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Frankreich: Foltervorwurf gegen Deutschen - Staatsanwalt mahnt zur Vorsicht


Ermittlungen gegen Ehemann in Frankreich
Deutsche gefoltert? Jetzt äußert sich der Staatsanwalt

Von afp, dpa
Aktualisiert am 08.08.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230807-911-010597Vergrößern des BildesHaus in Forbach: In dem Gebäude in dem französischen Ort soll ein Mann eine Frau jahrelang eingesperrt und gequält haben. (Quelle: Beckerbredel/dpa)
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Zwölf Jahre lang soll eine Frau in Frankreich in Gefangenschaft und Folter gelebt haben – hieß es zunächst. Doch die Staatsanwaltschaft mahnt zur Vorsicht.

Hat ein Deutscher seine Frau in Ostfrankreich jahrelang gefangen gehalten und misshandelt? Nach einem nächtlichen Notruf und einer Festnahme in Forbach, an der Grenze zum Saarland, geht die französische Justiz einem rätselhaften Fall nach.

Der zuständige Staatsanwalt verwies am Montagabend vor Journalisten auf "Ungereimtheiten". Im Gegensatz zu früheren Berichten vom Montag und Informationen aus Polizeikreisen habe die in Forbach entdeckte 53-Jährige weder Knochenbrüche noch blaue Flecken, sagte Olivier Glady.

Demnach fanden Polizisten die Frau ohne Fesseln. Sie hätten keine eindeutigen Hinweise darauf entdeckt, dass sie in der Wohnung eingesperrt worden sei, sagte der Staatsanwalt von Saargemünd. Möglicherweise handele es sich nicht um ein "Horror-Szenario", sondern um "nicht zufriedenstellende Bedingungen bei der Pflege einer kranken Person".

Staatsanwaltschaft bestätigt Medienberichte nicht

Zu dem Fall hatte es zuvor aus Polizeikreisen geheißen, ein 55-jähriger Deutscher werde verdächtigt, seine Frau jahrelang eingesperrt und gefoltert zu haben. In der Wohnung des Paares sei eine "Folterbank" entdeckt worden. Das Zimmer, in dem das mutmaßliche Opfer entdeckt wurde, sei gesichert gewesen. Der Kopf der Frau sei kahlrasiert. Der Sender RMC berichtete sogar, dass ein "Notizbuch" des mutmaßlichen Täters gefunden worden sei. In diesem habe er "seine Taten festgehalten und die Momente, in denen er das Opfer ernährte". Die Staatsanwaltschaft bestätigte diese Angaben jedoch nicht.

Eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Westhessen in Wiesbaden teilte mit, dass im Laufe des Sonntags der Anruf der Frau beim Opfertelefon des Weißen Rings eingegangen sei. Von ihren deutschen Kollegen alarmiert, schlugen die französischen Polizisten in den frühen Morgenstunden bei der Wohnung des Paares auf, entdeckten die Frau, brachten sie ins Krankenhaus und nahmen den Mann fest.

Staatsanwalt Glady wollte sich zunächst nicht im Detail über den Gesundheitszustand der 53-Jährigen äußern, sagte aber, es gehe ihr "nicht gut". Erste Bluttests hätten aber gezeigt, dass die Frau nicht erkennbar dehydriert sei.

Frau möglicherweise an Krebs erkrankt?

Der aktuelle Stand der Ermittlungen scheine "vom Schreckgespenst eines Blaubarts der Moselregion wegzuführen", sagte der Staatsanwalt mit Blick auf ein französisches Märchen über einen wohlhabenden Mann, der seine Frauen ermordet. Zudem teilte er mit, dass am Montag die ersten Vernehmungen des Mannes begonnen hätten: Der Ehemann, der die ihm vorgeworfenen Taten bestreitet, sagte den Ermittlern demnach, dass seine Frau an Krebs erkrankt sei.

Der Gewahrsam für den 55-Jährigen sei um 24 Stunden verlängert worden, sagte Glady. Eine Untersuchung wegen Verdachts auf Freiheitsberaubung, schwerer Vergewaltigung sowie Folter und Barbarei sei eingeleitet worden, fügte er hinzu.

Glady zufolge fanden die Beamten die Frau in einem Bett in der Nähe eines Festnetztelefons. Sie habe keine wunden Stellen und keine Blutergüsse gehabt, in ihrer Nähe habe es keine Blutspuren gegeben. Auch seien keine Brüche festgestellt worden, was zumindest den Vorwurf schlimmster Folter auszuschließen scheine. Zum Vorwurf der Freiheitsberaubung gebe es Fakten, die das Ganze nuancierten, wertete Glady den Fall.

Wie aus Polizeikreisen verlautete, war die Frau in einem vergitterten Zimmer gefunden worden. Laut dem Staatsanwalt diente der Maschendraht jedoch offensichtlich dazu, "die zehn Katzen, die in der Wohnung des Paares lebten, am Entkommen zu hindern".

Nachbarin: "Manchmal habe ich Schreie gehört"

Eine Nachbarin des Paares sagte, sie habe die Frau in sechs Jahren "nie gesehen". Der Hauseigentümer habe ihr gesagt, die Frau leide unter Krebs. Das habe der Verdächtige allen Bewohnern des Hauses gesagt. "Manchmal habe ich Schreie gehört, aber ich dachte, das waren Schmerzschreie", fügte die Nachbarin hinzu. Der Mann sei "sehr höflich, freundlich" gewesen. Ihre Gespräche seien aber nicht über "Guten Tag, auf Wiedersehen" hinausgegangen.

Es sei eine gewisse Vorsicht geboten, um sich bei einer furchtbar wirkenden Situation nicht vom ersten Schein der Dinge täuschen zu lassen, so Glady. Die Untersuchungen müssten die soziale Situation des Paares entschlüsseln und herausfinden, wie es zu der Lage kam, die aus Sicht der Frau Folter, Vergewaltigung und Eingesperrtsein bedeuteten. Bis die Ermittlungen mehr Klarheit in den mysteriös wirkenden Fall bringen, dürfte es jedoch noch etwas dauern.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen afp und dpa
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