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Dramatischen Folgen von Hurrikan "Ian" – Todeszahlen steigen


Tote und Stromausfälle
Diese dramatischen Folgen hat Hurrikan "Ian" bislang verursacht

Von dpa, t-online, joh

Aktualisiert am 03.10.2022Lesedauer: 6 Min.
Hurrikan "Ian" wütet über South Carolina: Biden ruft Notstand aus. (Quelle: Glomex)
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In den betroffenen Regionen wird nach dem Hurrikan erst langsam deutlich, welche Schäden der Sturm tatsächlich angerichtet hat. Die Folgen sind dramatisch.

Nach dem verheerenden Hurrikan "Ian" steigt vor allem im US-Bundesstaat Florida die Opferzahl. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden bisher rund 80 Todesfälle gemeldet, wie die "New York Times" und der Sender CBS berichteten. Allein im Bezirk Lee County, in dem "Ian" mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde auf Land traf, kamen mindestens 42 Menschen ums Leben, wie Sheriff Carmine Marceno am Sonntag sagte.

Auch nachdem der Wirbelsturm längst weitergezogen war, waren einige Orte in Florida von Überschwemmungen betroffen, weil der Boden kein Wasser mehr aufnahm. Hunderttausende Haushalte blieben weiter ohne Strom.

Der Wirbelsturm verlor am Wochenende weitgehend die Kraft. Ausläufer sorgten an der US-Ostküste bis nach New York für Regenfälle. Bevor er sich abgeschwächt hatte, war "Ian" am Freitag noch als Hurrikan der Stufe eins von fünf auf die Küste von South Carolina getroffen und hatte Sturmfluten mit sich gebracht.

Auf TV-Bildern waren komplett überflutete Straßen und ein teilweise zerstörter Pier zu sehen. Der Bundesstaat sei aber von Todesfällen verschont geblieben, sagte Gouverneur Henry McMaster. Für mehr als 500.000 Haushalte in South und North Carolina sowie Virginia fiel der Strom aus, unter anderem weil umstürzende Bäume die Leitungen durchtrennten. In North Carolina kostete "Ian" auch mit abgeschwächten Winden noch vier Menschen das Leben, wie Gouverneur Roy Cooper sagte.

US-Präsident Joe Biden wird in den nächsten Tagen nach Florida und Puerto Rico fliegen, um sich ein Bild von den Hurrikan-Schäden zu machen. Zunächst werde Biden am Montag in das vom Hurrikan "Fiona" heimgesuchte Puerto Rico reisen, kündigte das Weiße Haus an. Dort sind auch zwei Wochen nach dem Unwetter immer noch einige Haushalte ohne Strom. Rund 90 Prozent der Ausfälle seien aber behoben worden, sagte Criswell. Nach Florida will Biden am Mittwoch folgen. Das Weiße Haus hatte angekündigt, Betroffene ohne Hochwasserversicherung mit bis zu 40.000 Dollar zu unterstützen.

Wiederaufbau könnte Jahre dauern

"Ian" war am Mittwoch als Hurrikan der Stufe vier von fünf in Florida auf Land getroffen. Bei seinem Zug quer über den südlichen Bundesstaat hinterließ er Zerstörungen und Überschwemmungen. Der Wiederaufbau werde Monate und zum Teil auch Jahre dauern, betonten Behörden. Noch am Sonntag stiegen in einigen Ortschaften in der Mitte von Florida die Wasserpegel weiter an, wie die Chefin der Katastrophenschutz-Behörde Fema, Deanne Criswell, im US-Fernsehen sagte.

In den betroffenen Gebieten in Florida gingen Rettungsbemühungen und Räumungsarbeiten weiter. Die Küstenwache rettete unter anderem mit Hubschraubern mehr als 300 Menschen, einige von Dächern und Bäumen, sowie gut 80 Haustiere. Insgesamt wurden mehr als 1100 Menschen lebend geborgen, sagte Gouverneur Ron DeSantis. Präsident Biden hatte am Donnerstag düstere Befürchtungen geäußert und gesagt: "Dies könnte der tödlichste Hurrikan in der Geschichte Floridas sein."

Region ist auch bei Deutschen beliebt

Die Region ist wegen ihrer Palmen-Idylle, schicker Jacht-Häfen und Golfplätze beliebt, auch bei Deutschen. Anke Kondek ist vor 20 Jahren aus Deutschland nach Cape Coral gekommen, hat hier ein Zuhause für sich und ihre Familie gefunden. Nun hat Hurrikan "Ian" es in großen Teilen zerstört. "Ich habe gedacht, ich habe mein Herz, meine Seele, ich habe alles verloren", erzählt die 54-Jährige über den Moment, als sie nach dem Sturm in ihre Straße zurückkehrte. Viele, die sich vorübergehend in Sicherheit brachten, kehren jetzt zurück.

Kondeks Haus steht zwar noch, doch die Wassermassen haben nahezu alles an Inventar und Möbeln kaputt gemacht – genau wie die beiden Autos der Familie. Gemeinsam mit Helfern räumt Kondek das Haus aus. "Ich schätze, dass der Schaden bei um die 150.000 bis 200.000 Dollar liegt", sagt sie. Im Haus müsse vieles wegen der giftigen Stoffe im Hochwasser renoviert werden. Eine riesige Palme, die im Sturm umgekippt ist, liegt auf dem Dach des Hauses, das auf einer Seite unter der Last nachzugeben droht.

Auch Sheri Naegele in Naples kämpft mit den Verwüstungen, die ihr Hurrikan "Ian" und das Hochwasser beschert haben. "Als wir sahen, wie das Wasser durch die Tür kam, wussten wir, dass wir in Schwierigkeiten waren", erinnert Naegele an die Ankunft des Sturms. Mit Schweißperlen auf der Stirn steht die 59-Jährige wenige Tage später vor ihrem Ferienhaus am noblen Gulf Shore Boulevard, in unmittelbarer Nähe zum Strand. Neben ihr liegen vom Dreckwasser zerstörte Lampen, Sessel, Matratzen, Tische.

Zuerst habe sie noch mit Handtüchern versucht, das Wasser abzuhalten, dann aber sei es von allen Seiten in ihr Haus eingedrungen, erzählt Naegele. Sie habe die Sachen, die sie retten wollte, und sich selbst im oberen Stockwerk vor den Fluten in Sicherheit gebracht. "Wir hatten nicht gedacht, dass es so schlimm werden würde. Wir dachten, unser Haus liegt hoch genug und wird nicht überflutet", sagt sie. Abends, wenn es dunkel wird, fürchtet sich Naegele am meisten vor Plünderern, die auf ihr Grundstück kommen könnten.

Gestank nach Fisch und Müll breitet sich aus

Das Wasser ist im Gulf Shore Boulevard mittlerweile wieder abgeflossen, geblieben aber ist ein beißender Gestank nach Fisch und Müll. Die heiße Sonne Floridas scheint auf den teils schon getrockneten vermüllten Schlamm. Autos, die in den Fluten einfach weggespült wurden, liegen kaputt und deplatziert in Gärten herum.

Besonders verwüstete Gebiete hat die Polizei aus Sicherheitsgründen abgesperrt – so zum Beispiel den durch den Sturm stark beschädigten Landungssteg von Naples, das Wahrzeichen der Stadt. Die Schulen sind zu, vor allem weil es keinen Strom gibt; auch Supermärkte, Apotheken, Restaurants haben geschlossen. Vor den wenigen Geschäften und Tankstellen, die notfallmäßig geöffnet haben, gibt es lange Warteschlangen.

Strom hat auch Sujith Nagaragi nicht. Der 32-Jährige ist Chef eines indischen Restaurants an einer vielbefahrenen Kreuzung. Seinen Stammkunden und allen anderen, die an seinem Restaurant vorbeikommen, bietet Nagaragi seit Freitag ein warmes Essen an. Es gibt eine Portion Reis mit Hühnchen oder Gemüse-Curry – gratis. "Wir können derzeit keine Bestellungen entgegennehmen und um dennoch für unsere Kunden da zu sein, geben wir das Essen gratis aus", sagt er.

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Er und seine Kollegen kochen im Restaurant mit Gas und Stirnlampe, die Ausgabe findet bei Helligkeit vor dem Restaurant statt. Vielen, die sich bei Nagaragi etwas zu Essen holen, sieht man die Müdigkeit und Erschöpfung der vergangenen Tage an. Manche kommen direkt von den Aufräumarbeiten, haben Schlamm an den Schuhen. Ein ältere Frau, die sich als Patty vorstellt, sagt: "Ich habe seit Dienstagabend nichts Warmes mehr gegessen." Die Aktion sei "einfach wunderbar" und zeige, dass die Gesellschaft in dieser schweren Zeit zusammenhalte.

Proteste in Havana wegen des Stromausfalls

Angesichts eines massiven Stromausfalls nach dem Hurrikan "Ian" hatte es in Kuba zum dritten Tag in Folge seltene Proteste gegeben. Auf der vielbefahrenen Straße Línea in der Hauptstadt Havanna errichteten einige Anwohner des zentrumsnahen Stadtteils Vedado am Samstagabend (Ortszeit) mit umgekippten Müllcontainern eine Straßensperre. Ein paar Dutzend Teilnehmer demonstrierten dort auf Töpfe schlagend, weil sie seit fünf Tagen weder Strom noch fließendes Wasser hatten.

Militärvertreter des sozialistischen Einparteienstaats versuchten vor Ort, mit Zusicherungen zu beschwichtigen, es werde an der Reparatur der Leitungen gearbeitet. Sie wurden aber mit wütenden Beschwerden über die langsame Arbeit des Staates niedergeschrien. Manche Demonstranten forderten auch "Freiheit". Später riefen sich Regierungsgegner- und Befürworter gegenseitig Parolen zu. Zivilpolizisten nahmen mindestens eine Person fest. Nach Berichten in sozialen Medien gab es auch in anderen Teilen Havannas Proteste.

"Ian" war am Dienstag als Hurrikan der Kategorie 3 von 5 über den Westen des Karibiklandes hinweggefegt. Es gab Überschwemmungen, nach Regierungsangaben wurden Tausende Häuser und ein großer Teil der Infrastruktur der Tabakindustrie im wichtigen Anbaugebiet Pinar del Río zerstört. Es kam auch zu einem landesweiten Stromausfall. Bei vielen Menschen, auch in Gegenden der Hauptstadt, war die Stromversorgung bis Samstag nicht wiederhergestellt. Betroffen war auch die Wasserversorgung, die über elektrische Pumpen funktioniert.

Kubas Stromnetz war schon vor dem Sturm in schlechtem Zustand, es kommt zu häufigen Ausfällen. Diese waren auch ein Auslöser für Demonstrationen gegen die Regierung am 11. Juli 2021 – den wohl größten seit der kubanischen Revolution von 1959. Hunderte Teilnehmer wurden zu teils langen Haftstrafen verurteilt.

Verwendete Quellen
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