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"Blue Punisher" führt zum Tod einer 13-Jährigen – Experten besorgt um Drogentrend


Verdrehte Augen, klappernder Kiefer
Erschreckende Szenen: Dieser neue Drogentrend erschüttert

Von Sophie Loelke, Arno Wölk

Aktualisiert am 30.06.2023Lesedauer: 1 Min.
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Besorgniserregender Trend: Auf TikTok laden Jugendliche zahlreiche Videos ihrer Drogentrips hoch und erreichen damit teilweise Millionen Zuschauer. (Quelle: t-online)

Anfang der Woche starb eine 13-Jährige nach dem Konsum einer Ecstasypille. Ein Jugendtherapeut warnt im Video vor einem aufkeimenden Trend und seinen Folgen.

Ecstasy gilt eigentlich als Partydroge, die vor allem in den Clubs der Großstädte zu finden ist. Doch seit dieser Woche sorgt der Drogentod einer 13-Jährigen aus der Kleinstadt Altentreptow in Mecklenburg-Vorpommern für viele Fragezeichen.

Zwei weitere Teenager aus der Region liegen nach dem Konsum der als besonders stark geltenden Ecstasy-Variante "Blue Punisher" auf der Intensivstation. Auch beim Tod einer 15-Jährigen im benachbarten Brandenburg vermuten Ermittler eine Überdosis chemischer Drogen als Grund.

Der Kinder- und Jugendpsychologe Christian Lüdke aus Lünen in Nordrhein-Westfalen erkennt einen neuen Social-Media-Trend beim Drogenkonsum unter Jugendlichen und warnt vor den Folgen. Er weiß auch, wer besonders gefährdet ist.

Wer ist der Experte?

Als Geschäftsführer von Terapon ist Dr. Lüdke in seiner Verbandsarbeit und therapeutischen Praxis tätig. Er ist ein approbierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und besitzt die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie. Während seiner Zeit in New York hat er mit schwer erziehbaren Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Kürzlich hat er sein neues Buch "Alter, ist das schön!" veröffentlicht.

Videotranskript lesenEin- oder Ausklappen

Dass wir jetzt quasi teilweise Bilder in Echtzeit sehen, wird das sehr emotional. Das berührt uns sehr und erschüttert.

Vor kurzem ist eine 13-jährige nach dem Konsum von Ecstasy gestorben. Auch ihre 15-jährige Freundin war kurzzeitig in einem kritischen Zustand. Wie kann es sein, dass Kinder und Jugendliche zu illegalen Substanzen greifen? Ich habe mit einem Kinderpsychologen gesprochen und herausgefunden, welche wichtige Rolle mittlerweile Social Media dabei spielt und natürlich auch das eigene soziale Umfeld.
Glauben Sie; dass es gerade einen neuen Trend gibt beim Drogenkonsum unter Jugendlichen?
Es ist aktuell tatsächlich ein neuer Trend zu beobachten. Sicherlich ausgelöst oder unterstützt durch die sozialen Medien, insbesondere durch TikTok. Das heißt also, hier werden viel mehr junge Menschen überhaupt auf dieses Thema aufmerksam gemacht. Und von da ist natürlich die Verlockung sehr groß, das jetzt mal auszuprobieren. Denn hier wird suggeriert, das ist gar nicht so schlimm. Teilweise wird alles so positiv bewertet, man bekommt Rückmeldung von Freunden. Das heißt also, hier vermischen sich die Eindrücke oder auch die Algorithmen, die viele junge Menschen eben aus diesen kurzen Videos kennen. Was teilweise einfach amüsant und unterhaltsam ist.

Auf TikTok laden Jugendliche zahlreiche Videos ihrer Drogentrips hoch und erreichen damit teilweise Millionen Zuschauer. Riesige schwarze Pupillen werden dort ebenso abgefeiert wie das typische Zähne klappern oder Augenverdrehen - Nebenwirkung bei dem Konsum von beispielsweise MDMA.

Zu ihrem Schutz haben wir die Videos unkenntlich gemacht.

Wieso präsentieren sich die Heranwachsenden in diesem Zustand öffentlich in den sozialen Medien?
Eine Patientin von mir sagte einmal zu diesem Thema, als ich sie genau darauf angesprochen habe, Sie ist 14 Jahre alt, sie sagte, im wahren Leben, da bin ich ein Niemand. Und in den sozialen Medien, da bin ich jemand. Auch wenn ich mich so krass zeige, bekomme ich Aufmerksamkeit.
Unter den Videos finden sich teils erschreckende Kommentare von Gleichaltrigen.

Fehlende Liebe und der Wunsch nach Aufmerksamkeit seien grundlegende Faktoren, die das Risiko, Drogen zu konsumieren, bei Jugendlichen erhöhen, weiß der Experte aus zahlreichen Fällen.

Man kann im Grunde genommen mit einer einzigen Frage herausfinden, ob ein Jugendlicher bereit ist, Drogen zu nehmen oder nicht. Ich stelle diese Frage seit 30 Jahren meinen Patienten, und diese Frage lautet: Fühlst du dich geliebt? Das heißt also Kinder und Jugendliche, die sich bedingungslos geliebt fühlen, die haben eine sehr starke Persönlichkeit, und die haben ein deutlich geringeres Risiko, eben anfällig zu sein für Drogen als Kinder und Jugendliche, denen es so an den klassischen Grundbedürfnissen fehlt.

Doch auch Kinder und Jugendliche aus einem stabilen Elternhaus können in Versuchung geraten.

Wenn nur eine einzige Person in dieser Gruppe der Gleichaltrigen ist, die völlig schräg drauf sind, die konsumieren, die können auch die anderen normal gesunder infizieren. Und hierfür braucht man eben sehr stabile Persönlichkeiten.
Fälle, bei denen Jugendliche Drogen konsumieren oder nach dem Konsum gestorben sind, habe es schon immer gegeben, sagt Lüdke.
Umso wichtiger sei der richtige Umgang damit:

Nur dadurch, dass wir jetzt quasi teilweise Bilder in Echtzeit sehen, wird das sehr emotional. Das berührt uns sehr und erschüttert. Ich finde Aufklärung und Information unglaublich wichtig. Und das Ganze sollte natürlich schon im besten Fall im Elternhaus beginnen. Da sollte es auch keine Toleranz geben. Bei diesem Thema wird nicht diskutiert. Wir nehmen keine Drogen und auch meiner Meinung nach sollte sich hier die Politik deutlicher positionieren.
Denn der Konsum von Drogen kann enorme Schäden verursachen, besonders bei Kindern und Jugendlichen. .

Mit elf Jahren wird das Gehirn wegen Umbau geschlossen und öffnet dann wieder mit 21 Jahren. Das heißt also zwischen elf und 21 wird das gesamte Gehirn komplett umgebaut und befindet sich in einer Entwicklung. Und wenn ich in diesem Zeitraum Drogen nehme, dann kann es hier zu unfassbaren katastrophalen Schädigungen im Gehirn kommen, die dann in der Folge massive Panikattacken, Angststörungen auslösen, die ein Leben lang bleiben und nicht mehr behandelt werden können.

Schlussendlich haben Teenager schon immer Drogen ausprobiert, früher eher heimlich, hinter verschlossener Tür: ob Zigaretten, Alkohol oder illegale Substanzen.

Durch Clips wie diese in den sozialen Medien wird der Konsum allerdings öffentlich und stark verherrlicht, ja sogar gefeiert. Die Nutzerinnen und Nutzer erreichen hier eine große Masse an jungen Menschen, auch diejenigen, die anfälliger für den Konsum sind.

Dazu kommen fehlende Aufklärung und unzureichende Regularien durch die Politik, was den aufkeimenden Trend verstärken könnte.

Welchen erschreckenden Drogentrend der Experte auf Social Media erkennt und wieso das vor allem für Heranwachsende gefährlich ist, sehen Sie im Video hier oder oben.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Christian Lüdke
  • TikTok
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