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Treffen in Usbekistan: "Russland und China eint der gemeinsame Widersacher"


Treffen von Putin und Xi
"China hat großes Interesse daran, dass der Krieg bald endet"

  • Josephin Hartwig
InterviewVon Josephin Hartwig

Aktualisiert am 15.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Wladimir Putin in Usbekistan: Der Kreml-Chef zeigt sich bei Gesprächen mit seinem wichtigsten Verbündeten. (Quelle: reuters)

China ist Russlands wohl wichtigster Verbündeter. Im Interview verrät ein Experte, wie eng die Verbindung tatsächlich ist.

Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn haben sich Russlands Präsident Wladimir Putin und der chinesische Staatschef Xi Jingpin bei einem Gipfel in Usbekistan getroffen. Putin lobte die "ausgewogene" Haltung von Chinas Präsident Xi Jinping zum Krieg in der Ukraine und erklärte, er erhoffe sich einen neuen Impuls zur Vertiefung der russisch-chinesischen Partnerschaft.

Aber wie eng ist diese Partnerschaft der beiden Supermächte China und Russland wirklich? Klaus Mühlhahn ist Inhaber des Lehrstuhls für moderne China-Studien, war jahrelang an der Freien Universität Berlin tätig und ist Präsident der Zeppelin Universität. Mit ihm sprach t-online über das Image Putins, das Verhalten Chinas bei möglichen Waffenlieferungen und den Taiwan-Konflikt.

Herr Mühlhahn, während China im Angriffskrieg gegen die Ukraine die russische Propaganda unterstützt, fordert es gleichzeitig "alle Beteiligten" zur Einstellung der Feindseligkeiten auf. Ist das Symbolpolitik oder versucht China tatsächlich, Russland zu Verhandlungen zu drängen?

Klaus Mühlhahn: China hat zweifelsohne ein großes Interesse daran, dass der Ukraine-Krieg bald beendet wird. Auch China leidet unter den wirtschaftlichen Auswirkungen wie steigenden Preisen und den Verwerfungen auf dem Weltmarkt. Für seine wirtschaftliche Entwicklung bevorzugt China stabile und planbare Verhältnisse.

Putin verurteilte beim Gipfel politische Bestrebungen, eine "unipolare Welt" zu erschaffen. Diese Bestrebungen hätten "eine absolut hässliche Form" angenommen und seien "völlig inakzeptabel", sagte er am Donnerstag. Zugleich betonte er aber: "Wir schätzen sehr die ausgeglichene Position unserer chinesischen Freunde im Zusammenhang mit der ukrainischen Krise." Wie schätzen Sie diese Aussagen ein?

Damit bekräftigt und akzeptiert Putin chinesische geopolitische Konzepte. Er macht sich damit die chinesische Auffassung zu eigen, dass die Welt aus verschiedene Zentren besteht und die Dominanz und Vorrangstellung eines Landes abzulehnen ist.

Bislang hat China Russland nicht mit Waffen unterstützt. Könnte das nun geschehen? Und welches Signal würde China damit an die USA senden?

Ich gehe nicht davon aus, dass China Russland mit Waffenlieferungen beistehen wird. Denn in so einem Fall würde China mit westlichen Sanktionen rechnen müssen. Das hat das Land bisher tunlichst vermieden.

Die Bilder von dem Treffen sollen aus russischer Sicht demonstrieren, dass Russland nach dem Einmarsch in der Ukraine international nicht isoliert ist. Wie könnte Putin darüber hinaus aus seiner Sicht den Gipfel nutzen, um sein angeschlagenes Image zu verbessern?

Neben China sind auch noch Indien und Pakistan sowie vier weitere zentralasiatische Länder anwesend. Putin wird demonstrieren, dass außerhalb Europas der Ukraine-Krieg sowie Russlands Rolle darin ganz anders bewertet werden. Er wird also vermutlich die Differenzen zwischen Europa und den USA einerseits und der nicht-westlichen Welt andererseits in den Vordergrund stellen.

Während seines Jahrzehnts an der Macht hat Xi Putin 38 Mal getroffen – mehr als doppelt so oft wie jeder andere Weltführer. Welchen Nutzen zieht Xi aus einer Zusammenarbeit mit Putin?

Für China ist die Zusammenarbeit mit Russland vor allem strategisch. Russland hat bekanntlich große Energiereserven, die für China, das selbst kaum über eigene Öl- oder Gasvorkommen verfügt, hochattraktiv sind. Russland und China eint darüber hinaus ein gemeinsamer Widersacher: Beide Länder sehen vor allem Amerikas Rolle in der Welt sehr kritisch.

Russlands wichtigster Verbündeter ist China. Das sanktionierte Land ist auf Importe aus China angewiesen, chinesische Produkte füllen Marktlücken in Russland. Wie abhängig ist Putin von Xi?

In dem Verhältnis zwischen Russland und China ist China zweifelsohne in einer viel stärkeren Position. Die russische Wirtschaftskraft ist gering im Vergleich zur chinesischen. Auch technologisch ist China deutlich überlegen. Putin braucht die Unterstützung Xi Jinpings viel mehr als umgekehrt.

Die Gipfel-Staaten wollen eine Alternative zu der aus russischer Sicht westlich dominierten Weltordnung schaffen. Wie könnte diese aussehen – und wer würde sie eher anführen: Xi oder Putin?

Die Gipfelstaaten haben es bisher vermieden, eine klare Aussage zu treffen, wie eine alternative Weltordnung aussehen könnte. Auch von China ist in dieser Hinsicht bisher wenig gekommen. China lehnt die Vormacht einer einzelnen Macht wie den USA ab, betont den Multilateralismus und die Existenz einer multipolaren Ordnung. Doch welchen konkreten Regeln eine solche Ordnung folgen soll, verrät China uns nicht.

Der Taiwan-Konflikt verschärfte sich zuletzt: Hat die russische Blamage in der Ukraine in der Region Charkiw eine abschreckende Wirkung auf Xi, ein militärisches Abenteuer in Taiwan zu versuchen?

China studiert diesen Konflikt sehr sorgfältig. Aber es ist noch zu früh vorherzusagen, welche Schlussfolgerungen in China daraus gezogen werden. Im Moment zeigen sich für China sicher die Risiken und Unwägbarkeiten einer militärischen Aktion. Aber der Konflikt ist noch nicht zu Ende. Noch hat der Winter in Europa nicht begonnen und es ist offen, wie Europa mit den vorhersehbaren Engpässen in der Energieversorgung umgehen wird. China wird genau beobachten, wie stabil und einig Europa und auch die USA aus dieser Krise hervorgehen werden.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Klaus Mühlhahn
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