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TV-Kritik zu Anne Will: Auch die Politik hat keinen Bock auf Groko


TV-Kritik zu Anne Will
Auch die Politik hat keinen Bock auf Groko

MeinungDavid Heisig

Aktualisiert am 06.02.2018Lesedauer: 4 Min.
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Armin Laschet (CDU) und Heiko Maas (SPD) bei Anne Will: Sie hatten einige Mühe, für eine Neuauflage der großen Koalition zu werden.Vergrößern des Bildes
Armin Laschet (CDU) und Heiko Maas (SPD) bei Anne Will: Sie hatten einige Mühe, für eine Neuauflage der großen Koalition zu werden. (Quelle: Wolfgang Borrs/NDR/dpa)

Alle scharren mit den Hufen: bald sollten die Groko-Verhandlungen durch sein. Nur was werden die bringen? Darüber diskutierte Anne Will mit ihrer Runde.

Die Gäste

  • Elisabeth Niejahr, Chefreporterin der "Wirtschaftswoche"
  • Alice Weidel (AfD), Fraktionsvorsitzende im Bundestag
  • Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Parteivorsitzender
  • Armin Laschet (CDU), NRW-Ministerpräsident
  • Heiko Maas (SPD), Geschäftsführender Bundesjustizminister

Kern der Diskussion

Was wäre das für ein tolles Talk-Drehbuch gewesen: Anne Will verkündet live in ihrer Sendung den erfolgreichen Abschluss der Groko-Verhandlungen. Geklappt hat es nicht. Will blieb nur, mit ihrer Runde über bekannte Fakten oder nebulös aus Verhandlungskreisen Verlautbartes zu diskutieren. Wie sollte sie diese Suppe aufwärmen? Vielleicht mithilfe der politischen Hochkaräter, die da saßen, garniert mit einer Ausgangsthese? Will formulierte sie als Frage: Wo ist neben allen Groko-Kompromissen der mitreißende Kurs? Den konnte der CDU-Bootsmann des Abends nicht anlegen. Für ihn sei „die riesige europäische Aufgabe“ mit Brexit und allem Pipapo die Herausforderung der nächsten Jahre. Vergnügungssteuerpflichtig im Sinne von inspirierend war Laschets Antwort nicht.

Da wollte Will mehr hören: Wo die Idee der Groko für Deutschland sei? Arbeitsplätze, Europa, Weltoffenheit – diese Stichwörter fielen dem Unionspolitiker dazu ein. Maas sah es nüchterner. Groko sei politischer Alltag, da dürften die Menschen „keinen Geist erwarten“. In der Tat: alleine die noch offenen Punkte sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen und die Anpassung der Arzthonorare sind Dinge, die Politiker einfach wegbeschließen.

Höhepunkt des Abends

Bei Habeck hatte man den Eindruck, genau das ginge ihm tierisch auf die Nerven: dass die Politik keine übergreifende Idee als Ideal einigen Tuns präsentieren kann. Sondern Dinge durchorganisiert. Die Groko sei wie ein paar ausgelatschte Schuhe, so der Grüne. Neue Schnürsenkel machten keine neuen Treter daraus. Was Habeck dabei glaubhaft machte war, dass er sich des eigenen Verhandlungsscheiterns seiner Grünen bei Jamaika bewusst ist. Immerhin hat das erst den Weg zur Neuauflage der Groko geebnet. Einer Konstellation, die eigentlich keiner wolle, so Habeck. Immerhin sage sie nichts Neues zur Rente oder bremse die Energiewende, da sie nicht aus der Kohleenergie aussteige.

Maas und Laschet wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Eine Lösung bei der Frage der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen helfe Millionen Menschen, so Laschet. Habeck stellte das nicht infrage. Beim Thema „Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge“ blieb er moralischer Sieger. Mit der Begrenzung auf tausend Personen pro Monat, die nachziehen dürfen, schreibe die Groko „Moralität ins Gesetz“. Immerhin müsse jemand anhand dieses Gesetzes entscheiden, wer kommen dürfe und wer nicht. Das geschehe dann „nach dem Kulleraugeneffekt“.

Tiefpunkt der Sendung

Einen Politiker als Höhepunkt der Sendung zu bezeichnen geht nur, wenn eine andere Person aus dieser Berufsgruppe das ganze Ding Richtung Keller zieht. Da tat Weidel sich keinen Zwang an: Immer auf der AfD-Agenda steht, die vermeintlich einseitige Berichterstattung der Medien zu geißeln. Weidel machte früh den Haken dran. Bei ihrem Schwadronieren über „messerstechende Immigranten“ sah der sogar ein wenig wie ein Kreuz aus. Mit Laschet ließ sie sich auf Rechenspielchen zur kalten Steuerprogression ein. Der bügelte sie ab. Dabei hätte sie die Chance gehabt zu erklären, was ihre Partei als Gegenentwurf zu den Groko-Beschlüssen in der Schublade hat. Immerhin seien die Regierungsparteien „nicht sensibel gegenüber den wahren Problemen. Stattdessen ging ihr „erster Gruß nach Cottbus“, an die Menschen, die dort demonstrieren. Will ging sofort dazwischen. „Ich denke, sie grüßen nur die eine Seite“, kitzelte sie Weidel. Nämlich die, die gegen Ausländer hetzt und nicht die, die für Toleranz wirbt.

Will gelang es, Weidel nahezu völlig aus der Diskussion auszubinden. Während sie Habeck, Maas und Laschet mehrfach mit Nachfragen aufs Korn nahm, ließ sie Weidel einfach rechts liegen. Die konnte da nur süffisant dauerlächeln.

Was von der Sendung übrig bleibt

Leider brachte die Sendung keinen Gewinn neuer Erkenntnisse. Es waberte das durch das Studio, was viele schon seit Wochen ahnen: Auch die Politik hat keinen Bock auf Groko. Laschet und Maas mussten zu ihrem Pech genau das Gegenteil vermitteln. Ersterem mochte man – gemessen an seinem immer wieder hochschnellenden Puls – noch abkaufen, dass das „ambitiöse Programm“ der Verhandelnden mit Klimaschutz, Industrie 4.0 und Vollbeschäftigung ihm wirklich Herzensangelegenheit sei. Maas fiel das sichtbar schwerer. Zwar geißelte er vehement, dass die Runde die Groko schon für gescheitert erklären wollte, ohne ihr überhaupt den Start zu gönnen.

Als Will ihm aber in einem Einspieler die Unzufriedenheit seiner Genossen mit den Sondierungsverhandlungen in einem NRW-Ortsverband aufzeigte, merkte man ihm an: in die Opposition gehen, die alte Dame SPD einem Facelift unterziehen, wäre besser gewesen. Mit zweierlei Effekt: Man wäre den eigenen Ankündigungen treu geblieben und könnte nun mal die anderen machen lassen. Stattdessen musste sich Maas nun damit abfinden, dass es „nicht schwer ist, mit dem Scheuer und dem Dobrindt aneinanderzugeraten“. Denn egal, wie die Sache ausgeht: Einen roten Peter wird man immer finden: die SPD.

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