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Todesfälle: Putins Reservisten überleben offenbar nicht lange


Daten von Begräbnissen analysiert
So schnell sterben Putins Soldaten

Von t-online, wan

Aktualisiert am 22.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Rekruten werden im russischen Kasan verabschiedet (Archivbild). Nach einem Bericht sterben viele schon nach wenigen Monaten im Krieg gegen die Ukraine.Vergrößern des BildesRekruten werden im russischen Kasan verabschiedet (Archivbild). Laut einem Bericht sterben viele schon nach wenigen Monaten im Krieg gegen die Ukraine. (Quelle: IMAGO/Yegor Aleyev/imago-images-bilder)
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Sie werden einberufen und einige überleben die ersten zwei Monate nicht: Ein Bericht analysiert die Todesfälle von russischen Rekruten.

Russische Reservisten und Freiwillige, die vor einem Jahr im Rahmen der Teilmobilisierung einberufen wurden, überleben nicht sehr lange. Eine Untersuchung des unabhängigen russischen Recherchenetzwerks "Important Stories" gemeinsam mit dem russischen "Conflict Intelligence Team" (CIT) hat ergeben, dass jeder fünfte Rekrut, der ums Leben kam, nicht einmal zwei Monate lang im Dienst war. Der jüngste Soldat war gerade einmal 19, der älteste 62 Jahre alt.

Russland hatte im September 2022 bekannt gegeben, weitere Reservisten zu verpflichten. Insgesamt sollen so 300.000 Soldaten einberufen worden sein. Noch habe der russische Präsident Wladimir Putin diese Mobilmachung nicht offiziell per Dekret für beendet erklärt, schreibt die "Moscow Times".

Video | Soldaten fanatisieren über Zukunft in Kiew
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Quelle: t-online

Russland gibt selten offizielle Zahlen zu Gefallenen im Krieg gegen die Ukraine heraus. Im vergangenen Jahr sei von 6.000 die Rede gewesen, berichtet die "Moscow Times". Unabhängige Recherchen gehen hingegen von 50.000 bis 120.000 aus. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter von CIT und "Important Stories" nahmen sich deshalb die Todesanzeigen in Tageszeitungen und anderen Quellen vor. Darin fanden sie zahllose Nachrufe. "Sie hatten alle eines gemeinsam: Von der Einberufung bis zur Beerdigung dauerte es weniger als ein Jahr", heißt es in dem Bericht. Insgesamt wurden 3.000 Todesfälle untersucht. Die Gesamtzahl der Gefallenen dürfte aber deutlich höher liegen.

Hohe Verluste bei Kämpfen in Luhansk

Allein im ersten Monat nach der Teilmobilisierung seien 130 Soldaten gestorben. Im Durchschnitt starben die Kämpfer nach bereits 4,5 Monaten. "Die verlustintensivsten Perioden waren der Herbst 2022 und das Frühjahr 2023, sie trugen erheblich zur durchschnittlichen Lebenserwartung der an der Front mobilisierten Personen bei", erklärt das CIT. Die Kämpfe entlang der Svatove-Kreminna-Linie in Luhansk hätten besonders viele Tote gefordert. An dem 60 Kilometer langen Frontabschnitt hatte die Ukraine im Oktober 2022 Angriffe begonnen, die bis heute andauern. Die Gefallenen wurden dem Bericht zufolge durch Rekruten ersetzt, die teilweise nur wenige Tage überlebten.

Nur vier Soldaten aus dem Untersuchungsbericht kämpften länger als elf Monate, bevor sie starben. Die meisten Toten seien zwischen 30 und 45, ein Drittel sei zwischen 20 und 29 Jahre alt gewesen.

Junger Soldat starb kurz nach Fernsehbeitrag

Da die Daten sich auf Fälle beziehen, die öffentlich gemacht wurden, sind auch die Geschichten hinter den Zahlen bekannt. So war der jüngste Soldat, der 19-jährige Anton Getman aus Rostow, drei Monate nach seinem Wehrdienst wieder einberufen worden. In einem russischen Fernsehbeitrag interviewte man ihn, damals gab er an, ein Freiwilliger zu sein. Kurze Zeit später war er tot. Der älteste Einberufene in dem Bericht war Major Nikolai Isakow aus der Region Twer. Er war acht Monate im Krieg und starb schließlich im Juni bei Angriffen von russischen Partisanen der Freedom of Russia Legion und des Russischen Freiwilligenkorps bei Belgorod.

Berichte von Verwandten der Gefallen zeigen eine Diskrepanz zwischen offiziellen Zahlen und dem, was in den Heimatorten der Soldaten bekannt ist. So seien in der Neujahrsnacht 2023 bei einem ukrainischen Angriff auf ein russisches Lager in Makijiwka allein 139 Einberufene aus der Region Samara gestorben – offiziell war von 89 Toten gesprochen worden. Das russische Verteidigungsministerium hatte die Soldaten noch selbst für ihren Tod verantwortlich gemacht, weil sie Mobiltelefone benutzt und damit ihren Aufenthaltsort verraten hätten.

 
 
 
 
 
 
 

Kein Urlaub und Klagen über schlechte Ausrüstung

Im Frühjahr und Sommer 2023 starben dem Bericht zufolge mindestens 40 Einberufene bei den Kämpfen in der Nähe von Bachmut. "Sie beklagten sich darüber, dass sie keine Luft- oder Artillerieunterstützung hätten, dass die Kommunikation fast nicht funktionsfähig sei und dass die Kommandeure das Militär als Kanonenfutter benutzten", schreiben die Autoren von "Important Stories". Ein Jahr nach Beginn der Teilmobilisierung zeige sich, dass sich für die Einberufenen nichts geändert habe. "So wie sie benutzt wurden, werden sie auch weiterhin benutzt", schreibt das CIT. Schlechtes Benehmen der Kommandeure, ein unstrukturiertes Kampfsystem, keine Artillerieunterstützung – "die systematischen Probleme mit den Mobilisierten bleiben bestehen".

Den Einberufenen sei versprochen worden, dass sie nach sechs Monaten zurück nach Hause gehen könnten. Manche hätten sich schnelles Geld und vielleicht einen Orden erhofft. Jetzt seien viele bereits seit elf Monaten im Einsatz und nicht einmal zu Hause gewesen. Ein Grund: "Sie [die Militärführung] haben Angst, dass, wenn sie 100 in den Urlaub schicken, nur die Hälfte zurückkommt."

Verwendete Quellen
  • apnews: "How many Russians have died in Ukraine? Data shows what Moscow hides" (englisch)
  • storage.googleapis.com: "От повестки до похоронки" (russisch)
  • moscowtimes.com: "Mobilized Russian Troops Endure Quick Losses in Ukraine War – Report" (Englisch)
  • nytimes.com: "Troop Deaths and Injuries in Ukraine War Near 500,000, U.S. Officials Say" (englisch)
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