordinierungs- und Steuerungsgremium" fungieren.

Wochenende: Eine Reihe von Arbeitsgruppen soll zu verschiedenen Politikbereichen tagen.

– Sonntag: Am Abend soll erneut die "Kleine Runde" zusammenkommen.

– Dienstag: SPD-Chef Schulz zufolge soll sich erstmals die "Große Runde" der Verhandler von CDU, CSU und SPD treffen.

– Mittwoch bis Freitag: Sitzungen des Bundestages. An diesen Tagen könnte es Sitzungen der Arbeitsgruppen geben.

– Donnerstag: Merkel trifft die Ministerpräsidenten der Länder.

Quelle:
- dpa

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