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Fall Bögerl: Depression oder Schuldgefühle?


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Fall Bögerl: Depression oder Schuldgefühle?

Von dpa, dapd
Aktualisiert am 12.07.2011Lesedauer: 4 Min.
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Der Fall Bögerl wird immer rätselhafter: Nun hat sich der 56 Jahre alte Witwer der entführten und ermordeten Bankiersgattin vermutlich erhängt. War er depressiv, zerbrach er an den Folgen des bis heute ungelösten Verbrechens? Oder plagten ihn womöglich Schuldgefühle? Der kurze Abschiedsbrief gibt keinen Aufschluss.

Es geschah am gleichen Ort. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde die Bankiersgattin Maria Bögerl aus dem weißverputzten Einfamilienhaus in einem Ortsteil von Heidenheim entführt und später ermordet. Am Montagmittag nun machte eine Putzfrau des Witwers genau dort den grausigen Fund. Im Fitnessraum entdeckte sie Thomas Bögerls Leiche. Der Sparkassendirektor der baden-württembergischen Stadt hat sich vermutlich erhängt - auch wenn die Polizei dies zunächst nicht bestätigen wollte.

Nach bisherigen Ermittlungen sprechen jedenfalls keine Hinweise gegen einen Suizid des 56-Jährigen. Eine Obduktion soll klären, wie genau und wann der Witwer zu Tode kam - womöglich könnten schon heute Ergebnisse vorliegen. Zudem hinterließ der Tote einen sehr kurzen Abschiedsbrief, der allerdings keine Hinweise zu seinen Beweggründen enthält. Zum genauen Inhalt des Briefes hat die Polizei bislang ebenfalls keine Angaben gemacht.

Keine Belege für Tratschgeschichten

Die Hintergründe bleiben also völlig unklar und öffnen wilden Spekulationen Tür und Tor. Zerbrach der 56-Jährige - er galt als depressiv - an dem ungeklärten Tod seiner Frau? Die Polizei kommentiert das nicht und verweist darauf, dass es zumindest für den Tratsch in Heidenheim, Bögerl habe eine außereheliche Beziehung und angeblich Kinder mit einer Geliebten gehabt, keinerlei Belege gebe.

Maria Bögerl war am 12. Mai 2010 spurlos verschwunden und in die Hände von einem oder mehreren Entführern gefallen. Die Täter riefen den Sparkassendirektor an und forderten 300.000 Euro. Die Lösegeldübergabe scheiterte aber - das Bargeld blieb an der Autobahn liegen. Wurde das Geld deswegen nicht abgeholt, weil die Entführer von der eingeschalteten Polizei Wind bekamen? Oder lag es daran, dass Thomas Bögerl das Lösegeld möglicherweise zu spät hinterlegte? Auch diese Fragen sind bis heute nicht eindeutig beantwortet.

8000 Hinweise - ohne Ergebnis

Am 3. Juni jedenfalls fand ein Spaziergänger zufällig die Leiche der dunkelblonden Bankiersgattin. Seitdem sucht die Sonderkommission nach dem oder den Mördern. Über 8000 Hinweise gingen ein. Die rund 50 Ermittler kamen trotzdem nicht weiter.

Seitdem war der Sparkassenchef oft krankgeschrieben. Er galt als depressiv. Sein Arbeitgeber zeigt sich am Montagabend betroffen. In einer Stellungnahme heißt es: "Herr Bögerl hat sich stets mit vollem Einsatz um die Kreissparkasse Heidenheim und unsere Region verdient gemacht (...) Er hatte aber in den vergangenen Monaten, wie er selbst mitteilte, nicht die Kraft, sein Amt auszuüben. Auf sein Ersuchen hin haben wir uns mit ihm über eine einvernehmliche Lösung verständigt, in der er in Kürze aus dem Amt geschieden wäre."

Spur ins Ausland war keine

Fast ein Jahr nach der Entführung wies zuletzt Ende April eine Spur ins Ausland: Ein festgenommenes Mitglied einer Rockerbande könnte etwas mit Bögerls Tod zu tun haben, hieß es. Doch schnell stellte sich heraus: Zwar hatte der Mann vermutlich versucht, in Österreich die Frau eines Bankiers zu entführen. Heiß war aber auch diese Spur nicht.

Eine Verwicklung von Thomas Bögerl in das Verbrechen an seiner Frau schien kurz nach der Tat ausgeschlossen: Weinend zeigte sich der Familienvater via Fernsehsendung "Aktenzeichen XY". Er und die beiden Kinder flehten die Entführer an, Maria Bögerl freizulassen.

Viele Ungereimtheiten

In dem Mordfall gibt es aber nach wie vor viele Ungereimtheiten. Unter anderem ist nicht geklärt, ob Maria Bögerl bereits vor der geplanten Geldübergabe ermordet wurde oder erst danach. Schnell kursierten auch zahlreiche Theorien über die Rolle des Witwers bei der Geldübergabe und darüber, warum das Lösegeld nicht rechtzeitig zum geforderten Zeitpunkt der Übergabe beschafft werden konnte.

Die Polizei sah sich infolge der Spekulationen veranlasst zu erklären, dass der Ehemann des Entführungsopfers das Lösegeld organisiert habe. Er habe sofort nach dem Anruf des Entführers die Polizei informiert und erklärt, die geforderte Summe entsprechend den Tätervorgaben bereitstellen zu können. Dies sei aber nicht rechtzeitig gelungen. Der Witwer hatte zuvor in einem Zeitungsinterview bestritten, darauf bestanden zu haben, das Geld selbst bereitzustellen und nicht von der Polizei besorgen zu lassen. Ein nicht benannter Ermittler hatte dies der Zeitung zufolge behauptet.

30 Minuten zu spät

Bögerl hatte bei dem Anruf der Entführer kurz mit seiner Frau sprechen können. Sie sagte ihm, dass sie sich in Lebensgefahr befinde. Die Entführer hatten in dem Telefonat eine unrealistisch kurze Frist für die Geldübergabe von nur gut anderthalb Stunden gesetzt. Demnach sollten die 300.000 Euro bereits um 13.00 Uhr hinterlegt werden. Da Bögerl diese Vorgabe unmöglich erschien, bat er um einen Aufschub. Das Geld wurde um 15.27 Uhr an einer Autobahnratsstätte deponiert und damit etwa 30 Minuten zu spät.

Lokale Zeitungen verbreiteten indes Gerüchte, die Ehe habe als zerrüttet gegolten. Beide Eheleute hätten Affären gehabt. Es hieß sogar, Bögerl, der Ende September vergangenen Jahres seine Arbeit als Vorstandsvorsitzender wieder aufnahm, sei unlängst Vater geworden. Der 56-Jährige hatte dies entschieden als Lügen zurückgewiesen. Die Polizei betonte am Montag aber erneut, gegen den jetzt toten Ehemann habe nie ein Tatverdacht bestanden.

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