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Corona: Wer es ernst meint, muss die Pflege-Impfpflicht knallhart durchsetzen


Pflege-Impfpflicht
Es hätte nur eine Möglichkeit gegeben

MeinungEin Kommentar von Lisa Becke

16.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Archiv): Wer ein radikaler Impfgegner sei, müsse sich die Frage stellen, ob er oder sie überhaupt "für den Beruf geeignet war".Vergrößern des Bildes
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Archiv): Wer ein radikaler Impfgegner sei, müsse sich die Frage stellen, ob er oder sie überhaupt "für den Beruf geeignet war". (Quelle: Florian Gaertner/photothek/imago-images-bilder)

Je deutlicher die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird, desto zahn- und sinnloser wirkt das Gesetz. Die Politik muss sich zum Corona-Gipfel einen grundlegenden Fehler eingestehen.

Die Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Mittwoch wird voraussichtlich weitreichende Lockerungen der Corona-Regeln in den kommenden Wochen beschließen. Und dann ist da zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht noch die Formulierung, dass sich die "Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister des Bundes und der Länder in einem intensiven Abstimmungsprozess" befinden – so steht es zumindest in der Beschlussvorlage.

Moment mal, ist das Gesetz und somit der Start zum 15. März nicht längst verabschiedet? So ist es, auch wenn einzelne Bundesländer wie Bayern zunächst ausscherten. Was die Umsetzung dieses Gesetzes jedoch so schwierig macht, ist ein erheblicher Ermessensspielraum.

Denn Gesundheitsämter sollen in jedem Einzelfall abwägen: Wie hoch ist das Risiko, das eine ungeimpfte Person für die Pflegebedürftigen darstellt? Gegen: Wie hoch das Risiko für die Pflegebedürftigen, wenn die ungeimpfte Person dort nicht mehr arbeiten kann – es also gegebenenfalls nicht mehr genügend Personal gibt, um die Versorgung zu gewährleisten?

Pflegemangel ist doch schon längst Realität

Völlig offen ist die Frage: Wie sollen die Gesundheitsämter das leisten und zu einer guten Abwägung kommen? Der Pflegemangel ist doch schon längst Realität, die Branche klagt seit Jahren über chronische Engpässe, die Prognosen sind düster. Die Praxistauglichkeit war damit von Anfang an fraglich.

Für ein solches Gesetz, will man es denn haben, hätte es nur eine Möglichkeit gegeben. Die Politik hätte klar und deutlich sagen müssen: Wir wollen, dass Pflegekräfte geimpft sind, denn wir wollen diejenigen bestmöglich schützen, die von ihnen gepflegt und betreut werden.

Dann muss aber auch klar sein und klar kommuniziert werden: Wer sich nicht impfen lässt, wird seinen Job nicht weiter ausüben können.

Diese Argumentation blitzt beim Bundesgesundheitsminister sogar immer wieder durch. In einem "FAZ"-Interview sagte Karl Lauterbach: "Dass medizinisches Personal wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet und sogar bereit ist, Patienten zu gefährden, kann nicht sein." Deshalb müsse man in Kauf nehmen, dass einzelne Fachkräfte ihre Einrichtungen verlassen, so Lauterbach. Wer ein radikaler Impfgegner sei und trotzdem in der Pflege arbeite, müsse sich die Frage stellen, ob er oder sie überhaupt "für den Beruf geeignet war".

Politik zeigt sich mutlos

Das ist die einzige Argumentation, die für eine Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen Sinn ergibt. Wer es ernst damit meint, muss diese jedoch genau so umsetzen, ohne Hintertür, ohne Ermessen. Das bedeutet auch – und das ist ganz logisch – in Kauf zu nehmen, dass manche der Pflegekräfte die Einrichtungen verlassen.

Mit einem solchen Vorgehen hätten auch die Beschäftigten Klarheit gehabt. Und vielleicht hätten sich einige der bislang Ungeimpften doch für die Impfung und gegen den Verlust des Arbeitsplatzes entschieden. Nun aber können ungeimpfte Beschäftigte (die wohlgemerkt in der Minderheit sind) sich vorerst durchmogeln, oder zumindest berechtigterweise darauf hoffen.

Die Politik zeigt sich mutlos. Sie eiert herum, lässt sich von dem Argument der Versorgungsengpässe und des Pflegemangels treiben. Versucht alles zu haben, den ultimativen Kompromiss. So entstand ein Gesetz, das auf ein Abwägen abzielt. Ob es jemals Wirkung entfalten wird, ist fraglich.

"Irgendwann mal über ein Betretungsverbot sprechen"

Symbolcharakter hatten dabei die Ergebnisse der Gesundheitsministerkonferenz der Länder. Die sind sich zwar offenbar "weitgehend" einig, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht in einem gestuften Verfahren umgesetzt werden soll. Alles seien aber Einzelfallentscheidungen, sagte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Petra Grimm-Benne (SPD), am Montag.

"Für eine Übergangszeit" solle ein nicht geimpfter Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden, wenn die Arbeitgeber oder Gesundheitsämter die Gefährdung der Versorgung annähmen. Doch was heißt das? Wann wird der nicht geimpfte Arbeitnehmer dann nicht mehr weiterbeschäftigt? Wenn es keinen Personalmangel in der Pflege mehr gibt? Das wird ein langes Warten.

Grimm-Benne: "Wir sagen, wenn alle Punkte geklärt sind, dann muss man auch irgendwann mal über ein Betretungsverbot sprechen, wenn keine anderen Gründe vorliegen."

"Irgendwann mal", darüber "sprechen" – na dann. So wird die einrichtungsbezogene Impfpflicht ein Gesetz mit reinem Symbolcharakter.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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