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28. Juni 1914: Das Attentat von Sarajevo


"Es ist nichts, es ist nichts..."
Der Tag, an dem der österreichische Thronfolger erschossen wurde

afp, are

Aktualisiert am 30.06.2014Lesedauer: 4 Min.
Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914: Der bosnisch-serbische Nationalist Gavrilo Princip erschießt das österreichisch-ungarische Thronfolgerpaar. Einen Monat später beginnt der Erste Weltkrieg.Vergrößern des BildesSarajevo am 28. Juni 1914: Gavrilo Princip (li. vo.) erschießt Franz Ferdinand (hi. re.) und dessen Frau Sophie. (Quelle: dpa-bilder)
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Der 28. Juni 1914 ist als einer der folgenschwersten Tage in die Weltgeschichte eingegangen. An diesem Tage erschoss der bosnisch-serbische Nationalist Gavrilo Princip den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie in Sarajevo. Das Attentat führte einen Monat später zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Dabei kamen viele Zufälle zusammen, dass Princip die tödlichen Schüsse überhaupt abgeben konnte.

Es herrscht Festtagsstimmung unter strahlender Sonne in der bosnischen Hauptstadt. "Überall waren Flaggen, die ganze Stadt war damit geschmückt. Als Kinder durften wir in der ersten Reihe stehen", erinnerte sich eine Zeugin zum 80. Jahrestag im österreichischen Rundfunk.

Aber die Feststimmung dauert nicht lange, und der Sonntag wird den Lauf der Geschichte verändern. Um 11 Uhr ist der österreichisch-ungarische Thronfolger tot. Das Attentat wird Auslöser einer internationalen Krise, die vier Wochen später in den Ersten Weltkrieg mit seinen annähernd 17 Millionen Todesopfern (davon rund 7 Millionen Zivilisten) und Millionen Verletzter mündet.

Die serbischen Nationalisten lauern

Unter die Schaulustigen hat sich ein halbes Dutzend bosnisch-serbischer Nationalisten der Gruppe "Mlada Bosna" ("Junges Bosnien") gemischt, unter ihnen Princip. Die studentisch geprägten Gruppe vereint kommunistisch und anarchistisch gesinnte Serben, Kroaten und Muslime.

Ihr Ziele sind die Befreiung Bosniens, das bereits 1908 von Wien annektiert wurde und seither unter der Herrschaft der Donau-Monarchie steht, sowie die Vereinigung aller slawischen Völker in einem Großserbischen Reich. Das einigende Band der Mitglieder aus den unterschiedlichsten Teilen Bosniens und den unterschiedlichsten ethnisch-religiösen Gruppen, die sich 80 Jahre später im blutigen Bosnienkrieg (1992-1995) bekämpfen sollten, war der "Hass auf das österreichisch-ungarische Reich", wie es der Schriftsteller Momcilo Zlatanovic formuliert.

Wie Christopher Clark in seiner neuen aufsehenerregenden Studie "Die Schlafwandler - Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog" herausarbeitet, spricht vieles dafür, dass "Mlada Bosna" und andere terroristische Organisationen wie die "Schwarze Hand" von Serbien aus operierten und von höchsten Regierungskreisen um den damaligen Ministerpräsidenten Nikola Pasic unterstützt wurden.

Die serbische Hauptstadt Belgrad war nach den Balkankriegen 1912/13 zum Zentrum eines wachsenden serbischen Nationalismus geworden. Dessen Anhänger begehren immer stärker gegen die Fremdherrschaft der Donau-Monarchie und des Osmanischen Reiches über die Vielvölkerstaaten auf dem Balkan und die Unterdrückung der nach Freiheit strebenden Menschen auf.

Mit Bomben und Pistolen haben sich die Mitglieder von "Mlada Bosna" entlang der Route von Franz Ferdinands Wagen aufgestellt. Schon Anfang 1914 hatte die Gruppe von dem bevorstehenden Besuch des Thronfolgers in Sarajevo im Sommer erfahren, und der Plan für das Attentat war ausgearbeitet worden.

"Mit Bomben beworfen - das ist empörend."

Anlass von Franz Ferdinands Besuch sind Übungen der österreichisch-ungarischen Truppen in der Gegend. In Uniform samt federgeschmücktem Militärhut fährt er im offenen Wagen zu einer geplanten Zeremonie am Rathaus. Der Polizeischutz ist trotz Warnungen vor einem möglichen Attentat im Vorfeld nur begrenzt.

Die ersten drei Verschwörer lassen den Wagen passieren, von Angst gelähmt. Ein vierter aber, Nedeljko Cabrinovic, wirft einen Sprengsatz. Der prallt vom Fahrzeug des Thronfolgers ab und explodiert unter dem folgenden Wagen. Der Erzherzog - unverletzt - schimpft: "Da kommt man nach Sarajevo, um einen Besuch zu machen, und wird mit Bomben beworfen! Das ist empörend."

Änderung der Route auf Wunsch des Thronfolgers - ein "fataler Fehler"

Die Situation sei unter Kontrolle, sucht General Oskar Potiorek, Militärgouverneur von Bosnien, Franz Ferdinand zu beschwichtigen. Ein Irrtum. Nach der Zeremonie im Rathaus will der Thronfolger zum Garnisonshospital gebracht werden, wo Verletzte des gescheiterten Bombenattentats behandelt werden.

Doch auf dem Rückweg biegt der Konvoi entgegen den Anweisungen in eine kleine Straße ab, die nach Kaiser Franz Joseph benannt ist und den kürzeren Weg zum Hospital darstellt. Der Tross muss allerdings umkehren, da die Straße zu eng und unbefahrbar ist. "Das war ein fataler Fehler", sagt der Autor und Stadtchronist Valerijan Zujo.

Der Erzherzog wurde "auf dem Tablett serviert"

Princip, der zwei Jahre zuvor von den serbischen Streitkräften ausgemustert worden war, weil ihm das Tragen einer Waffe nicht zugetraut wurde, hält sich an der Kreuzung zwischen Lateiner-Brücke und Franz-Joseph-Straße auf. Der 19-Jährige geht zu recht davon aus, dass seine Mitverschwörer versagt haben. Und plötzlich stoppt Franz Ferdinands Wagen genau vor seiner Nase. "Der Erzherzog wurde ihm auf dem Tablett serviert", sagt Historiker Slobodan Soja.

Princip tritt auf den offenen Wagen zu. Aus nächster Nähe feuert er zwei Schüsse aus seinem Revolver ab. Die erste Kugel trifft Herzogin Sophie in den Unterleib. Die zweite trifft Franz Ferdinand am Hals, verletzt eine Vene und die Luftröhre.

Mit im Wagen sitzt Graf Franz von Harrach. Er erinnert sich später: Als der Wagen rasch wendete, sei ein dünnes Blutrinnsal aus Franz Ferdinands Mund gelaufen, er habe es mit einem Taschentuch abgewischt. "Die Herzogin rief: 'Um Himmels Willen, was ist Euch geschehen?'" Nach diesen Worten rutschte sie von der Bank auf den Fahrzeugboden.

Von Graf Harrach sind auch die letzten Worte des Thronfolgers überliefert, eine Erwiderung an seine Frau: "Es ist nichts, es ist nichts..." Dann verlor er das Bewusstsein und wurde eine Viertelstunde später für tot erklärt.

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