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Ströbele stellt G20-Polizisten an den Pranger


Zoff mit de Maizière bei "Dunja Hayali“
Ströbele stellt G20-Polizisten an den Pranger

David Heisig

13.07.2017Lesedauer: 4 Min.
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Hayali mit de Maizière und Ströbele (von links). Zwischen dem Innenminister und dem Grünen krachte es ordentlich.Vergrößern des Bildes
Hayali mit de Maizière und Ströbele (von links). Zwischen dem Innenminister und dem Grünen krachte es ordentlich.

Auch die zweite Runde des ZDF-Talks von Dunja Hayali drehte sich um den G20-Gipfel. Diesmal die Reflexion. Platz zum thematischen Durchatmen blieb nicht.

Die Gäste

  • Sirin Sak, Journalistin
  • Thomas de Maizière (CDU), Bundesinnenminister
  • Hans-Christian Ströbele (B‘90/Die Grünen), Bundestagsabgeordneter
  • Bernd Bürger, Bereitschaftspolizist
  • Luc Walpot, Leiter des ZDF-Studios in Istanbul
  • Mustafa Yeneroğlu, AKP-Politiker

Der emotionale Einstieg

Es musste der Moderatorin wie ein Déjà-Vu scheinen. Vor einer Woche noch hatte sie über Sinn und Grenzen des G20-Protests diskutiert. In dieser Sendung mussten die Scherben des G20 Gipfels diskursiv aufgekehrt werden. Keiner konnte erahnen, welche Auswüchse die Gewalt linker Chaoten annehmen würde. Zunächst versteckt zwischen friedlichem, demokratischen Protest, später dann hemmungslos entladen. Auch Hayali hatte es nicht geahnt. Sie hatte noch mit linken Demonstranten gesprochen und vor dem Gipfel den Eindruck geteilt, die Polizei in Hamburg gehe teils vehement gegen Demonstranten vor. Hamburg habe „ziemlich viel verändert“, lautet ihr Fazit. Nachher sei man schlauer, „das weiß ich jetzt auch“, so Hayali.

Der zweite Blick auf die Hansestadt und auf die Betroffenen wirkte fair und rührte die Zuschauer an. Traumatisierte Menschen, eine weinende Frau, eine Polizistin unter Schock. Der Bereitschaftspolizist Bernd Bürger berichtete eindringlich von seinem Einsatz, von fliegenden Steinen und Plünderungen.

Eindeutige Fronten bei Dunja Hayali

Auf der Couch de Maiziere als Hardliner, Ströbele als „Urgestein des linken Protests“. Polarisierender hätte der Diskussionsaufbau nicht sein können. Ob Hamburg aufgrund der bekannten linksautonomen Szene nicht der falsche Ort für den G20-Gipfel gewesen sei, eröffnete Hayali den Reigen. De Maiziere verneinte vehement. Das Argument könne nicht gelten. „Das wäre ja schon die Kapitulation des Rechtsstaats an sich“, so der Minister. Die Verantwortung für die Gewalt liege allein bei den "Chaoten".

Hayali bohrte nach: Ob die Polizei mehr für den Schutz der Gipfelteilnehmer getan habe, als für den Schutz der Hamburger Bürger. Wieder ein vehementes Nein des Innenministers. Die Gewalt habe sich nicht gegen „die da oben“, die Politiker, den Kapitalismus, sondern gegen ganz normale Bürger gerichtet, so der CDU-Mann. Die Polizei habe ganz erhebliche Fehler gemacht, konterte Ströbele. „Mit Brachialgewalt“ sei man schon früh in Demonstrationen „hineingegangen“. Für Ströbele „unverhältnismäßig“.

Das war der Aufreger der Abends

Statt zu deeskalieren, habe man einen Krieg gegen die Demonstranten geführt, so der Grünen-Politiker. „Das verschlägt mir ja die Sprache“, antwortete de Maiziere. Die Vermummten von anderen Demonstranten zu trennen, sei die rechtliche Aufgabe der Polizei gewesen. Es sei absurd, der Polizei vorzuwerfen, sie habe durch die Erfüllung ihrer Pflicht eine weitere Eskalation begründet, echauffierte sich der Minister. Ströbele geriet schnell in die Defensive, brachte diffuse Argumente, Geschichten, die er gehörte habe. Etwa habe ein Hauseigentümer die Polizei im Vorfeld gewarnt, eines seiner Häuser könne von "Chaoten" als Kampfbasis genutzt werden. Diese habe darauf nicht reagiert. Das sei fahrlässig gewesen.

Ströbele gelang es nicht, eine klare Trennlinie zu ziehen. Natürlich sei das Werfen von Molotow-Cocktails eine Straftat. Darauf folgte jedoch kein Punkt, sondern ein Aber. Es seien von der Polizei Fehler gemacht worden. Für de Maiziere ein gefundenes Fressen. Ströbele könne Einsätze „wohl perfekter als die Polizei“ koordinieren, nahm er ihn auf die Schippe.

Kern der Diskussion: Auf dem linken Auge blind?

Hayali ging es im Kern um die Frage, ob die Politik auf dem „linken Auge“ blind sei. De Maiziere verneinte natürlich. Rechtsextremismus könne man anhand von Tabus identifizieren. Bezüglich Linksextremismus ginge das nicht. Da gebe es Ausfransungen zwischen ehrenwerten linken Positionen und Extremismus. Abhilfe schaffen solle eine europaweite Extremismusdatei. Ströbele regte sich auf: „Warum erzählen sie den Leuten so was?“, fragte er den CDU-Mann, solche Dateien gebe es schon längst.

Moderatorin Hayali wollte dagegen wissen, warum Ströbele nicht den versteckten Vorwurf des Ministers zu kontern versuche: die Linken distanzierten sich nicht klar von Gewalt. „Das ist doch Quatsch“, so Ströbele. Klar belegen konnte er das jedoch nicht. Ströbele ziehe sich auf naive Positionen zurück, folgerte de Maiziere.

Und sonst noch? Hayali brach mit dem Konzept der drei Themen

Kein Boulevard, kein Infotainment. Hayali brach mit dem Konzept der drei Themen in einer Sendung, von dem zumindest eines auch ein wenig Leichtigkeit besitzt. In der zweiten halben Stunde sollte es nämlich um die Türkei gehen. Besser gesagt um die gebetsmühlenartige Lobpreisung des türkischen Präsidenten Recep Erdogan durch dessen Parteifreund Yeneroğlu. Es sei ein Skandal, „dass ein Freund in Deutschland Redeverbot bekommt“.

Die deutsche Politik zeichne ein verzerrtes Bild der Türkei. Kritik in der Sendung am türkischen Konsulatsunterricht an deutschen Schulen wurde „als typisches Beispiel der Dämonisierung“ abgetan. Wie es denn mit dem Respekt der anderen Seite aussehe, wenn man immer wieder Nazi-Vergleiche ziehe, hakte Hayali ein. Der AKP-Politiker konterte da nur mit Kopfschütteln und Dazwischen-Schimpfen. Im Studio stockte manchem ob solch verbohrter Argumentationslinien der Atem. Geübte Talkshow-Seher hatten die Yeneroğlu-Platte schon zu oft gehört.

Moderatorinnen-Momente

Hayali steuerte ihr Talk-Schiff durch Wellen, die so manch anderen Kahn hätten kentern lassen. Ihr passierte das nicht, weil sie eines in 60 Minuten immer blieb: cool und entspannt. Und dass, obwohl auf der Couch keine Kinder von Traurigkeit saßen. Sie schaffte das mit ihrer entwaffnenden Art, auch bohrende Fragen charmant zu stellen. Oder fast gestellt zu haben. Etwa als Yeneroğlu das Verbot der PKK in Deutschland „als Symbolpolitik“ bezeichnete. Dem Publikum stockte der Atem. Hayali setzte zu der Frage an, die in der Luft liegen musste: Ob der AKP-Politiker der deutschen Staatsmacht unterstellen wollte, Terrorismus zu unterstützen. De Maiziere ging unfreiwillig dazwischen. Die Türkei müsse zu einem „gewissen Maß an Stabilität“ zurückkehren.

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