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Costa Concordia: Italien feiert Helden der Schiffskatastrophe


Panorama
"Wir hätten alle retten können" - Italien feiert Helden der Schiffskatastrophe

Von dpa, afp, dapd
Aktualisiert am 18.01.2012Lesedauer: 3 Min.
Gregorio De Falco hatte Dienst im Hafenamt von Livorno, als die "Costa Concordia" kenterteVergrößern des BildesGregorio De Falco hatte Dienst im Hafenamt von Livorno, als die "Costa Concordia" kenterte (Quelle: dapd/dpa)
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Die dramatischen Bilder der gekenterten "Costa Concordia" gehen um die Welt. Während Katastrophen-Kapitän Francesco Schettino am Pranger steht, weil er vorzeitig von Bord des 290-Meter-Schiffes gegangen ist, hat Italien aber auch einen neuen Helden gefunden: Fregattenkapitän Gregorio De Falco. Der 46-Jährige hatte im Hafenamt in Livorno Dienst, als die "Costa Concordia" vor der toskanischen Insel Giglio kenterte. Entrüstet redete er in der Unglücksnacht auf den Kapitän ein: "Geh' an Bord zurück, verdammt!"

Seine eindringlichen Forderungen finden sich in allen Medien - mitsamt den merkwürdigen Antworten Schettinos wie etwa: "Nein, ich bin nicht an Bord, weil das Schiff untergeht." Vor allem das Internet ist voller Lobeshymnen auf De Falco, der seit dem Unglück nonstop die Rettungsarbeiten koordiniert. Selbst seine beiden kleinen Töchter Maria Rosaria und Carla riefen besorgt bei ihm an. Sie wollten wissen, ob er überhaupt noch lebe und wo er sich aufhalte.

Geflucht und gedroht

"Er hat vor Wut geweint", wird ein Vorgesetzter De Falcos in der römischen Tageszeitung "La Repubblica" zitiert. Demnach sagte De Falco: "Ja, ich weine, aber ich denke nicht, dass das eine Schwäche ist, Menschlichkeit ist keine Schwäche." Im nächtlichen Funkgespräch mit dem Kapitän konnte De Falco seine Wut nicht verbergen: "Gehen Sie an Bord und sagen Sie mir, wie viele Menschen an Bord sind - ob Frauen, Kinder und Hilfsbedürftige dort sind." Fluchend und drohend redete der Chef der operativen Sektion des Hafenamtes auf Francesco Schettino ein.

In seinen zahlreichen Interviews gibt sich De Falco bescheiden. "Wir hätten alle retten können", so der 46-Jährige gegenüber italienischen Medien.

Lobeshymnen im Internet

Noch während De Falco die Rettungsarbeiten koordiniert, feiert ihn die Internetgemeinde. "De Falco for President" und «Santo subito» hieß es bei Twitter. De Falco sei das Gesicht des besseren Italien und ein Symbol, an das man glauben könne. Er stehe für ein Land, das sich an Regeln halte - "gegen das des Bunga-Bunga", hieß es ebenfalls bei Twitter in Anspielung an die Affären des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Doch sei das Land auch noch "voller Schettinos".

Der schlanke Hafenamts-Kommandant mit dem gelichteten Haarschopf kommt - wie Schettino - aus der Region Kampanien. Er wuchs auf der Insel Ischia auf und zog später zum Berufsstart nach Norditalien. Er arbeitete in Ligurien, leitete drei Jahre lang das Hafenamt von Santa Margherita Ligure. Danach ging es nach Livorno.

De Falcos Frau wundert sich über das viele Lob für ihren Mann. Sie finde es besorgniserregend, "dass Menschen, die einfach nur jeden Tag ihre Pflicht tun, in diesem Land plötzlich Idole werden, Persönlichkeiten, Helden", wird sie in Medien zitiert. Auch De Falco selbst macht nicht viel Aufhebens um sich. "Hört auf, von mir zu reden, bitte", zitieren ihn italienische Medien. "Es ist meine Aufgabe zu retten."

Held nach 36 Stunden gerettet

In den vergangenen Tagen war eine weitere Heldengeschichte bekannt geworden, die sich auf der "Costa Concordia" zugetragen hatte: Offizier Manrico Giampedroni rannte während der dramatischen Minuten auf dem Unglücksschiff von Kabine zu Kabine, um nach Passagieren zu suchen und half ihnen in die Rettungsboote, berichtete die italienische Zeitung "La Nazione". Als das Schiff sich plötzlich drehte, stürzte der 57-Jährige, brach sich ein Bein und wurde bewusstlos.

Als er aufwachte, war er alleine und konnte die Retter nicht auf sich aufmerksam machen. Erst nach 36 Stunden wurde er gefunden - stark unterkühlt und mit gebrochenem Bein, aber ansonsten wohlauf.

Suche erneut unterbrochen

Die Suche nach den noch etwa 20 Vermissten wurde am Mittwoch erneut unterbrochen. Suchtrupps mussten die "Costa Concordia" verlassen, weil das Schiff abrutschte. Das italienische Innenministerium geht von 13 vermissten Deutschen - neun Frauen und vier Männer - aus. Das Auswärtige Amt in Berlin spricht bislang von zwölf vermissten Personen aus Deutschland. Eine bislang als vermisst gemeldete Deutsche ist unterdessen aufgetaucht. Sie habe sich bei den deutschen Behörden gemeldet, teilten italienische Behörden mit.

Die "Costa Concordia" hatte am Freitagabend mit mehr als 4200 Menschen an Bord vor der Küste der Toskana Felsen gerammt und war havariert. Bislang wurden elf Todesopfer geborgen, von denen erst fünf identifiziert sind.




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