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Putin kontert: Selenskyjs Friedensplan für sein Land hat einen Haken


Putin nennt Bedingung
Selenskyjs Friedensplan für Ukraine hat einen Haken

Von t-online, cc

Aktualisiert am 06.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj beim Nato-Gipfel in Litauen.Vergrößern des BildesDer ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj beim Nato-Gipfel in Litauen. (Quelle: Beata Zawrzel/NurPhoto via Getty Images)
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Mitten in der Gegenoffensive kommt ein Friedensplan für die Ukraine wohl voran. Im Gegensatz zu früheren Initiativen scheint diesmal etwas anders zu sein.

Während die ukrainischen Truppen im Rahmen ihrer Gegenoffensive langsam, aber stetig Fortschritte an einigen Abschnitten der Front erzielen, nimmt die von dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vorgeschlagene Friedensformel offenbar konkrete Formen an. Wie das "Wall Street Journal" am Samstag berichtete, soll es demnach schon in der kommenden Woche ein Treffen von Vertretern aus 30 Staaten im saudi-arabischen Dschidda geben.

Das Besondere daran ist, dass es sich nicht nur um Vertreter von Nato-Staaten handeln soll, die im Wüstenstaat zusammenkommen. Sondern auch um Nationen, die in Bezug auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bislang eine neutrale oder kremlfreundliche Position eingenommen haben. Darunter sollen auch wichtige Akteure wie Indien und Brasilien sowie Staaten des globalen Südens sein. Russland selbst soll nach dem Willen der Ukraine an den Gesprächen nicht teilnehmen.

Der ukrainische Friedensfahrplan verläuft wohl in drei Phasen. Den Vorschlag zu einem eigenen Friedensplan hatte Selenskyj bereits im Mai beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima erstmals geäußert. Damals stieß die Ankündigung des ukrainischen Präsidenten noch auf wenig Widerhall. Doch im Geheimen wurde offenbar weiterverhandelt und inzwischen scheint Bewegung in die Sache gekommen zu sein.

So teilte der Leiter des Präsidialamtes in Kiew, Andrij Jermak, bei Telegram mit, dass nach einem Treffen mit den Botschaftern der verbündeten Staaten im Juni in Kopenhagen nun das Treffen der nationalen Sicherheitsberater geplant sei, um die Friedensformel der Ukraine in die Tat umzusetzen. Dabei konnte sich die Ukraine vor allem auf die Unterstützung von Dänemark und Saudi-Arabien verlassen.

Dort, in Saudi-Arabien, soll in der kommenden Woche dann das Vorbereitungstreffen für den geplanten Friedens-Weltgipfel mit den Staats- und Regierungschef der an der Initiative beteiligten Länder stattfinden. Dieser solle bis Ende des Jahres abgehalten werden, sagte Jermak. Ziel sei es, dafür so viele Staaten wie möglich heranzuziehen, die das internationale Recht und die Grundordnung der Vereinten Nationen anerkennen.

Saudi-Arabien bemüht sich schon seit längerem um eine Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg. Im Mai hatte Selenskyj am Rande eines Gipfeltreffens der Arabischen Liga in Dschidda unter anderem Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen. Im vergangenen September hatte Saudi-Arabien überraschend zu einem Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine beigetragen.

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Im Mittelpunkt der Initiative der Ukraine auf dem Weg zu einem Frieden stand bislang stets der vollständige Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Territorium, also auch von der seit 2014 durch Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim. Diese Kernforderung hatte Selenskyj zum ersten Mal bereits beim G20-Gipfel auf Indonesien im November 2022 erhoben.

Diplomaten sagten dem "Wall Street Journal" jüngst aber, dass der Zehn-Punkte-Friedensplan der Ukraine so umgestaltet werden müsste, "dass er für andere Weltmächte wie Indien, Brasilien, Saudi-Arabien und China akzeptabler wird".

Zeichen dafür, dass Putins Position geschwächt ist

Die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität ist für die Ukraine bislang eine unabdingbare Voraussetzung für Verhandlungen mit Russland gewesen. Andere sind die Freilassung von Gefangenen, Energiesicherheit, der Aufbau einer euroatlantischen Sicherheitsarchitektur sowie umfassende Sicherheitsgarantien. Was die Sicherheitsgarantien betrifft, scheint die Regierung in Kiew seit dem Nato-Gipfel in Litauen einen entscheidenden Schritt vorangekommen zu sein.

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So werde es noch in dieser Woche Gespräche mit den USA, aber auch mit anderen Verbündeten zu dem Thema geben, teilte die ukrainische Präsidialverwaltung mit. Es gehe um Unterstützung bei der Verteidigung und Finanzierung sowie um Sanktionen gegen den russischen Aggressor. Die G7 hatte beim Nato-Gipfel in Vilnius umfassende Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land angekündigt.

Dass zugleich die von der Ukraine angestoßenen Friedensverhandlungen nun Fahrt aufnehmen und auch internationale Akteure wie Saudi-Arabien, Indien und Brasilien dabei eine Rolle spielen, werten manche Beobachter bereits als Zeichen dafür, dass die Position des russischen Alleinherrschers Wladimir Putin auf internationalem Parkett geschwächt sein könnte.

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Der ehemalige Vizemarschall der britischen Luftwaffe, Sean Bell, sieht Putin noch aus einem anderen Grund geschwächt. Er sprach im TV-Sender "Sky News" davon, dass die Macht des Autokraten im Kreml auch innenpolitisch weiter erodiere. Die schrumpfende Wirtschaft, westliche Sanktionen und die ausbleibenden Erfolge an der Front könnten selbst von den kremlfreundlichen Staatsmedien in Russland inzwischen nicht mehr überspielt werden.

Dazu würde passen, dass US-Militäranalysten davon ausgehen, der Kreml habe seit Kurzem auch jene russischen Blogger mundtot gemacht, die sich in der Regel äußerst kritisch gegenüber dem Vorgehen der russischen Militärführung zeigen (Mehr dazu lesen Sie hier).

Frieden wohl nur am Verhandlungstisch erreichbar

"Putin muss wahrscheinlich einen Ausweg aus dem Konflikt finden, ohne sein Gesicht zu verlieren, um seine schwindende Macht zu festigen", sagte Bell. Das könnte die ukrainischen Erfolgsaussichten für einen Friedensgipfel erhöhen. "Putin hat diesen Krieg wahrscheinlich bereits verloren, und seine Zukunft sieht zunehmend unhaltbar aus", so Bell.

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Andererseits steht auch die Ukraine unter erheblichem Handlungsdruck. Denn trotz der massiven militärischen Unterstützung des Westens fallen die Erfolge im Rahmen der seit Anfang Juni laufenden Gegenoffensive bescheiden aus. Das sieht auch Militäranalyst Bell so: "Ein Krieg endet normalerweise mit dem Sieg einer Seite. Doch danach sieht es nicht aus. Weder wird Russland die gesamte Ukraine unterwerfen, noch wird die Ukraine all ihre Territorien von russischer Besatzung befreien."

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Ein Frieden wird also sehr wahrscheinlich nur am Verhandlungstisch erzielt werden können. Ob der allerdings ohne Beteiligung des Aggressors Russland zustande kommen kann, scheint fraglich. Das ist wohl der Haken an Selenskyjs Plan. Irgendwann muss Machthaber Putin in den Prozess einbezogen werden.

Der Autokrat hatte vergangene Woche beim Afrika-Gipfel in St. Petersburg gesagt, er werde sich Verhandlungen nicht verschließen. Die Voraussetzung dafür sei aber, dass die Ukraine die "neuen territorialen Realitäten" anerkenne.

Verwendete Quellen
  • wsj.com: "Saudi Arabia to Host Ukraine Peace Talks as Part of Western Effort to Woo Global South" (englisch, kostenpflichtig)
  • bbc.com: "Ukraine war: Putin says Russia does not reject peace talks" (englisch)
  • focus.de: ""Putin hat diesen Krieg wahrscheinlich bereits verloren""
  • wsj.com: "Ukraine and Allies Plan Peace Summit Without Russia" (englisch, kostenpflichtig)
  • understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, July 30, 2023" (englisch)
  • spiegel.de: "Selenskyjs Wunsch, Selenskyjs Wirklichkeit" (kostenpflichtig)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa.
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