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Sitzordnung im Bundestag: FDP will in Mitte sitzen und Union nach rechts rücken


FDP greift Mitte-Status der Union an
"Die Sitzordnung ist politisch"

rtr, Andreas Rinke

Aktualisiert am 19.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Blick in den Plenarsaal im Bundestag: 2017 war der FDP-Wunsch abgelehnt worden.Vergrößern des BildesBlick in den Plenarsaal im Bundestag: 2017 war der FDP-Wunsch abgelehnt worden. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Die Sitzordnung im Bundestag ist seit vielen Jahren unverändert. Nun will die FDP in die Mitte rücken, bei der Union schrillen die Alarmglocken. Wie wahrscheinlich ist das Szenario?

Spätestens seit Montagabend ist klar, dass es bei der Frage der Sitzordnung im Bundestag um mehr geht als bloße Symbolik. Denn da sprang ausgerechnet der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Fraktion, Jan Korte, der FDP im Ringen um eine neue Platzverteilung bei. Er begründete diesen überraschenden Schulterschluss mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die letzten vier Jahre: "Wir hatten in der Opposition eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der FDP, insbesondere wenn es um Bürgerrechte oder die Rechte des Parlaments ging", sagte er zu Reuters. Für CDU und CSU, die ihren Platz in der rechten Mitte des Bundestags unbedingt halten wollen, wird es damit eng.

Bereits Anfang Oktober hatten die Liberalen ihren Kampf gegen den früheren Lieblings-Koalitionspartner Union begonnen und wie 2017 beantragt, dass CDU/CSU und Liberale die Sitze tauschen sollte. Damals war dies abgelehnt worden. Vor vier Jahren war als Grund bei den Liberalen vor allem genannt worden, dass man nicht neben der AfD mit deren oft von anderen Fraktionen kritisierten Parlamentariern und ihren Zwischenrufen sitzen wollte.

Lindner konstatiert "strammen Rechtskurs" der Union

Heute gehört der Schritt aber zu einer großangelegten Strategie der FDP, den traditionellen Platz der Union als Mitte-Partei infrage zu stellen. Ein ums andere Mal betont FDP-Chef Christian Lindner seit der sich abzeichnenden Ampel-Koalition, dass die FDP als designierte Regierungspartei gerne auch die Interessen der Unions-Wähler mit in den Blick nehme. Bei CDU und CSU konstatiert er einen "strammen Rechtskurs", wenn diese das Ampel-Sondierungspapier als "strammen Linkskurs" bezeichne.

Unverhohlen klingt seit der Bundestagswahl und dem Absturz der Union bei den Liberalen mit, dass man sich nicht mehr als kleiner Partner auf der "bürgerlichen Seite" des politischen Spektrums sieht – auch wenn die Union immer noch mehr als doppelt so viele Stimmen wie die Liberalen einfuhr. Und zu diesem Anspruch gehört eben auch eine neue optische Sichtbarkeit. Seit Jahrzehnten saß die FDP vom Bundestagspräsidium aus gesehen an der rechten Seite, dann folgte die Union und dann die SPD. Mit dem Einzug der Linken wurde diese ganz links im Parlament platziert – die Grünen aber zwischen SPD und Union. Die FDP wurmt dies seit langem. Liberale verweisen darauf, dass ihr Sitzplatz zwischen SPD und Union sein müsste, weil sie mit beiden und auch mit den Grünen in den Ländern koaliert.

"Die Sitzordnung ist politisch"

In der Union schrillen deshalb die Alarmglocken. Denn schon beim Kampf um die Zahl der Plätze in der ersten Reihe des Parlaments schwingen neben persönlichen Eitelkeiten auch Überlegungen mit, wie die Sitzordnung in den kommenden vier Jahren auf das heimische TV-Publikum wirkt. "Die Sitzordnung ist politisch", betont ein führendes Fraktionsmitglied. CDU und CSU wollen jeden Eindruck vermeiden, dass es künftig zwei "politische Schmuddelecken" im Bundestag gibt: ganz links die Linken und ganz rechts die AfD und eben die Union.

Also war der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer schon vor zehn Tagen sehr entschieden, als er gegenüber Reuters darauf hinwies, dass man mit der traditionellen Sitzordnung nicht brechen sollte. "Die Sitzordnung im Deutschen Bundestag ist kein Karussell, das nach Belieben herumgedreht werden sollte", sagte am Dienstag auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. "Es gibt keinen schlüssigen Grund, die bekannte Sitzordnung zu verändern."

Ob sich die Union allerdings durchsetzen kann, ist fraglich. Bei der konstituierenden Sitzung hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) nach Absprache mit dem sogenannten Vor-Ältestenrat noch dafür gesagt, dass alles beim Alten bleibt. Aber dann wird angesichts der neuen Kräfteverhältnisse im Parlament ein neuer Bundestagspräsident gewählt, der aus der SPD stammen dürfte. Und dann müssen SPD und Grüne entscheiden, ob sie ihrem designierten Partner FDP folgen oder aber an der alten Tradition festhalten. Beide Fraktionen betonten am Dienstag auf Nachfrage, dass man sich noch nicht entschieden hätten.

Linken-Geschäftsführer Korte sieht die Unterstützung für die Liberalen übrigens auch als eine Art Belohnung für deren Abkehr von Rechts. "Den Wunsch, nicht mehr neben der AfD zu sitzen, betrachte ich außerdem als ein Zeichen dafür, dass die Tür für eine Zusammenarbeit mit den Rechtsextremisten von der AfD ein für alle Mal geschlossen ist und sich Vorgänge wie in Thüringen damit nie wiederholen", sagte er in Anspielung auf den 5. Februar 2020 in Erfurt. Damals hatte sich der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im thüringischen Landtag mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur Reuters
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