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Irak: Deshalb sollte die Bundeswehr in dem Land bleiben


Wird die Mission verlängert?
Warum die Bundeswehr im Irak bleiben sollte

MeinungEin Gastbeitrag von Lucas Lamberty (KAS)

Aktualisiert am 14.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Ein Bundeswehrsoldat bildet kurdische Kämpfer im Nordirak aus (Archivbild): Der Bundestag debattiert über die Verlängerung der Bundeswehr-Mission. (Quelle: John Moore/getty-images-bilder)

Seit 2014 engagiert sich die Bundeswehr im Irak. Das ist nicht nur für das Land immens wichtig – sondern auch für unsere Sicherheitsinteressen.

Der Deutsche Bundestag debattiert an diesem Freitag über die Verlängerung des Mandats für den Einsatz der Bundeswehr im Irak. Seit dem überfallartigen Vorstoß des sogenannten Islamischen Staates (IS) in Syrien und Irak im Jahr 2014 engagiert sich Deutschland für die Stabilität des Landes.

Ein wichtiger Bestandteil des deutschen Engagements ist der Einsatz der Bundeswehr, die seit 2015 im Irak ist. So unterstützen unsere Soldaten in Erbil, Bagdad und auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Asad die Sicherheitskräfte des Landes im Kampf gegen den IS und tragen zur Stärkung des irakischen Staates bei.

Naher Osten bleibt eine sicherheitspolitische Herausforderung

Seit dem 24. Februar 2022 beherrschen der Blick gen Osten und die Frage des deutschen Engagements in der Ukraine die sicherheitspolitische Diskussion hierzulande. So richtig die Unterstützung zur Verteidigung der Ukraine im völkerrechtswidrigen Krieg Russlands auch ist, so wichtig ist es auch, unsere südliche Nachbarschaft nicht zu vergessen.

Die Krisen im Nahen und Mittleren Osten – allen voran der syrische Bürgerkrieg und der Islamische Staat – sind zwar aus unserer Medienberichterstattung verschwunden. Sie prägen aber weiterhin eine Region, die durch Aufruhr und Instabilität eine Herausforderung für deutsche Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik ist.

(Quelle: privat)

Der Gastautor:

Lucas Lamberty ist bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung neuer Leiter des Länderbüros Irak, das sich gerade im Aufbau befindet. Bereits von 2016 bis 2018 beschäftigte er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Auslandsbüro Syrien/Irak der Stiftung mit Sitz in Beirut intensiv mit den Entwicklungen in dem Land.

Es ist daher notwendig, dass sich Deutschland auch weiterhin vor Ort engagiert. Dazu gehört die Verlängerung des Mandats zum Bundeswehreinsatz im Irak. Das territoriale "Kalifat" des sogenannten Islamischen Staates in Syrien und Irak konnte zwar zerschlagen werden, doch die Terrororganisation verfügt weiterhin über Strukturen und Zellen in beiden Ländern.

Druck auf den IS muss hoch gehalten werden

Nach UN-Schätzungen befinden sich noch bis zu 10.000 IS-Kämpfer in Syrien und im Irak. Damit ist der IS weiterhin in der Lage, Anschläge im Irak zu verüben, und bleibt nicht nur eine Gefahr für die Stabilität des Landes, sondern auch für uns in Deutschland und Europa. Umso wichtiger also, dass die irakischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Partner der internationalen Anti-IS-Koalition – darunter auch Deutschland – den Druck auf den IS hochhalten.

Das deutsche Engagement vor Ort ist aber auch deshalb wichtig, da die Lage im Irak fünf Jahre nach der territorialen Zerschlagung des IS immer noch durch große Herausforderungen gekennzeichnet ist. Zum einen bedarf es weiterhin dem Wiederaufbau von Infrastruktur, der Rückführung von Binnenvertrieben und dem Schutz von Minderheiten wie den Jesiden. Zum anderen muss das rasante Bevölkerungswachstum im Irak langfristig abgefedert und den vielen jungen Irakern wirtschaftliche Perspektiven gegeben werden.

Iraker gehören zu den größten Asylbewerbergruppen

Mit etwa 40 Millionen Einwohnern ist der Irak heute das drittgrößte Land der arabischen Welt. Bis 2030 wird diese Zahl auf 50 Millionen steigen, bis 2050 soll sie sich verdoppeln. Gleichzeitig stieg der Druck auf den Migrationsrouten aus dem Süden nach Europa diesen Sommer wieder. Bis Ende August wurden rund 115.000 neue Asylanträge registriert – ein Drittel mehr im Vergleich zum Vorjahr. Zu den größten Asylbewerbergruppen gehören weiterhin Syrer, Afghanen und – Iraker.

Es ist deshalb im Interesse Deutschlands und Europas, diesem durch eine erfolgreiche Bekämpfung von Fluchtursachen entgegenzuwirken, wobei das deutsche Engagement in Syrien und Afghanistan aus bekannten Gründen äußerst eingeschränkt ist. Damit kommt dem Irak eine Schlüsselrolle zu.

Demokratie steckt noch in den Kinderschuhen

Die wirkungsvolle Bekämpfung von Fluchtursachen setzt dabei stabile politische Verhältnisse voraus. Innenpolitisch ist die Lage im Irak auch heute wieder von Turbulenzen geprägt. Seit den Wahlen im Oktober 2021 konnte noch keine neue Regierung gebildet werden. Im Juli kam es zur vorübergehenden Erstürmung des Parlaments, Ende August zu einer Gewalteskalation in der "Grünen Zone" – dem Regierungsviertel in Bagdad.

Doch trotz dieser negativen Schlagzeilen gibt es auch positive Entwicklungen. So verfügt das Land über eine gewachsene Zivilgesellschaft und eine große Meinungspluralität und -freiheit – ein merklicher Unterschied zu anderen Staaten der Region.

Daran müssen Deutschland und Europa anknüpfen. Die Demokratie im Irak ist jung und steckt noch in den Kinderschuhen. Wir sollten den Irak weiter dabei begleiten, eine stabile Demokratie aufzubauen. Dabei geht es insbesondere um die Stärkung von staatlichen Institutionen. Diese Unterstützung ist von irakischer Seite gewünscht – zumal Deutschland im Gegensatz zu anderen westlichen Staaten über keine belastete Geschichte im Land verfügt. Wir können hier – auch mit Blick auf unsere eigenen historischen Erfahrungen – einen wichtigen Beitrag leisten.

Engagement ist in unserem strategischen Interesse

Eine Stabilisierung der südlichen Nachbarschaft ist auch vor dem Hintergrund der Sicherung der Nato-Südflanke relevant, die an der südlichen Grenze der Türkei beginnt. Dem kommt gerade mit Blick auf die aktuellen geopolitischen Unsicherheiten und Herausforderungen eine gestiegene Bedeutung zu. In Syrien dominieren heute Russland und der Iran. Im Irak konkurrieren die Regionalmächte Türkei, der Iran und die Golfstaaten um Einfluss.

Während sich die USA zunehmend von der Region abwenden, drängt China in das Vakuum, das Washington hinterlässt. Der Irak war im letzten Jahr das Land mit den zweitmeisten chinesischen Investitionen, die Peking im Rahmen seiner Belt-and-Road-Initiative getätigt hat. Mit Blick auf die geografische Nähe darf es Deutschland und Europa nicht egal sein, was in seiner Nachbarschaft passiert. Es ist also in unserem strategischen Interesse, uns weiter vor Ort zu engagieren.

Dem allen sollten wir mit Blick auf unsere zukünftige Ausrichtung Rechnung tragen. Es geht um direkte deutsche und europäische Interessen in einer Region, mit der wir immer verbunden sein werden und deren Stabilisierung eine maßgebliche Rolle zukommt. Die Verlängerung des Irak-Mandats kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinungen der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

Verwendete Quellen
  • Gastbeitrag von Lucas Lamberty
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