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Frank-Walter Steinmeier: Entscheidung setzt den Plagiatsjägern Grenzen


Politologe zum Fall Steinmeier
Entscheidung setzt den Plagiatsjägern Grenzen

Von t-online
Aktualisiert am 05.11.2013Lesedauer: 2 Min.
Zu Guttenberg (links) und Schavan (rechts) stolperten über ihre Plagiatsaffären - Steinmeier scheint sie überstanden zu haben.Vergrößern des BildesZu Guttenberg (links) und Schavan (rechts) stolperten über ihre Plagiatsaffären - Steinmeier scheint sie überstanden zu haben. (Quelle: dpa-bilder)
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Politologe Tilman Mayer von der Uni Bonn sieht in der Entlastung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier ein wichtiges Signal: "Für die ganze Plagiatsjägerei dürfte damit eine Grenze erreicht sein", sagte er im Gespräch mit t-online.de.

Die Korrektur einer wissenschaftlichen Arbeit sei ausgesprochen komplex. Das gelte auch für die Verfolgung eines Plagiatsvorwurfs, die von Uni zu Uni sehr unterschiedlich behandelt werde. Es fehle ein allgemeiner Leitfaden, um stichhaltig erkennen zu können, ob der Beschuldigte umfassend betrogen hat. "Und das wirft schon die Frage auf, wie das definiert und gemessen werden soll", merkte Mayer an.

Ein Theologe prüft keinen Juristen

"Bei uns in Bonn", gab der viele Arbeiten sichtende Professor ein Beispiel, "darf kein Theologe den Juristen prüfen". Eventuellen Schnellschüssen der Plattform "VroniPlag" sei allgemein mit äußerster Vorsicht zu begegnen. Mayer rechnet nun mit gebremstem Jagdfieber.

Die Uni Gießen hat Steinmeier am heutigen Dienstag von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Er darf den nach seiner 1991 verfassten Jura-Promotion erworbenen Doktortitel behalten. Bemängelt wurden Zitierfehler. Es liege aber weder eine Täuschungsabsicht noch ein wissenschaftliches Fehlverhalten vor.

Plagiatsjäger irrten offenbar

Blamiert ist durch diese Entscheidung der Münsteraner Hochschullehrer und Plagiatsjäger Uwe Kamenz. Er hatte die vermeintliche Affäre um Steinmeier kurz nach der Bundestagswahl ins Rollen gebracht.

Kamenz sprach von "umfangreichen Plagiatsindizien“. Steinmeier nannte die Vorwürfe "absurd" und hatte offenbar Recht. Mayer kritisierte den wegen seiner Methoden in der Wissenschaft umstrittenen Marketing-Professor Kamenz, der selbst am Pranger stehe. Solch eine Prüfung vorzunehmen, könne nur mit einem großen Team gestemmt werden. "Alleine mit solchen Behauptungen aufzutreten, ist ein Anachronismus", so Mayer.

500 angeblich problematische Stellen

Mit Hilfe einer speziellen Computersoftware verglich Kamenz Steinmeiers Arbeit über "Bürger ohne Obdach" mit 95 Quellen und verwies auf 500 Stellen mit angeblich problematischen Übereinstimmungen. Tatsächlich sehe es laut Mayer nun nach Lage der Dinge so aus, dass Steinmeier nach bestem Wissen und Gewissen arbeitete.

"Anders als Guttenberg hat er das ja nicht nebenbei geschrieben, und er plante damals noch nicht den Gang in die große Politik." Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) mussten ihren Hut nehmen, nachdem ihre Täuschung erwiesen war.

Die heutige Entscheidung untermauere aus Mayers Sicht, dass Politiker nicht unter Generalverdacht genommen werden dürften. Jeder Fall sei einzeln zu betrachten. Der Politikwissenschaftler möchte nach persönlicher Einschätzung auch niemandem unterstellen, "mit Vorsatz betrogen zu haben". Wer auch immer sich solchen Vorwürfen ausgesetzt sieht, gehe durch eine Identitätskrise.

Professor Tilman Mayer ist einer der renommiertesten Politikwissenschaftler Deutschlands. Er leitete das Bonner Büro am Institut für Demoskopie Allensbach und lehrt seit 2001 als Professor an der Uni Bonn. Seit 2009 ist er stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft, seit 2010 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Demographie. Seine Spezialgebiete sind die Parteienforschung und Meinungsforschung.

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