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netzpolitik.org: Angela Merkel bezweifelt Landesverrat


Ermittlungen gegen Blog-Journalisten
Auch Merkel bezweifelt Landesverrat

Von t-online, dpa, reuters
Aktualisiert am 03.08.2015Lesedauer: 3 Min.
Kanzlerin Angela Merkel hat sich erstmals in der Affäre um Netzpolitik.org zu Wort gemeldet.Vergrößern des BildesKanzlerin Angela Merkel hat sich erstmals in der Affäre um Netzpolitik.org zu Wort gemeldet. (Quelle: Simon/imago-images-bilder)
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Wie Justizminister Heiko Maas (SPD) hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Zweifel am Vorwurf des Landesverrats gegen die Journalisten des Blogs netzpolitik.org. Der Justizminister habe die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz.

Innenminister Thomas De Maizière (CDU) ließ ebenfalls mitteilen, er halte wie Maas den Vorwurf des Landesverrats für zweifelhaft. Das Innenministerium teile die Zweifel des Justizministers, "ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen", sagte ein Sprecher De Maizières.

In der Affäre rückt nun das Vorgehen des Bundesjustizministeriums in den Mittelpunkt. Generalbundesanwalt Harald Range wurde nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" schon frühzeitig vor einem entsprechenden Verfahren gewarnt. Das Justizressort habe nach eigener Darstellung Range signalisiert, man halte solche Ermittlungen für falsch, schreibt die Zeitung. Das Ministerium sei am 27. Mai von der Bundesanwaltschaft über das am 13. Mai eingeleitete Verfahren informiert worden.

Ministerien waren frühzeitig informiert

Mehrere Ministerien seien - anders als bisher öffentlich behauptet - frühzeitig über Einzelheiten informiert gewesen, heißt es in dem Bericht. Spitzenbeamte dieser Häuser hätten die vielen Details des Falles gekannt und vor allem von der Entscheidung Ranges gewusst, gegen die Journalisten zu ermitteln. Die Bundesanwaltschaft habe den Erhalt der Warnung nicht bestätigt. Es habe nur allgemeine Hinweise auf die Problematik eines solchen Verfahrens gegeben.

Zudem sei das Verfahren nur in Gang gekommen, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in einem Gutachten zwei Veröffentlichungen von Netzpolitik.org zum Staatsgeheimnis erklärt habe. Daraufhin habe die Bundesanwaltschaft einen externen Experten beauftragt, über die Frage ein weiteres Gutachten zu fertigen.

Ermittlungen vor Einstellung?

Das alles dauert Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) offenbar zu lange. Nach Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR werden seine Beamten in einer bereits angekündigten Stellungnahme aus dem Ministerium zu dem Ergebnis kommen, dass es sich in dem Fall nicht um Landesverrat gehandelt hat. Das Quasi-Gutachten soll bis Donnerstag fertiggestellt und dann Range übermittelt werden. Ob danach schon die Ermittlungen eingestellt werden, sei ungewiss.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verteidigte sein Vorgehen gegen das Durchstechen geheimer Dokumente aus seinem Haus. Die Anzeigen seien nicht gegen Journalisten, sondern gegen Unbekannt gerichtet gewesen. Das BfV will dem Vernehmen nach herausfinden, auf welchen Wegen die Informationen zu den Journalisten gelangten.

Rücktrittsforderungen gegen Range zurückgewiesen

Die Bundesanwaltschaft erklärte ihrerseits, sie habe aufgrund der Strafanzeigen des BfV wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente auf Netzpolitik.org zunächst lediglich einen Prüfvorgang angelegt. Sie sah bei Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl und Autor André Meister einen Verdacht des Landesverrats, weil sie Verfassungsschutz-Informationen veröffentlicht hatten.

Der Obmann von CDU/CSU im Bundestags-Innenausschuss, Armin Schuster, wies Rücktrittsforderungen gegen Range zurück. Er sagte dem Sender MDR Info, als Leiter einer wichtigen Sicherheitsbehörde habe Range einen relativ kleinen Ermessensspielraum. "Wenn der Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine Anzeige stellt, dann sehe ich für ihn (Range) eigentlich gar keine Chance als zunächst einmal Ermittlungen aufzunehmen (...) von Amts wegen."

"Seltsam ist es schon"

Der CSU-Innenexperte Michael Frieser äußerte hingegen Unverständnis über das Vorgehen Ranges. Er sagte im RBB-Inforadio, entscheidend sei, ob Geheimnisverrat oder Landesverrat begangen wurde. "Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, die nicht ganz einfach zu beantworten ist. Aber seltsam ist es schon, wenn jemand ein Verfahren einleitet, sich dieser Frage nicht bewusst ist und es jetzt dann ruhen lässt. Also entweder er stellt ein oder er führt weiter."

Netzpolitik.org bekommt 50.000 Euro Spenden

Seit Bekanntwerden der Ermittlungen hat das Internetportal derweil rund 50.000 Euro an Spenden erhalten. "Damit sind wir jetzt schon einigermaßen abgesichert, auch um den Rechtsweg beschreiten zu können", sagte der "Netzpolitik"-Begründer und Chefredakteur Markus Beckedahl der "Berliner Zeitung". Im ganzen letzten Jahr habe die Plattform knapp 180.000 Euro an Spenden eingenommen.

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