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Flüchtlinge aus Syrien – Özdemir: Nicht von Erdogan erpressen lassen


Flüchtlinge aus Syrien
Özdemir: Nicht von Erdogan erpressen lassen

Von dpa
24.01.2020Lesedauer: 3 Min.
Cem Özdemir: Der Grünen-Politiker warnt beim Thema Flüchtlinge vor einer Erpressung durch die Türkei.Vergrößern des BildesCem Özdemir: Der Grünen-Politiker warnt beim Thema Flüchtlinge vor einer Erpressung durch die Türkei. (Quelle: imago images)
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Der Grünen-Politiker Cem Özdemir hat die EU aufgefordert, sich nicht vom türkischen Präsidenten unter Druck setzen zu lassen. Erdogan benutze die Flüchtlingsfrage als Hebel, um liberale Demokratien zu destabilisieren.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir hat die EU aufgefordert, sich beim Thema Syrien-Flüchtlinge nicht vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip erpressen zu lassen. Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir müssen uns gemeinsam mit unseren EU-Partnern darauf vorbereiten, dass Erdogan im Laufe des Jahres ganz berechnend mehr Flüchtlinge nach Europa schicken wird. Wir dürfen uns nichts vormachen: Erdogan benutzt die Flüchtlingsfrage als Hebel, um liberale Demokratien zu destabilisieren." Für den türkischen Präsidenten sei "ein schwaches Europa eine gute Nachricht". Özdemir fügte aber auch hinzu: "Selbstverständlich muss die EU allen Nachbarstaaten Syriens bei der Versorgung der Flüchtlinge helfen."

Özdemir kritisierte die Kanzlerin Angela Merkel, weil sie ihn nicht auf ihre Reise in die Türkei mitgenommen hat. "Seit ich mich als Abgeordneter 2016 maßgeblich für die Armenien-Resolution eingesetzt habe, war ich aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr in der Türkei", sagte Özdemir der "WELT" und dem Morning Briefing des Journalisten Gabor Steingart. "Es wäre ein starkes Zeichen gewesen, wenn die Kanzlerin mich mitgenommen hätte, ich so ein Teil der Delegation gewesen wäre. Man hätte so Ankara signalisieren können: Wir gehören zwar unterschiedlichen Parteien an, aber lassen uns nicht auseinanderdividieren. Rechtsstaatlichkeit und freie Meinungsäußerung sind für uns als Demokraten nicht verhandelbar."

Merkel reist nach Istanbul

Kanzlerin Angela Merkel beginnt am Freitag (10.30 Uhr Ortszeit) in Istanbul Gespräche mit Erdogan. Thema dürfte dabei auch die Flüchtlingspolitik sein. Erdogan hat wiederholt gedroht, die Grenzen zu öffnen und mehr Flüchtlinge aus Syrien nach Europa zu lassen, sollte er nicht mehr Hilfe bekommen für die Millionen syrischen Flüchtlinge, die die Türkei beherbergt.

Özdemir warnte davor zu glauben, dass "mit einem besonders zuvorkommenden Umgang" Erdogan besänftigt werden könne. "Das genaue Gegenteil ist der Fall." So eskaliere Erdogan den Streit mit dem NATO-Partner Griechenland um Gasvorkommen im Mittelmeer. Auch sei es "skandalös, dass Erdogan - selbst an seiner eigenen Justiz vorbei - willkürlich Leute verhaften und festhalten lässt, ob Deutsche oder Türken. Dies muss Merkel natürlich unmissverständlich zur Sprache bringen."

Nach Auffassung des Bundestagsabgeordneten haben "deutsche Waffen ... unter Erdogan nichts in der Türkei verloren. Und wir müssen die Gefährdung ernstnehmen, die von Erdogan aufgebauten Söldnertruppen in Libyen ausgeht. Das sind dem kriminellen und dschihadistischen Milieu zuzurechnende Söldner, die auf keinen Fall in die EU oder gar nach Deutschland einreisen dürfen sollten."

Umfrage: Bürger beim Thema Flüchtlinge gespalten

Die Bundesbürger sind einer Umfrage zufolge über die Frage gespalten, wie viele Flüchtlinge Deutschland aufnehmen sollte. 42 Prozent der Wahlberechtigten sind der Ansicht, Deutschland solle auch künftig so viele Flüchtlinge aufnehmen wie derzeit, wie aus dem am Freitag im ARD-"Morgenmagazin" veröffentlichten "Deutschlandtrend" hervorgeht. 40 Prozent der Befragten plädieren dafür, weniger Flüchtlinge als derzeit aufzunehmen. Etwa jeder Zehnte (11 Prozent) findet, Deutschland sollte mehr Flüchtlingen Zuflucht gewähren.

Im September 2015 waren 37 Prozent für die Aufnahme gleich vieler Flüchtlinge, 33 Prozent für die Aufnahme von weniger und 22 Prozent für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen. In den ostdeutschen Bundesländern ist der Umfrage zufolge die Forderung nach einer restriktiveren Flüchtlingspolitik ausgeprägter (50 Prozent) als im Westen des Landes (38 Prozent).

Gauck: Nicht am Ende unserer Möglichkeiten

In der Flüchtlingspolitik warnt Alt-Bundespräsident Joachim Gauck vor Alarmismus. "Das Land ist gefestigt genug, um weiter solidarisch zu bleiben", sagte Gauck der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Als 2015 viele Schutzsuchenden nach Deutschland gekommen waren, hatte Gauck gesagt: "Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich." Auf die Frage nach diesen Worten sagte er nun: "Der Satz, den ich seinerzeit als Bundespräsident gesagt habe, gilt immer noch, obwohl ich nicht sehe, dass wir aktuell am Ende unserer Möglichkeiten sind."

Gleichwohl gebe es Ängste, räumte Gauck ein. "Dennoch gibt es diese Spaltung des Landes in diejenigen, die nach wie vor helfend und einladend unterwegs sind, und jene, die davor warnen, dass es zu viel wird. Es sind auch hier Ängste vorhanden, wie in allen europäischen Gesellschaften."

Eine Regierung müsse Zuwanderung steuern können, unterstrich Gauck. "Es ist schlecht für unsere Europäische Union, wenn effektive Grenzkontrollen nicht möglich sind. Ein Land darf festlegen, wie viele Personen es aufnimmt, und darf diejenigen, die keine Bleibeberechtigung erhalten haben, auch zurückweisen", sagte er. "Wenn die Bevölkerung das Gefühl hat, die Regierung sei nicht handlungsfähig, entstehen Frust und die Suche nach einfachen Lösungen. Das ist dann die große Zeit der populistischen Verführer."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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