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Landtagswahl Schleswig-Holstein: Ein neuer Freund für Friedrich Merz


Wahl in Schleswig-Holstein
Was für eine Ironie

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

08.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Sieg in Schleswig-Holstein: Daniel Günther äußert sich über mögliche Koalitionen. (Quelle: Reuters)

Daniel Günthers CDU wird mit Abstand stärkste Kraft in Schleswig-Holstein, die SPD stürzt ab. Nur was bedeutet das? Drei Thesen zur Wahl.

Der Neue wird der Alte sein: Daniel Günther hat seine CDU mit Abstand zur stärksten Kraft in Kiel gemacht und kann Ministerpräsident in Schleswig-Holstein bleiben. Er wird mit mehr als 40 Prozent sogar der erfolgreichste Regierungschef der Union sein. In Bayern holte die CSU zuletzt nur 37,2 Prozent und die CDU in Sachsen-Anhalt 37,1 Prozent.

Statt ein Jamaikabündnis mit zwei Koalitionspartnern genügt Günther jetzt ein einziger Partner. Denn für ein Bündnis mit den Grünen reicht es deutlich, für eine ungeliebte große Koalition mit der SPD auch.

Und sogar ein Bündnis allein mit der FDP oder mit dem Südschleswigschen Wählerverband funktioniert. Daniel Günther hat einige Optionen. Doch was bedeutet sein Erfolg?

1) Wie schnell aus Feinden doch Freunde werden können

Die Politik schreibt manchmal ironische Geschichten, und eine dieser Geschichten handelt heute von Daniel Günther und Friedrich Merz. Günther und Merz nämlich, da tritt man keinem der beiden zu nahe, sind eigentlich nicht die besten Freunde.

Der inzwischen ziemlich liberale Günther, den manche in der CDU "Genosse Günther" nennen, war zuletzt sogar immer wieder ganz offen Gegenspieler des betont konservativen Merz. Feind beschrieb ihr Verhältnis zeitweise besser als Freund.

Als Merz der damaligen Kanzlerin Angela Merkel Ende 2019 "mangelnde Führung" vorwarf, verteidigte Günther sie und wurde vergleichsweise persönlich: Das sei eine "Debatte, die von älteren Männern geführt wird, die vielleicht nicht ihre Karriereziele erreicht haben in ihrem Leben".

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Daniel Günther, der derzeit beliebteste Ministerpräsident Deutschlands, hat in Schleswig-Holstein nun einen ziemlich fulminanten Wahlerfolg erzielt. Und mit diesem Wahlerfolg hilft er ausgerechnet Merz, dem "älteren Mann", der eines seiner Karriereziele inzwischen doch noch erreicht hat: CDU-Chef zu werden nämlich. Gegen den Willen Günthers übrigens.

Und trotzdem kann Merz diesen Erfolg seines Nicht-gerade-Freundes sehr gut gebrauchen. Er schafft es zwar in Berlin immer wieder, der Ampelregierung auf die Nerven zu gehen und sich selbst in Pose zu werfen. Bislang hat er die CDU dadurch aber auf Bundesebene lediglich ein oder zwei Prozentpünktchen vor die SPD befördert.

Was dann doch weniger ist, als mancher von einem wortgewaltigen Oppositionschef erwartet hätte. Auch weil die vielen Krisen der Ampel – ob selbst verschuldet wie das Impfpflichtdesaster oder putinverschuldet wie der Krieg gegen die Ukraine – genug Anlass für Kritik bieten.

Der Wahlerfolg in Schleswig-Holstein ist nach der verlorenen Bundestagswahl und dem Desaster bei der Saarland-Wahl nun endlich mal wieder etwas Zählbares für die CDU – und damit für Merz.

2) Kompetenz reicht nicht

Die SPD holt in Schleswig-Holstein ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Das kommt nicht wirklich überraschend, weil es sich in den Umfragen abgezeichnet hatte. Bitter ist es trotzdem. Und nach dem deutlichen Erfolg von Anke Rehlinger für die SPD im Saarland vor wenigen Wochen ist es zudem erklärungsbedürftig.

Klar, das persönliche Ansehen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Ukraine-Krieg ein bisschen gelitten. Den Sozialdemokraten im Saarland hat er wohl etwas mehr helfen können als denen in Schleswig-Holstein. Doch das erklärt längst nicht alles, eher sogar den geringsten Teil.

Im Saarland ist die SPD mit Anke Rehlinger angetreten, die schon Superministerin war und sich weithin bekannt und beliebt gemacht hatte. In Schleswig-Holstein war die SPD in der Opposition. Und hat ein Experiment gewagt, das nun gescheitert ist: Statt der Landesvorsitzenden Serpil Midyatli machten sie einen im Land nahezu komplett Unbekannten zum Spitzenkandidaten, der erst vor zwei Jahren von den Grünen zur SPD gewechselt war: Thomas Losse-Müller.

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Losse-Müller war von seinem Glück selbst überrascht, wie er offen zugab. Was man sympathisch finden kann, aber offensichtlich kein Erfolgsrezept ist. Die SPD versuchte ihn als den Kompetenten zu inszenieren. Den Kandidaten, der weiß, wie die riesigen Zukunftsaufgaben zu meistern sind, besonders die Energiewende, die in Schleswig-Holstein noch mehr als andernorts nicht zuletzt eine Wirtschafts- und Jobfrage ist.

An seiner Kompetenz zweifelt auch kaum jemand, der ihn kennt. Losse-Müller war Investmentbanker in London, hat für die Weltbank in Washington gearbeitet und in Schleswig-Holstein schon als Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei. Er weiß also, wie das funktioniert: regieren.

Nur ist ein "Er könnte das" offensichtlich kein gutes Argument, wenn niemand weiß, wer "er" denn überhaupt ist.

3) Die Scholz-Probe kommt erst noch

Und was heißt das jetzt alles für den Bund? Besonders für Kanzler Olaf Scholz? Ja, nun: Nicht ganz so viel, ist wohl die ehrliche Antwort. Dafür war das Duell zwischen dem beliebtesten Ministerpräsidenten Deutschlands, Daniel Günther, und dem vielleicht unbekanntesten Herausforderer, Thomas Losse-Müller, einfach ein zu ungleiches.

Zumal Ende März eben noch die Wahl im Saarland war, wo Anke Rehlinger für die SPD gegen den Amtsinhaber Tobias Hans von der CDU sogar eine absolute Mehrheit holte. Triumph im Saarland, Desaster in Schleswig-Holstein. Und das alles, während sich die SPD bundesweit in den Umfragen zwischen beiden Wahlen praktisch gar nicht von der Stelle bewegt hat.

Der Unterschied zwischen Triumph und Niederlage lag also ganz offensichtlich vor allem in den Ländern selbst.

Natürlich wird Schleswig-Holstein den Kanzler, der ohnehin wegen seiner Politik im Ukraine-Krieg unter Druck steht, noch ein bisschen mehr unter Druck setzen. Dafür wird im Zweifel Friedrich Merz persönlich sorgen, so funktioniert Politik nun mal.

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Die eigentliche Scholz-Probe, die erste echte Abrechnung, aber kommt erst noch. Und zwar am nächsten Sonntag. Dann wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Und dort ist die Ausgangslage so ausgeglichen, wie es bei Wahlen nur sein kann.

Amtsinhaber ist Hendrik Wüst von der CDU, der aber selbst erst kürzlich von Armin Laschet übernommen hat, als der Bundeskanzler werden wollte. Herausforderer ist Thomas Kutschaty von der SPD, langjähriger Landesjustizminister. In Umfragen liegen CDU und SPD ungefähr gleichauf, mit leichten Vorteilen für die regierende CDU.

Zwei neue, mehr oder weniger bekannte Politiker also, die darum konkurrieren, Deutschlands einwohnerstärkstes Bundesland zu regieren: die viel zitierte Herzkammer der Sozialdemokratie Nordrhein-Westfalen. Spätestens da zählt es auch für Olaf Scholz.

Verwendete Quellen
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