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Russland: Tochter von Putin-Strategen Dugin bei Autoexplosion getötet


Autoexplosion bei Moskau
Putins Chefideologe entgeht Anschlag – aber Tochter stirbt

Von t-online, wan, lw

Aktualisiert am 21.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Tochter von Alexander Dugin getötet: Das Auto war am Samstagabend nahe Moskau explodiert. (Quelle: t-online)
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Eine Explosion nahe der russischen Hauptstadt hat eine Frau das Leben gekostet. Das Brisante: Sie war die Tochter eines wichtigen Putin-Strategen.

Bei einem mutmaßlichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. "Die Identität der Toten ist geklärt – es ist die Journalistin und Politologin Daria Dugina", teilte das nationale Ermittlungskomitee am Sonntag in Moskau mit. Ihr Vater gilt als Chefstratege des Kremlchefs Wladimir Putin.

Duginas Auto explodierte demnach am Samstagabend während der Fahrt in einer Vorstadtsiedlung im Moskauer Gebiet. Die Ermittler veröffentlichten ein Video von der Arbeit der Experten vor Ort. Nach ersten Erkenntnissen war demnach an dem Fahrzeug ein Sprengsatz montiert, der detonierte. In sozialen Netzwerken gab es Videos von dem brennenden Fahrzeug und weit verstreuten Trümmerteilen. Es werde in verschiedene Richtungen wegen Mordes ermittelt, hieß es in der Mitteilung der Ermittler.

Andrej Krasnow, der Leiter der Bewegung "Russischer Horizont", bestätigte die Informationen der russischen Nachrichtenagentur Tass. "Ja, ein sehr ungünstiges Ereignis; ich kannte Daria persönlich", so Krasnow.

Auf Twitter kursierte auch ein Video, auf dem Alexander Dugin zu sehen ist. Er schlägt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, im Hintergrund ist das brennende Auto zu sehen.

Die 29-jährige Daria Dugina galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die politische Analystin, die in die Fußstapfen ihres nationalistischen Vaters getreten ist, sagte zuletzt in einem Interview: "Die Tatsache, dass wir von den USA, Kanada, Australien und Großbritannien unter Sanktionen stehen, ist auch ein Symbol dafür, dass wir Dugins im Kampf gegen die Globalisierung auf dem Weg der Wahrheit sind." Dugina steht seit März wegen der russischen Invasion auf mehreren Sanktionslisten – wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Putin am 24. Februar befohlene Invasion.

Dugins wollten ursprünglich gemeinsam im Auto fahren

Berichten zufolge waren Dugin und seine Tochter Daria zuvor bei einem Festival gewesen, das vom Präsidialfonds für Kulturinitiativen, dem Ministerium für Kultur und Tourismus der Region Moskau und der Verwaltung von Odinzowo veranstaltet wurde.

Nach dem Ende der Veranstaltung hätten die Dugins gemeinsam abreisen wollen, sich dann aber in unterschiedlichen Autos auf den Weg gemacht. Krasnow berichtete der Tass, dass das explodierte Fahrzeug Alexander Dugin gehört habe. "Daria fuhr sonst ein anderes Auto, aber heute nahm sie seins."

Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag Entsetzen aus. "Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren und haben seine Tochter in die Luft gesprengt ... im Auto", schrieb der Anführer der Separatistenhochburg Donezk, Denis Puschilin, im Nachrichtenkanal Telegram. Daria bleibe in Erinnerung – als "echtes russisches Mädchen".

Der Leiter der Bewegung "Russischer Horizont", Andrej Krasnow, äußerte zudem die Vermutung, dass es sich bei dem Vorfall um einen Anschlag gehandelt habe, der eigentlich Darias Vater oder beiden gegolten haben soll. Einzelne Kommentatoren in der Ukraine bezweifelten jedoch, dass Kräfte des von Russland angegriffenen Landes derzeit in der Lage sind, ein solches Attentat auszuführen.

Der ukrainische Präsidentenberater stritt ab, dass die Ukraine für das Attentat verantwortlich sei. "Wir sind im Gegensatz zu Russland kein krimineller Staat", sagte Mychailo Podoljak dem "Kyiv Independent" zufolge. Lesen Sie hier mehr zu den Reaktionen auf den Anschlag.

Dugin gilt als Autor der Ukraine-Strategie bezeichnet

Der Vater der Getöteten, der radikale Autor Dugin, wird von Medien und Autoren immer wieder als Einflüsterer oder als "Gehirn" des russischen Präsidenten Putin sowie als Ideengeber auch für den Angriff auf die Ukraine bezeichnet. Schon seit der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 steht Dugin auf der Sanktionsliste der EU. In der Ukraine sind mehrere seiner Bücher verboten.

Dugin erlangte in den 1990er-Jahren als Autor der rechtsextremen Zeitung "Den" nationale Bekanntheit. Ein dort 1991 veröffentlichtes Manifest "The Great War of the Continents" ("Der Große Krieg der Kontinente") legte seine Vision von Russland als "ewiges Rom" dar, das einem individualistischen, materialistischen Westen gegenübersteht: dem "ewigen Karthago". Manche nennen ihn den Wiederentdecker des zaristischen Begriffs "Neues Russland", der den Anspruch auf Gebiete des Donbass bezeichnet.

Im Jahr 2009 wurde Dugin Chef der Abteilung Internationale Beziehungen in der Soziologischen Fakultät der Moskauer Universität. Nach der Annexion der Krim rief er zur Tötung der Ukrainer auf. Er ist heute Kommentator im russischen Fernsehen.

"Ideologische Schlüsselfigur"

Deutsche Sicherheitsbehörden stellen schon seit längerer Zeit Kontakte zwischen Dugin und Rechtsextremisten in Europa fest. "Obwohl er keine offiziellen Ämter innehat, gilt Dugin als eine ideologische Schlüsselfigur", hieß es im März in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Martina Renner.

"Die von Dugin propagierten völkisch-nationalistischen Positionen lieferten die Vorlage für den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine", sagte Renner. Die Sicherheitsbehörden müssten sein Netzwerk in Deutschland stärker in den Blick nehmen. Die Denkfabrik Katehon, der Dugin vorstehe, sei ein "rechtsextremer Think Tank", der durch eine antiwestliche und antiliberale Grundeinstellung gekennzeichnet sei. Ideologische Leitmotive seien "die Schaffung eines einheitlichen Kulturraums slawisch-orthodoxer Russen sowie eine russische Dominanz über große Teile Europas und Asiens", führte die Bundesregierung aus.

"Gute Beziehungen zu diversen Gruppierungen"

In ihrer Antwort, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es weiter: "Aufgrund der Parallelen zu faschistischen Ideologien unterhält Dugin gute Beziehungen zu diversen rechtsextremistischen beziehungsweise rechtsradikalen Gruppierungen, Parteien und Personen in Europa und Deutschland." Ihm werde ideologischer Einfluss "bis in die Staatsführung Russlands hinein" nachgesagt. In einem inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts wegen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung sei Dugin als "Kontaktperson" des Beschuldigten in Erscheinung getreten.

In dem Verfahren ging es um einen Brandanschlag auf ein ungarisches Kulturzentrum in der Ukraine im Februar 2019. Ein Gericht in Krakau verurteilte in Zusammenhang mit dem Anschlag, der nach Auffassung des Gerichts Spannungen befördern sollte, im Jahr 2020 drei Polen. Einer von ihnen behauptete, er habe Geld und Anweisungen für den Anschlag von einem Deutschen erhalten, der eine Zeit lang Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier war.

Frohnmaier erklärte später, das Beschäftigungsverhältnis sei am 15. Januar 2019 beendet worden – "im angeblichen Tatzeitraum gab es auch kein Beschäftigungsverhältnis". Frohnmaier hatte 2018 mit vier weiteren AfD-Bundestagsabgeordneten an einem Wirtschaftsforum auf der von Russland annektierten Krim teilgenommen. Sein Ex-Mitarbeiter setzte sich ins Ausland ab. Er starb 2021.

Verwendete Quellen
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