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EU-Kommissionschef Juncker geht. Jetzt beginnt der Kampf um sein Erbe


Der Kampf um Junckers Nachfolge beginnt

t-online, RP

04.01.2018Lesedauer: 4 Min.
EU Finance Ministers meetingVergrößern des BildesMargrehte Vestager und Michel Barnier: Sie gelten als Favoriten für die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. (Quelle: Olivier Hoslet/dpa-bilder)
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EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker geht 2019. In Brüssel beginnt schon das Gerangel um seine Nachfolge. Aussichtsreiche Kandidaten: ein Franzose und eine dänische Allzweckwaffe.

Brüssel lacht? Das kommt nicht oft vor. Aber in einigen Amtsstuben im Brüsseler Europaviertel wurde heftig gefeixt, als EU-Kommissionspräsident Juncker im Juli 2016 den EU-Unterhändler für die Brexit-Verhandlungen nominierte: Michel Barnier. Ausgerechnet der Franzose Barnier, der als EU-Kommissar mit Regulierungen des Finanzmarkts die britische Regierung fast in den Wahnsinn trieb. Von 2010 bis 2014 war Barnier als EU-Kommissar für den Binnenmarkt zuständig. Dann holte Juncker den einstigen französischen Europaminister als "Mister Brexit" zurück und verschaffte ihm ein unverhofftes Comeback. Die französische Zeitung "Libération" sieht Barnier, 66, als heißen Favoriten für das Amt des Kommissionspräsidenten. Juncker nämlich hat seinen Abschied für das Jahr 2019 angekündigt. Und schon beginnt der Kampf um sein Erbe.

Ein Blick auf die möglichen Nachfolger:

Christdemokraten: Sie sind auf EU-Ebene in der Europäischen Volkspartei (EVP) organisiert. Einflussreicher Vorsitzender der stärksten Fraktion ist Manfred Weber (CSU). Weber, ein Niederbayer mit liberalen Haltungen, ist der weltläufigste CSU-Politiker seit Franz Josef Strauß. Manche hatten ihm selbst Ambitionen auf Junckers Nachfolge zugetraut. Kommt aber wohl zu früh. Der Mann kann warten, er ist erst 45.

Bleibt die Riege der ehemaligen Regierungschefs. Jyrki Katainen, Vize-Präsident der EU-Kommission, der von 2011 bis 2014 in Finnland regierte oder Valdis Dombrovskis, ebenfalls Vize-Chef der EU-Kommission, der Lettland als Premier durch die Finanzkrise steuert. Katainen? Dombrovskis? Nie gehört. Und da beginnt das Problem. Die beiden Experten aus Nordosteuropa müssten die Christdemokraten in die Europawahl führen. Ihre Expertise ist unbeschritten, aber ihr Charisma eher unterkühlt. Schon das Englisch klingt teilweise wie aus der Eistruhe. Könnte schwierig werden.

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Das erhöht die Chancen von Michel Barnier. Zumal Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Landsmann an der Spitze der Kommission wünscht. Doch auch Barnier gilt als spröde. Legendär sind seine Pressekonferenzen in Brüssel mit verwirrend bunten Grafiken. Zuletzt legte Barnier auch dem Heiligen Vater in Rom eine seiner gefürchteten Charts vor. Stets wiederkehrend in seinen Ansprachen sind seine Formeln. „C’est utile, necessaire et efficace.“ Das ist nützlich, notwendig und wirksam. Eine zu hölzerne Formel für eine EU in schwierigen Zeiten.

Die Sozialdemokraten: Sie nennen sich auf EU-Ebene Sozialisten und Demokraten (S&D). Ihre aussichtsreichsten Kandidaten sind ebenfalls bereits in Brüssel aktiv. Italiens ehemalige Außenministerin Federica Mogherini ist Außenbeauftragte der EU. Ihr Vorteil: Die Islamexpertin kennt sich aus in der Krisenregion Nahost und Afrika. Ihr Nachteil: Die EU-Staaten machen die Außenpolitik lieber alleine, so wie Kanzlerin Angela Merkel beim Flüchtlingsdeal mit der Türkei. Das lässt das Team in Brüssel oft blass erscheinen. Doch hat die agil-energische Mogherini erkennbar Schwung in Europas diplomatischen Dienst gebracht.

Frans Timmermans ist Junckers erster Stellvertreter in Brüssel. Der Erste Vizepräsident der EU-Kommission ist unter anderem für Flüchtlingspolitik sowie Menschen- und Bürgerrechte verantwortlich. Mit Blick auf Polen und Ungarn ein paar Krisenthemen zu viel. Timmermans hat als niederländischer Außenminister 2014 die Krise rund um den Absturz des Passagierflugzeugs MH17 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur durch russische Raketen über der Ukraine gemanagt. Das sicherte ihm hohe Anerkennung. Sein Problem: Er ist Niederländer und deren Credo lautet: Mehr Europa muss nicht sein. Kommt nicht so gut auf links.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici gibt sich links. Hat aber ein Problem. Seine sozialistische Partei in Frankreich liegt in Trümmern. Ohne Hausmacht läuft nix in Brüssel.

Die Liberalen: Sie stellen, je nach Zählart, mindestens sechs Regierungschefs in der EU. Haben aber keines der wichtigen Ämter auf EU-Ebene inne. Das soll sich bei der Juncker-Nachfolge ändern. Hollands Regierungschef Mark Rutte werden Ambitionen nachgesagt. Aber der macht sich wenig Freunde, denn für die Zeit nach dem Brexit positioniert er sein Land schon mal als neuer Bremser in Europa. Am Neujahrstag traf sich Rutte in Wien mit Österreichs Jungkanzler Sebastian Kurz. Der twitterte hinterher, die EU müsse "schlanker werden". Die Abbauparolen kommen nicht überall gut an in Europa.

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So bleibt Margrethe Vestager. Die Frau ist Pastorentochter und seit 2014 EU-Wettbewerbskommissarin. Das klingt zunächst wenig spannend. Aber Vestager, 49, ist die mächtigste Frau in Brüssel. LuxLeaks, Google, VW – immer, wenn es knirscht, muss Vestager ran. In ihrer Heimat Dänemark galt sie als Vorbild für den Polit-Krimi Borgen, in Brüssel gilt sie als Vorbild für entschlossenes Handeln. Einziges Problem: Welches Europa sie will, ist manchen noch unklar.

Fazit: Im Mai 2019 findet die Europawahl statt. Noch ist unklar, ob – wie bei der Abstimmung 2014 – der Wahlsieger auch EU-Kommissionschef wird. Darüber wollen die Staats- und Regierungschefs im kommenden Februar beraten. Dann könnte SPD-Chef Martin Schulz, einer der Urheber dieser Idee, schon deutlich auf dem Weg in die große Koalition sein. Die könnte sich auch in Brüssel anbahnen. Wem das nützt? Dem Christdemokraten Michel Barnier. Seine Partei wird wohl stärkste Fraktion im nächsten Europaparlament.

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