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CDU will mehr Basisbeteiligung: Jetzt kommt die Revolte


Basis darf beim Vorsitz mitreden
Jetzt wird alles anders

MeinungVon Tim Kummert

30.10.2021Lesedauer: 3 Min.
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Armin Laschet im Bundestag: Sein Nachfolger wird von der Basis gewählt.Vergrößern des Bildes
Armin Laschet im Bundestag: Sein Nachfolger wird von der Basis gewählt. (Quelle: IMAGO / snapshot)

Es ist wirklich wahr: In der CDU dürfen künftig die Mitglieder über den Vorsitz der Partei mitentscheiden. Und das ist auch gut so. Denn nur mehr Mitbestimmung sichert das Überleben der Christdemokraten.

Es geht ein Schreckgespenst um in der CDU und es heißt: SPD. Mancher Christdemokrat hat Angst, das Schicksal der Sozialdemokraten zu erleiden. Also der Partei, die bei der letzten Vorsitzendenwahl im Jahr 2019 eine unendliche Ochsentour von zig möglichen Führungsteams erlebte. Die am Ende zwei Politiker wählte, die praktisch niemand kannte. Und von denen zumindest eine, Saskia Esken, bis heute bei den Wählern unbeliebt ist. Doch es war immerhin das Ergebnis einer Mitgliederbefragung: Breit legitimiert, ganz basisdemokratisch.

Trotz aller Bedenken haben die Kreisvorsitzenden der CDU an diesem Wochenende in Berlin entschieden: Wir wollen auch wie die SPD sein.

Also zumindest mit Blick auf die Mitgliederbefragung. Nicht auf das Prozedere (und natürlich schon gar nicht auf das Ergebnis). Das wird schon der erste Balanceakt für die Partei: Wie wagt sie mehr Basisdemokratie und bekommt trotzdem eine beliebte Parteispitze installiert?

Es ist nicht der Zaubertrank, aber gibt trotzdem Kraft

Es ist gut, wie die Kreisvorsitzenden entschieden haben. Man möchte fast der Partei zurufen: Hey, CDU, willkommen im Jahr 2021, super, dass ihr es noch geschafft habt! Denn jede andere Form der Neuwahl eines Vorsitzenden wäre politisch völlig verfehlt gewesen.

Der Noch-Parteichef Armin Laschet ist damit, wenn man so will, der letzte seiner Art: Seine Wahl zum Vorsitzenden (Merz war an der Basis beliebter) und seine Kanzlerkandidatur (Söder war an der Basis beliebter) erfolgten nur, weil die Parteigremien hinter ihm standen. Doch dann ist er krachend gescheitert. Und mit ihm auch die Gremien, mit ihm der ganze Machtapparat der CDU. Das ändert sich jetzt, die Macht wandert von den Gremien zu den Mitgliedern. Endlich!

Natürlich ist ein Mitgliedervotum nicht der Zaubertrank, auch künftig werden die Christdemokraten – politisch gesprochen – die Konkurrenz nicht so verhauen wie Asterix und Obelix die Römer. Aber: Sie haben jetzt zumindest ein Mittel, um die grundsätzliche Richtung der CDU herauszufinden.

Denn für die 16-jährige Kanzlerschaft von Angela Merkel zahlte die CDU einen hohen Preis: Sie ist inhaltlich beliebig. Die Deutschen wählten die Kanzlerin, weil sie fast niemanden verschreckte. Doch im Laufe der Zeit gab es immer weniger Kanten und Zacken in der Programmatik.

Eine Mitgliederbefragung ist die zeitgemäße Art, Politik zu machen

Für Merkel, mag sie auch noch so eine gute Kanzlerin gewesen sein, war die CDU immer nur Mittel zum Zweck: um an die Macht zu kommen und sich dort zu halten. Inhaltsschwere Konferenzen zu veranstalten, wie es Annegret Kramp-Karrenbauer nach ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden machte, wäre Merkel wohl nicht mal im Traum eingefallen. Wieso sollte sie auch in die Partei hineinhorchen? Hauptsache, das Kanzleramt war sicher.

Mit dem nun anstehenden Mitgliederentscheid kann sich die CDU in Ruhe überlegen, wer sie eigentlich sein will. Eine Art deutsche Tea-Party-Bewegung? Oder eine progressiv-konservative Stimme? Diese Phase der Selbstfindung hat die Partei nötig, denn sie ist gespalten. Nicht umsonst unterlag bei den letzten zwei Vorsitzendenwahlen der Konservative Friedrich Merz immer nur knapp.

Vor allem ist die Mitgliederbeteiligung eine zeitgemäße Art, um Politik zu machen. Die Partei, das sind eben ihre Mitglieder. Sie prägen das Bild und den Kern der CDU. Das Spitzenpersonal wird regelmäßig ausgewechselt, die Mitglieder bleiben, oft über Jahrzehnte. Sie müssen daher auch mitentscheiden.

Niemand kann sich mehr sicher sein

Die Grünen haben ihren Kanzlerkandidaten im kleinstmöglichen Hinterzimmer ausgeklüngelt: zwischen Annalena Baerbock und Robert Habeck. Baerbock gewann, wollte Kanzlerin werden – das Ergebnis ist bekannt.

Lediglich die SPD hatte zuletzt Erfolg ohne Basisbeteiligung. Olaf Scholz wurde von der Parteispitze ausgerufen. Aber eben auch, weil er der einzige sozialdemokratische Spitzenpolitiker mit Kanzlerformat war, der auch wirklich wollte.

Bei der Union sieht das anders aus. Es gibt dort nicht nur viele ehrgeizige Politiker wie Friedrich Merz, Jens Spahn, Carsten Linnemann, Ralph Brinkhaus und Norbert Röttgen. Über die meisten von ihnen heißt es in der Partei, sie könnten das auch: Kanzler sein.

Nun können sie in Ruhe versuchen, die Basis zu überzeugen. Und sei es mit einem Vorschlag für ein Team. Allzu sicher dürfen sie sich aber nicht sein, dass sie so auch gewählt werden. Und das ist gut so.

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