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Der "Popstar in der Politik": Gregor Gysi wird 70


Gregor Gysi wird 70
Vom Rinderzüchter zum Polit-Popstar

dpa, Jutta Schütz und Basil Wegener

Aktualisiert am 16.01.2018Lesedauer: 3 Min.
Gregor Gysi: Der langjährige Frontmann der Linken wird 70.Vergrößern des BildesGregor Gysi: Der langjährige Frontmann der Linken wird 70. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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Der Mann, der aus dem Osten kam und seit Langem mit politischen Pointen glänzt: Zu seinem runden Geburtstag richten sich viele Augen auf Gregor Gysi. Er und einige Weggefährten kommen in einer Dokumentation über ihn zu Wort.

Er war Mitbegründer der gesamtdeutschen Linken, prominentester Sympathieträger seiner Partei, ist ein pointensicherer Redner und streitbarer Talkshowgast. Seit Jahrzehnten prägt Gregor Gysi die politische Debatte in Deutschland mit. Jetzt wird der langjährige Frontmann der Linken 70.

"Immer mit dem Florett"

Zum Geburtstag gibt es viel Lob – auch aus anderen Parteien. Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) lobt, Gysi habe immer draufhauen können, "aber nie mit dem Säbel, sondern immer mit dem Florett". Der Linke sei nur in der falschen Partei. Für die Grünen-Politikerin und Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth ist Gysi ein "Popstar in der Politik". Beide äußern sich in einem Dokumentarfilm, in dem der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) Stationen des Rinderzüchters, Juristen und Ex-Chefs der Linksfraktion im Bundestag nachzeichnet.

Heute ist Gysi Chef der Europäischen Linken, als einfacher Abgeordneter sitzt er zudem weiter im Bundestag – oben links, sein selbstgewählter Platz. Von da habe er den besten Überblick, sagt er im Film grinsend. Auch nach zwei Herzinfarkten kann Gysi nicht von der Politik lassen. Doch bei den Linken im Bund fanden seine Plädoyers für Kompromisse zugunsten einer rot-rot-grünen Koalition zuletzt im Bundestagswahlkampf immer weniger Gehör.

"Da habe ich den Kapitalismus kennengelernt"

Als ostdeutscher Anwalt verteidigte Gysi DDR-Dissidenten, nach dem Mauerfall war er Vorsitzender der aus der Staatspartei hervorgegangenen SED-PDS, gemeinsam mit Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine bahnte er den Weg zur Linken, die 2007 aus der ostdeutschen Linkspartei und der westdeutschen WASG entstand.

Gysi wuchs in einem für DDR-Verhältnisse ungewöhnlichen Elternhaus auf, Künstler und Schriftsteller gingen ein und aus. Vater Klaus Gysi war unter Walter Ulbricht Kulturminister, später Botschafter in Rom und dann Staatssekretär für Kirchenfragen. Über seine Mutter sagt Gysi in dem MDR-Film: Ihr Stil sei immer adelig gewesen. Sie hätten zu Hause Bridge und Monopoly gespielt – "da habe ich den Kapitalismus kennengelernt".

Lothar de Maizière, Anwaltskollege aus Ostzeiten, erster frei gewählter DDR-Ministerpräsident und CDU-Mitglied, sagt mit sanfter Ironie über Gysi: "Was seine Eitelkeit befriedigt, lässt er raus." Das könne einem schon mal mächtig auf den Keks gehen. Und der aktuelle Linksfraktionschef Dietmar Bartsch gibt zu Protokoll, Gysi schaffe keine 20 Meter, ohne angesprochen zu werden. Bartsch gratulierte Gysi zudem auf Twitter. Er erinnert in dem Tweet an gemeinsame Kämpfe und wünscht ihm ein langes Leben und glückliche Stunden.

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Lange schwelte der Vorwurf, Gysi könnte Mandanten an die Stasi verraten haben. In etlichen Prozessen wehrte er sich dagegen. Er habe nie wissentlich oder willentlich für die Staatssicherheit gearbeitet, betonte der promovierte Jurist immer wieder.

Der Historiker Christian Booß von der Stasi-Unterlagen-Behörde meint in dem Streifen, Gysi sei deutlicher in das DDR-System verstrickt gewesen, als er "das damals hat gucken lassen". Er wollte der Neue sein, als er die SED nach dem Mauerfall umwandelte und so vor dem Untergang rettete. Eine "unbefleckte Empfängnis" habe es aber nicht gegeben, ist Booß überzeugt.

Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) äußert in der Dokumentation der Filmemacher Nicola Graef und Florian Huber die Vermutung, dass es ohne Gysi als Identifikationsfigur die Linken als parlamentarische Gruppierung gar nicht mehr gäbe. Nach Mitgliederzuwachs und Wahlerfolgen in den ersten Jahren lähmten zeitweise Machtkämpfe und unterschiedliche Ansichten der Ost- und der Westlinken die Partei. Auf einem Parteitag 2012 in Göttingen las Gysi seinen Parteifreunden die Leviten: Am Werk sah er "Hass", "Zerstörung", "Arroganz". Als Moderator gelang es Gysi fortan, die Parteilager im Zaum zu halten. Heute müssen andere diese schwierige Aufgabe bewältigen.

Quellen:
– dpa
– Tweet von Dietmar Bartsch

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