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Nicht vor 9 Uhr: Schlafforscher fordern späteren Schulbeginn


Für die Gesundheit der Kinder
Nicht vor 9 Uhr: Schlafforscher fordern späteren Schulbeginn

Von dpa
Aktualisiert am 24.08.2017Lesedauer: 3 Min.
Klassenzimmer mit schlafender SchülerinVergrößern des BildesDer traditionell frühe Schulbeginn kommt nur Frühaufstehern zugute – für alle anderen ist er laut Forschern "absolut kontraproduktiv". (Quelle: Digital Vision/Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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"Grrr, ist das früh": Vielen Schülern graust es vor dem Aufstehen am Morgen. Sollte der Unterricht besser später starten? Schlafforscher fordern das schon lange – bisher vergeblich.

Nach den Sommerferien fangen viele Schüler wieder an zu stöhnen: Früh aufstehen ist angesagt. Vor allem männliche Jugendliche belastet der Unterrichtsbeginn um acht Uhr, sagt Horst-Werner Korf, der Direktor des Senckenbergischen Chronomedizinischen Instituts in Frankfurt. Grundschulkinder kämen hingegen in der Regel sehr gut mit dem frühen Schulstart klar. Doch wann wäre ein geeigneter Zeitpunkt, um morgens die Schulbank zu drücken?

Unterrichtsbeginn noch vor acht Uhr ist "problematisch"

Neun Uhr wäre eine gute Zeit, findet der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), Alfred Wiater. Ein Unterrichtsbeginn noch vor acht Uhr sei "sicherlich problematisch". Und wenn schon, dann solle der Schultag mit Fächern wie Sport, Kunst oder Musik anfangen und nicht gerade mit Mathe oder Physik.

Die biologische Uhr tickt bei Jugendlichen anders

Der Mediziner Korf hat sich der Wissenschaft von der inneren Uhr verschrieben. Die tickt nicht nur bei jedem Menschen anders, sondern kann sich auch im Laufe des Lebens verändern. Häufig passiert das in der Pubertät: "Kleine Kinder sind fast immer Lerchen", sagt Korf. "In der Pubertät werden dann viele zu Eulen." Lerchen stehen früh auf, Eulen bleiben lang wach. Und daran kann man nichts ändern: "Keiner kann auf Dauer gegen seine biologische Uhr leben."

Unterrichtszeiten können Leistungen verschlechtern

Der traditionell frühe Schulbeginn kommt Lerchen entgegen, ist für Eulen aber "absolut kontraproduktiv", sagt Korf. Wenn sie um acht Uhr in der Schule sitzen müssen, bringen sie ein Schlafdefizit mit. "Aber Schlaf ist wichtig für die kognitive Leistung und das Gedächtnis." Bei den Eulen unter den Schülern sei der "Biorhythmus gegenüber dem Sozialrhythmus verschoben". Da besonders postpubertäre Jungs häufig zu den Eulen zählen, könnte das auch ein Grund sein, dass deren schulische Leistungen oft schlechter sind.

In Deutschland beginnt die Schule besonders früh

Der im europäischen Vergleich eher frühe Schulbeginn in Deutschland mache insbesondere Schülern ab der Pubertät zu schaffen, sagt Wiater. Es setze dann ein "Time-Shifting zum Spät-Typen" ein. Dementsprechend kämen viele Jugendliche unausgeschlafen zur Schule.

Eine Studie der Universität Leipzig von 2016 habe jedoch gezeigt, dass schon eine halbe Stunde weniger Schlaf die Leistungsfähigkeit in der Schule um 30 Prozent reduziere. "Wenn wir über eine Bildungsoffensive nachdenken, dann sollte auch der frühe Schulbeginn zur Diskussion stehen", forderte Wiater.

Deutschland braucht eine "neue Schlafkultur"

Deutschland brauche eine "neue Schlafkultur", in der es nicht mehr als bewundernswert gelte, wenn jemand behaupte, mit vier Stunden Schlaf auszukommen. Ein völlig unterschätztes Thema sei auch der Sekundenschlaf am Steuer. Wie oft lese man, dass zum Beispiel ein Lastwagenfahrer ungebremst auf ein Stauende aufgefahren sei.

Laut Studien macht Schläfrigkeit krank

Studien in den USA hätten ergeben, dass Schläfrigkeit doppelt so viele tödliche Verkehrsunfälle verursache wie Alkohol. In der deutschen Unfallstatistik tauche Schläfrigkeit dagegen nur mit einem Anteil von 0,5 Prozent auf. Dies habe damit zu tun, dass man Schläfrigkeit anders als Alkohol nicht messen könne – der Adrenalin-Pegel schnelle nach einem Unfall natürlich hoch, sagte der Schlafforscher Hans-Günter Weeß.

Seine Empfehlung: Wenn man merkt, dass man müde wird, muss man anhalten und entweder eine Viertelstunde schlafen oder Sport treiben, damit der Kreislauf in Schwung kommt. Was dagegen nicht hilft: Fenster runterkurbeln, Cola trinken oder Musik lauter machen.

Prüfungen in der Schule: besser nicht vor zehn Uhr

Chronobiologen fordern schon lange einen späteren Schulstart, "aber es passiert nix", bedauert der Mediziner Korf. Dennoch könnten die Schulen etwas tun, ohne an den Grundfesten zu rütteln. Lehrer könnten zum Beispiel Prüfungen nicht früh am Morgen schreiben lassen, sondern "in einem Zeitfenster, wo beide Typen die gleiche Leistungsbereitschaft haben – das ist etwa zwischen zehn und 10.30 Uhr". Einen Tipp für Eulen hat Korf auch: "Vermeiden Sie blaues Licht am späten Abend: Handy aus."

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