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Pannengewehr G36: Bundeswehr hat diese Alternativen


Ausgemustertes Sturmgewehr
Bundeswehr braucht dringend Alternative für G36

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 09.09.2015Lesedauer: 4 Min.
Das HK417 von Heckler & Koch: Auf dieser Waffe basiert das neue G27P, von dem die Bundeswehr schon 600 Stück bestellt hat.Vergrößern des BildesDas HK417 von Heckler & Koch: Auf dieser Waffe basiert das neue G27P, von dem die Bundeswehr schon 600 Stück bestellt hat. (Quelle: Reuters-bilder)
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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat entschieden, rund 167.000 G36-Sturmgewehre wegen Präzisionsproblemen loszuwerden. Der Ersatz lässt sich nicht kurzfristig beschaffen. Deshalb sollen übergangsweise 600 Sturmgewehre vom Typ G27P und weitere 600 des leichten Maschinengewehrs MG4 gekauft werden.

Auch diese Gewehre stammen von Heckler & Koch. Die Opposition hatte dem Ministerium deswegen vorgeworfen, sich von dem Hersteller abhängig zu machen.

Wohl auch deswegen betont von der Leyen nun, dass es ein "offenes und transparentes Ausschreibungsverfahren" geben werde. In einem Schreiben ihrer Staatssekretärin Katrin Suder an den Verteidigungsausschuss des Bundestags heißt es: "Ziel ist es, ein möglich breites Anbieterspektrum zu erreichen." Heckler & Koch wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf, das G36 sei mangelhaft.

Ein Gewehr kostet 1000 Euro

Das neue Standardgewehr der Bundeswehr soll deutlich besser sein als das Vorgängermodell. Ein Katalog mit den Anforderungen an die neue Waffe wird bis Mitte November fertiggestellt.

Wie viele Gewehre angeschafft werden, ist ebenso unklar wie die Kosten. Es werden aber wieder viele Zehntausend sein. Für das G36 wurden insgesamt 182 Millionen Euro ausgegeben. Ein Gewehr kostet etwa 1000 Euro.

Könnte es nach Ende der Ausschreibung also sein, dass Bundeswehrsoldaten künftig mit Gewehren ausländischer Hersteller schießen? Den Beschaffern im Verteidigungsministerium stehen verschiedene Optionen offen. Doch die sind nicht immer unproblematisch.

Veraltete Waffen bei Armeen keine Seltenheit

Die reguläre Nutzungszeit des G36 hätte 2016 enden sollen - ein Nachfolger hätte also schon längst bestellt werden müssen. Dass das nicht so einfach ist und auch andere Länder mit veralteten Waffen arbeiten, zeigen etwa Frankreich und Großbritannien.

Die französische Armee benutzt seit 1975 das FAMAS-Sturmgewehr. Die Waffe ist dem G36 in Gewicht und verwendeter Munitionsart ähnlich und wird weltweit eingesetzt. Die FAMAS kann jedoch keine Messinghülsen verwenden, sondern verschießt lediglich Patronen in Stahlhülsen. Die wiederum unterstützen zahlreiche Nato-Staaten nicht, weshalb die französische Armee seit Mai 2014 nach einem Nachfolger sucht.

Ganz ähnlich sieht es bei der britischen Armee aus: Hier wird seit 1984 das SA-80 verwendet, das im Wüsteneinsatz nur schlecht funktioniert. Im Zweiten Golfkrieg griffen britische Soldaten deshalb sogar auf Vorgängermodelle zurück. Das Verteidigungsministerium in London lässt die Waffen daher seit 2001 umrüsten: Heckler & Koch modernisiert rund 200.000 SA-80-Gewehre für 125 Millionen Euro.

Die von der US-Armee verwendeten M16-Sturmgewehre sowie die Kompaktversion M4 sind dagegen erprobt. Sie verschießen Nato-Standardmunition (Kaliber 5,56 x 45 mm) und liegen jeweils in überarbeiteten Versionen vor - Kinderkrankheiten sind damit aber nicht automatisch beseitigt. So hat das M4 in einem Staub- und Sandtest deutlich schlechter als Konkurrenten abgeschnitten.

Spezialeinheiten der US-Armee und auch die Elitesoldaten des deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK) benutzen deshalb eine Waffe von Heckler & Koch, die auch als G36-Ersatz denkbar wäre: Das Sturmgewehr HK416 A5. Es hat seine Zuverlässigkeit in Tests bewiesen und soll in den USA langfristig auch das M4 ersetzen.

Moderne Entwicklungen sind teuer

Als eher unwahrscheinlich gilt ein Kauf russischer Waffen: Das russische AK 74 ist veraltet und verschießt keine Nato-Standardmunition. Die Weiterentwicklung AN 94 ist zwar moderner, darf im Gegensatz zu anderen Waffen aber nicht aus Russland exportiert werden. Geeigneter wäre die israelische Version der Kalaschnikow: Das Galil-Sturmgewehr verschießt Nato-Munition und wird von Militärs weltweit gelobt. Doch auch die Galil ist seit 1974 im Einsatz und damit eher ein Oldtimer.

Moderne Sturmgewehre wie das FN SCAR oder das Bushmaster ACR, die beide bereits von US-Spezialeinheiten verwendet werden, sind dagegen teuer in der Anschaffung und daher keine Alternative zum verhältnismäßig günstigen G36. Das gilt auch für das israelische Tar 21, das derart kostenintensiv ist, dass nur wenige israelische Spezialeinheiten die Waffe verwenden dürfen.

Vielleicht lohnt deshalb der Blick nach Österreich: Der Nachbarstaat verwendet seit den Achtziger Jahren das Steyr Aug, mittlerweile liegt das Gewehr in der dritten Generation vor. Die Modellvielfalt ist groß, von Australien bis Luxemburg wird das Sturmgewehr weltweit verwendet.

Letztlich zeigt sich aber vor allem, dass auch andere Armeen mit ihren Gewehren zu ringen haben. Für das Verteidigungsministerium mag das kein Trostpflaster sein, allein steht Deutschland jedoch nicht vor dem Problem.

Alte G36 werden wohl nicht verschrottet

Und eine weitere Frage stellt sich nun ebenfalls: Was passiert mit den ausgemusterten G36? Ein großer Teil wird wahrscheinlich zunächst in den Arsenalen der Bundeswehr verschwinden. Verkaufen und Verschenken sind auch Optionen. So hat die Bundeswehr schon 8000 G36 an die Kurden im Irak für ihren Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kostenlos abgegeben.

Das G36 ist ein Sturmgewehr, das zwar Dauerfeuer abgeben kann, für längeres Dauerfeuer im Einsatz aber nicht konstruiert ist. Außerdem ist die Frequenz des Dauerfeuers lange nicht so hoch wie bei einem Maschinengewehr - und das Magazin ist dann relativ schnell leer. Für echtes Dauerfeuer gibt es die schwereren Maschinengewehre mit Munitionsbändern.

Das Ministerium hat drei Kommissionen eingesetzt, um die Affäre zu untersuchen. Sie befassen sich mit den Auswirkungen im Einsatz, Organisationsstrukturen bei der Bundeswehr und im Ministerium und möglichen Hinweisen auf Korruption. Die Ergebnisse werden Mitte Oktober vorgelegt.

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