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Herne-Prozessauftakt: Marcel H. war "Klugscheißer mit Militärklamotten"


Doppelmord in Herne
Marcel H. wollte "einen Menschen sterben sehen"

dpa, Jörn Hartwich

Aktualisiert am 09.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte Marcel H. wird von Justizbeamten in den Gerichtssaal in Bochum geführt.Vergrößern des BildesDer Angeklagte Marcel H. wird von Justizbeamten in den Gerichtssaal in Bochum geführt. (Quelle: Bernd Thissen/dpa-bilder)
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Der 19-Jährige Marcel H. soll ein Kind und einen Schulfreund aus Mordlust umgebracht haben. Vor Gericht zeigt er keine Regung. Eine Erklärung für die Taten hat auch sein Verteidiger nicht.

Als der mutmaßliche Doppelmörder Marcel H. von drei Wachtmeistern in den voll besetzten Gerichtssaal geführt wird, trägt er einen zu großen grauen Pullover und hat Badelatschen an den Füßen. "Er bittet, seine unangemessene Kleidung zu entschuldigen", beeilt sich Verteidiger Michael Emde zu erklären. Doch der Unmut unter den Zuschauern ist nicht zu überhören. Angeblich, so heißt es später, habe keiner aus der Familie den 19-Jährigen mit Schuhen und vernünftiger Kleidung versorgt.

"Alle Umstände werden vom Angeklagten eingeräumt"

Sechs Monate ist es inzwischen her, dass Marcel H. in Herne zwei Menschen umgebracht haben soll. Erst den neunjährigen Nachbarsjungen Jaden, dann einen 22 Jahre alten Schulfreund, bei dem er nach der ersten Tat untergekommen war. Selber sagen will der 19-Jährige dazu zwar nichts, das übernimmt sein Verteidiger. Und der erklärt, dass alles, was in der Anklage stehe, richtig sei. "Alle tatsächlichen Umstände, wie sie in der Anklage stehen, werden vom Angeklagten eingeräumt", sagt der Anwalt.

Es ist noch keine sechs Uhr, als sich die ersten Zuschauer vor dem Bochumer Landgericht einfinden. Einige sind extra aus Hamburg angereist, andere tragen bedruckte T-Shirts – in Gedenken an Jaden. Die Mutter des ermordeten Jungen muss sich an diesem Morgen nicht in die Schlange einreihen. Sie wird durch einen anderen Eingang in das Gerichtsgebäude eingelassen. "Eigentlich ist das als Mutter alles nicht zu ertragen", sagt sie später in einer Verhandlungspause. "Aber ich will ihm in die Augen sehen, ich will ihn fixieren."

Marcel H. wirkt jünger als er ist

Ob sich Marcel H. davon beeindrucken lässt? Am ersten Prozesstag sieht es nicht danach aus. Die Haare sind in der Untersuchungshaft wieder länger geworden, der 19-Jährige wirkt jetzt deutlich jünger als er ist.

Der kleine Jaden wurde nur neun Jahre alt. Marcel H. soll ihn am Abend des 6. März 2017 in den Keller seiner ehemaligen Herner Wohnung gelockt und einfach umgebracht haben. "Der Angeklagte stach mit einem Klappmesser mit circa neun Zentimeter langer Klinge insgesamt 52 Mal auf das überraschte Kind ein", heißt es in der Anklage. Das angebliche Motiv: Mordlust. "Er handelte in dem Streben danach, einen Menschen sterben zu sehen," sagt Staatsanwalt Danyal Maibaum. Marcel H. zeigt bei der Verlesung der Anklage keine Reaktionen.

Verteidiger hat keine Erklärung für die Taten

Ob der Angeklagte überhaupt Gefühle hat? Selbst Verteidiger Michael Emde ist sich da nicht ganz sicher. "Wenn er welche hat, dann zeigt er sie nicht", sagt er am Rande des Prozesses. Und auf die Frage, ob er eine Erklärung für die Taten habe, räumt er ein: "Ich habe keine."

Ein ehemaliger Klassenkamerad, der mit Marcel H. in Herne in der neunten Klasse war, bezeichnet den Angeklagten im Prozess als Einzelgänger. "Der war ein Klugscheißer, hatte gelbe Zähne und überall Katzenhaare an den Anziehsachen", sagt der 19-jährige Zeuge den Richtern. Außerdem habe er ständig Militärklamotten getragen – jeden Tag. "Das war seine Standardkleidung."

Schulkameraden mit 60 Stichen getötet

Das zweite Opfer war Christopher W., auch ein früherer Schulkamerad. Bei ihm war der Angeklagte nach der grausamen Tötung des kleinen Jaden untergekommen. Am nächsten Morgen musste auch der 22-Jährige sterben. Er hatte im Internet von der Fahndung erfahren und mit der Polizei gedroht. Bei ihm haben die Ärzte später sogar über 60 Stichverletzungen gezählt.

Drei Tage war damals nach dem Angeklagten gefahndet worden. Dann stellte er sich selbst. Er lief mit einem Sack Zwiebeln und einem aufgespannten Regenschirm – obwohl es nicht regnete – in einen Imbiss und sagte: "Ich bin der Marcel." Das war ihm anfangs jedoch nicht geglaubt worden. Erst nachdem sich der Imbissbetreiber ins Internet eingeloggt hatte, wählte er doch noch den Notruf und gab das Telefon an den 19-Jährigen weiter. Dem Polizisten am anderen Ende der Leitung sagte der Angeklagte: "Sie kennen doch sicherlich Marcel? Der ruft gerade an."

Im Falle einer Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht drohen Marcel H. bis zu 15 Jahre Haft. Sollte er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, ist auch die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe möglich. Neben dem Strafprozess wird der 19-Jährige auch noch auf Schmerzensgeld verklagt. Jadens Mutter fordert über ihren Anwalt 100.000 Euro.

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