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Ukraine: USA erwarten von Merkel Führung


Krise auf der Krim
USA geben Führungsrolle an Merkel ab

spiegel-online, Von Sebastian Fischer, Washington

12.03.2014Lesedauer: 3 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel: Krim eine ´Annexion, die man Russland nicht durchgehen lassen kann`Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Angela Merkel: Krim eine ´Annexion, die man Russland nicht durchgehen lassen kann` (Quelle: dpa-bilder)
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US-Präsident Obama empfängt Mittwoch seinen ukrainischen Kollegen Jazenjuk - ein starkes Symbol. Doch mehr eben auch nicht: Amerika scheint machtlos angesichts der geopolitischen Gelüste Wladimir Putins. Die Schlüsselrolle spielt die deutsche Kanzlerin.

Der schmale Mann aus Kiew wird aufgewertet: Am Mittwoch nimmt der ukrainische Übergangspremier Arsenij Jazenjuk auf dem Sofa im Oval Office Platz. Hausherr Barack Obama wird seinem Besucher die wirtschaftliche und politische Unterstützung der USA im Krim-Konflikt und darüber hinaus zusichern. International ist das der Ritterschlag für Jazenjuk.

Aber Obama wird ihm wohl auch zu verstehen geben müssen, dass die Musik nicht in den USA spielt, sondern in Europa. Genauer: Dass es letztlich auf die Entschlossenheit der deutschen Kanzlerin ankommt.

Es ist ja vornehmlich das Rezept der Berliner Regierung, das bisher zur Anwendung gekommen ist, um Wladimir Putin zum Einlenken zu bewegen: vorerst leichte Sanktionen, Offenhalten der Dialogkanäle, Werben für eine Kontaktgruppe. Bisher hat das nichts bewirkt, das Krim-Referendum naht. Ab Montag wird der Westen wohl weiter an der Sanktionsschraube drehen. Eine Niederlage für die Deutschen? Nicht unbedingt. Denn Putins Sturheit könnte in den nächsten Tagen einigenden Druck auf EU und USA entfalten.

"Europas Schlüsselstaat"

Dass sich die Amerikaner eigentlich mehr Härte gegenüber Russland wünschen, liegt in ihrer historischen Erfahrung begründet; genau anders herum gilt dies aber auch für die Deutschen, hat der britische "Economist" treffend bemerkt. So glauben die einen, die Sowjetunion erfolgreich kaputtgerüstet und in den Ruin getrieben zu haben. Die (West-)Deutschen wiederum haben, beginnend mit Brandts Ostpolitik, stets den Dialog nach Osten gesucht und so, ihrem Verständnis nach, die kommunistischen Regime unterhöhlt.

Allein das Krisenvokabular ist schon bezeichnend. Während Obama meist davon spricht, Russland zu "isolieren", sucht Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier bisher beständig den "Dialog". Erwog Washington anfangs öffentlich, Russland womöglich aus der G-8-Gruppe zu werfen, ist davon erst mal keine Rede mehr. Die Deutschen haben sich durchgesetzt.

Haben Merkel und Co. die Amerikaner also überzeugt? Nein. Es setzt sich eher die Einsicht durch, dass im Zweifel allein Europa und im besonderen Deutschland Putin wirtschaftlich in die Bredouille bringen könnte. Und es herrscht die Auffassung, dass wohl allein noch Merkel zu Putin durchzudringen vermag.

Der "New Yorker" kommentiert: "Wenn es eine Lösung für diese Krise gibt, dann liegt sie wohl in Berlin, in der Person Angela Merkels, der de facto Anführerin Europas." Das renommierte US-Magazin "Foreign Affairs" schreibt: "Als Europas Schlüsselstaat und mit seiner engen Verbindung zu Russland ist Deutschland das einzige Land, das Putins großen geopolitischen Ambitionen entgegenwirken oder sie eindämmen kann."

"Annexion, die man Russland nicht durchgehen lassen kann"

Galt die Bundesrepublik den Amerikanern ohnehin als wirtschaftliche Vormacht Europas, so sehen sie das Land nun auch außenpolitisch in der Pflicht.

Passé die Zeiten, in denen sich Deutschland auf diesem Feld hinter Frankreich und Großbritannien verstecken konnte. Dem politisch interessierten US-Bürger ist Merkel seit der Euro-Krise ein Begriff, in der Comedy-Show "Saturday Night Live" wurde sie parodiert und die Nachrichtenagentur AP gibt Hilfestellung, was die Aussprache ihres Namens betrifft: "AHN'-geh-lah MEHR'-kuhl".

Dementsprechend trifft die Bereitschaft zur Übernahme von mehr Verantwortung, die sowohl Bundespräsident Joachim Gauck als auch Steinmeier kürzlich artikuliert haben, in Washington auf große Zustimmung.

Allerdings hat man hier sehr wohl bemerkt, dass sich Merkel in dieser Sache bisher nicht eindeutig geäußert hat. Viele sehen die Performance der Kanzlerin in der Krim-Krise deshalb auch als Test: Liefert Merkel? Wie wirkt sich die Abhängigkeit der Deutschen vom russischen Gas aus? Sind sie bereit, Lasten in Kauf zu nehmen?

Deutschlandkenner Jack Janes vom American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) in Washington sagt, das Weiße Haus erwarte von Merkel, dass sie die EU hinter einer gemeinsamen und konsistenten Politik sammele, damit die Krim-Übernahme für Putin echte Konsequenzen habe: "Obama weiß um den besonderen Zugang und Einfluss der Kanzlerin in Moskau", so Janes zu "Spiegel Online". Der US-Präsident hoffe nun, dass Merkel Führungskraft in Europa beweise, um Moskau sowohl entgegenzutreten als auch die Ukraine zu unterstützen.

Tatsächlich zeigte Merkel eine solche Mischung aus amerikanischer Härte und deutscher Dialogbereitschaft just am Dienstag vor der Unionsfraktion. Das Vorgehen auf der Krim sei "eine Annexion, die man Russland nicht durchgehen lassen kann", sagte sie deutlich wie nie zuvor. Jetzt wird auch bei den Deutschen der Ton schärfer. Merkel forderte Teilnehmerangaben zufolge Besonnenheit, der Gesprächsfaden dürfe nicht abreißen. Außer von Sensibilität müsse das Handeln aber eben auch von "einer gewissen Härte" geleitet sein, was die Verteidigung europäischer Werte anbelange.

In Washington dürfte dieser Auftritt positiv quittiert werden.

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