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Sebastian Edathy: Infos an SPD-Spitze Sigmar Gabriel verärgert Ermittler


Verdacht gegen Edathy
Ermittler: "Das grenzt an Strafvereitelung"

Von dpa
Aktualisiert am 13.02.2014Lesedauer: 4 Min.
Verdacht gegen Edathy - Kritik an Friedrichs InformationspolitikVergrößern des BildesHans-Peter Friedrich informierte als Innenminister SPD-Chef Gabriel über mögliche Ermittlungen gegen Sebastian Edathy (Quelle: dpa-bilder)
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Die Weitergabe von Informationen im Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy an die SPD-Spitze stößt bei den zuständigen Ermittlern auf heftige Kritik. "Das grenzt an Strafvereitelung", sagte ein Vertreter der Ermittlungsbehörden am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Hannover.

Dass der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober 2013 über den Verdacht im Zusammenhang mit Kinderpornografie gegen Edathy informiert hat, habe die Ermittlungen wohl erheblich behindert. "Wir sind in eine Situation gekommen, in der die Durchsuchungen nicht mehr gegriffen haben", sagte der Vertreter der Ermittlungsbehörden.

Friedrich verteidigt die Weitergabe. Dem Minister sei Ende Oktober von seinem Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche zugetragen worden, dass Edathy bei internationalen Ermittlungen auf einer Namensliste aufgetaucht sei, sagte Friedrichs früherer Sprecher im Innenressort, Jens Teschke.

Dieser Hinweis sei vom Bundeskriminalamt gekommen. Friedrich habe aber nicht erfahren, um welche Art von Verdacht es sich gegen Edathy handele. Der Minister habe nachgehakt, ob es strafrechtliche Vorwürfe gegen den SPD-Politiker gebe. Fritsche habe das verneint.

Für den Staatsrechtler Fabian Wittreck ist das aber keine Entschuldigung. Im Gespräch mit T-online.de sagte er, Friedrich hätte die Informationen nicht herausgeben dürfen. "Ich sehe keinen rechtfertigenden Grund dafür".

Welche Rolle spielte der BKA-Chef

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung aus Sicherheitskreisen wurde der Fall Edathy im Oktober bei einem Treffen des Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, mit dem damaligen Staatssekretär Fritsche im Bundesinnenministerium vertraulich erörtert.

Ziercke habe Fritsche "über einen begründeten Anfangsverdacht wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften" gegen Edathy informiert. Friedrich habe den Fall danach am Rande der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD mit Gabriel besprochen.

Oppermann spricht von Telefonat

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann hatte in einer Erklärung mitgeteilt, dass Gabriel im Oktober 2013 vom damaligen Innenminister Friedrich informiert worden war. Danach habe Gabriel den damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier sowie Oppermann informiert, der zu dem Zeitpunkt 1. Parlamentarischer Geschäftsführer war.

"Ich habe mir diese Informationen im Oktober 2013 in einem Telefonat von BKA-Präsident Jörg Ziercke bestätigen lassen", so Oppermann. Gabriel, Steinmeier und er hätten sich darüber verständigt, die Informationen vertraulich zu behandeln, um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden. "Nach ihrer Wahl habe ich im Dezember 2013 Christine Lambrecht als meine Nachfolgerin als 1. Parlamentarische Geschäftsführerin informiert", so Oppermann.

"Ich habe mit Sebastian Edathy in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt gehabt. Nach seinem Rücktritt habe ich Sebastian Edathy eine SMS mit guten Wünschen für seine weitere Zukunft geschickt. Weiteren Kontakt hatte ich mit ihm nicht", heißt es in Oppermanns Erklärung.

Ziercke weist Angaben zurück

Der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, hat Angaben von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im Fall Edathy zurückgewiesen. Er habe sich in einem Telefonat im Oktober 2013 Oppermanns Ausführungen angehört, dass bei Ermittlungen im Ausland der Name Sebastian Edathy aufgetaucht sei, aber keine Informationen zum Sachverhalt mitgeteilt, teilte Zierke mit.

Bei der Durchsuchung von Wohnungen und Büros von Edathy stellten Ermittler laut übereinstimmenden Medienberichten und Informationen auch der Nachrichtenagentur dpa fest, dass bei Computern Festplatten manipuliert oder gelöscht wurden. Ein Ermittler sagte der "Bild": "Das stinkt zum Himmel, er hat sich generalstabsmäßig auf die Durchsuchungen vorbereitet." Nach Angaben von NDR und "Süddeutscher Zeitung" waren bis auf einen intakten Computer alle anderen Rechner entfernt worden. Auch seien Reste zerstörter Festplatten gefunden worden.

Auch die Staatsanwaltschaft Hannover äußerte sich: Die Weitergabe von Informationen im Fall Edathy könnte möglicherweise ihre Arbeit behindert haben. "Wenn Informationen über mögliche strafrechtliche Ermittlungen durchgestochen werden, ist das stets ein Vorgang, der Ermittlungen einer Staatsanwaltschaft erheblich gefährden kann", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker, der Zeitung "Die Welt". Edathy soll dem Zeitungsbericht zufolge spätestens im Dezember 2013 von einem Verdacht gegen ihn erfahren haben. Zum konkreten Verdacht gegen Edathy äußert sich die Behörde bislang nicht.

Edathy kritisiert Staatsanwaltschaft

Am Montag und Mittwoch waren Wohnungen und Büros Edathys in Niedersachsen und Berlin durchsucht worden. Er hatte daraufhin die Staatsanwaltschaft heftig kritisiert und den Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie zurückgewiesen. "Nach mir vorliegenden Informationen wirft mir die Staatsanwaltschaft ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor", sagte Edathy "Spiegel Online". "Die Durchsuchungen waren nicht nur unverhältnismäßig, sondern stehen im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen. Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft demnächst einräumt, dass die Vorwürfe gegenstandslos sind", sagte der SPD-Innenpolitiker.

Die Staatsanwaltschaft Hannover wies daraufhin die Kritik Edathys zurück. "Wir haben hier ein rechtsstaatliches Verfahren, das sich nicht von Verfahren gegen andere Beschuldigte unterscheidet", sagte Sprecherin Söfker. "Wenn Herr Edathy meint, dass nicht rechtmäßig gegen ihn vorgegangen wurde, dann kann er dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen."

Bereits auf Facebook hatte Edathy zuvor erklärt: "Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr."

Der 44 Jahre alte SPD-Politiker hatte am Wochenende seinen Rückzug aus dem Bundestag bekanntgegeben und gesundheitliche Gründe für diesen Schritt genannt. Wo sich Edathy derzeit aufhält, ist unklar. Unbestätigten Berichten zufolge soll er in Dänemark sein.

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