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Ukraine-Krieg: Experten warnen vor russischer Kampagne


Experten kritisieren Umgang mit Russland
"Der Westen ist ein Riese, der sich wie eine Maus verhält"

Von t-online, sic

Aktualisiert am 28.03.2024Lesedauer: 4 Min.
imago images 0420000803Vergrößern des BildesEin russischer Soldat beobachtet den Einsatz eines Mehrfachraketenwerfers in der Ukraine: "Russland kann die Ukraine oder den Westen nicht besiegen", meinen Experten. (Quelle: IMAGO/Stanislav Krasilnikov/imago)
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Russland fährt nicht erst seit Beginn der Invasion in die Ukraine eine massive Informationskampagne im Westen. Sie scheint zu wirken, warnen Experten.

Zu Beginn sollte es ganz schnell gehen. Als die Kremltruppen am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschierten, waren sich viele westliche Experten einig: Die Ukraine wird sich, wenn überhaupt, nur wenige Tage lang verteidigen können. Doch es ist anders gekommen.

Denn seit nunmehr über zwei Jahren tobt der Krieg in der Ukraine. Russland hat dabei noch keines seiner Ziele erreicht. Kiews Truppen sind jedoch zur Verteidigung ihres Landes auf Militärhilfe der Verbündeten angewiesen, die zuletzt nachließ. Im Gegenzug scheint Russlands Armee im Aufwind, macht langsam, aber stetig wieder Geländegewinn vor allem im Osten der Ukraine. Verantwortlich dafür ist laut Ansicht von Militärexperten der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) auch die Unentschlossenheit des Westens.

"Der Westen ist ein Riese"

"Russland kann die Ukraine oder den Westen nicht besiegen – und wird wahrscheinlich verlieren –, wenn der Westen seine Ressourcen mobilisiert, um dem Kreml Widerstand zu leisten", schreiben die Autoren Natalija Bugajowa, Frederick W. Kagan und Katerina Stepanenko in einer aktuellen Analyse. Die Experten gehen dabei hart mit dem Westen ins Gericht: "Der Westen ist ein Riese, der sich in Bezug auf Russland manchmal wie eine Maus verhält." Schuld daran sei vor allem die russische Kampagne zur Manipulation der öffentlichen Meinung in westlichen Staaten.

Video | Angriff verursacht riesige Explosion
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Quelle: t-online

"Die Behauptung, der Krieg sei aufgrund der russischen Dominanz nicht zu gewinnen, ist eine russische Informationskampagne", schreiben die Autoren. Diese Kampagne Moskaus gebe einen Einblick "in die wahre Strategie des Kremls und seine einzige wirkliche Hoffnung auf Erfolg". Denn um erfolgreich zu sein, versuche Russland einerseits die USA ins Abseits zu drängen und andererseits die Ukraine zu isolieren.

In den USA streiten Republikaner und Demokraten seit Monaten über die Weiterführung der Militärhilfen für die Ukraine. Im Repräsentantenhaus wird derzeit ein 60-Milliarden-Dollar-Waffenpaket durch die Republikaner blockiert. Das liegt auch daran, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump sich vehement gegen weitere Ukraine-Hilfen ausspricht.

"Herausforderung, der die meisten Gesellschaften nicht gewachsen sind"

"Der Schwerpunkt von Wladimir Putin liegt in seiner Fähigkeit, den Willen und die Entscheidungen des Westens, der Ukraine und Russlands selbst zu beeinflussen", heißt es weiter. Viel wichtiger als die Kriegsführung in der Ukraine sei daher für ihn, dem Westen seine Sicht auf die Welt aufzuzwingen und so Entscheidungen zu fällen, die die Ziele des Kreml begünstigen.

So haben Putin und ihm nahestehende russische Politiker wie Dmitri Medwedew bereits mehrfach mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Putin wiederholte dies zuletzt in seiner Rede zur Lage der Nation im Februar. Die Autoren bewerten den tatsächlichen Einsatz nuklearer Waffen als Antwort auf mögliche Schläge der Ukraine mit konventionellen westlichen Raketen als "unwahrscheinlich". Auch Falschaussagen des Kremlchefs, dass Russland durch einen Nato-Beitritt der Ukraine bedroht würde, die Ukraine kein legitimer Staat sei und Russland über seine "Einflusssphäre" bestimmen könnte, verfangen sich laut den Autoren in den Köpfen mancher Menschen im Westen.

Der Kreml geht dabei aus Sicht der Experten geschickt vor: Er verbinde in der öffentlichen Debatte "echte Gefühle und sogar einige legitime Argumente" mit den Interessen Russlands. Dabei würden sowohl das rechte als auch das linke politische Spektrum angesprochen. Diese Manipulation treffe nun "mit voller Wucht" auf die westliche Öffentlichkeit. "Das ist eine Herausforderung, der die meisten Gesellschaften nicht gewachsen sind."

Der Westen ist Russland überlegen

Dabei hätten die westlichen Verbündeten der Ukraine eine gewaltige Wirtschaftskraft hinter sich: Das kombinierte Bruttoinlandsprodukt aller Unterstützerstaaten belaufe sich auf rund 63 Billionen US-Dollar. Russland könne allein nur rund 1,9 Billionen US-Dollar entgegensetzen. Iran und Nordkorea würden Moskau zwar noch materielle Hilfe liefern, und China Russland politisch unterstützen. Der Westen jedoch könnte sich mit einem entschlossenen Einsatz durchsetzen, meinen die Autoren.

Russland gehe es deshalb vor allem darum, die Hilfen des Westens – allen voran der USA – weiter zu verzögern. Das scheint zu gelingen, wie sich laut den Experten auf dem Schlachtfeld zeigt: Nach der erfolgreichen Gegenoffensive der Ukraine im Herbst 2022 habe es der Westen verpasst, rechtzeitig weitere Hilfen zu liefern. So sei eine weitere Offensive im Winter 2022/2023 verhindert worden.

"Ein siegreiches Russland ist ein schnellerer Weg zu einem Russland-Nato-Krieg als eine siegreiche Ukraine"

Gleiches gelte für die Furcht westlicher Staaten, der Ukraine Waffensysteme mit hoher Reichweite zu liefern. Moskau behauptet immer wieder, dass die Ukraine solche Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen würde, und droht mit einer nicht näher genannten Eskalation im Gegenzug. Dieses Argument haben auch deutsche Entscheidungsträger mehrfach in der Debatte über die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine vorgebracht.

Die Experten warnen angesichts der ihrer Ansicht nach bisher sehr erfolgreichen russischen Kampagne und fordern Entschlossenheit des Westens: "Ein siegreiches Russland ist ein schnellerer Weg zu einem Russland-Nato-Krieg als eine siegreiche Ukraine." Moskau würde auch nach einem militärischen Sieg gegen die Ukraine seine Nukleardrohungen gegen den Westen fortsetzen, meinen die Experten.

Die ISW-Analysten fordern drei Schritte, die die westlichen Verbündeten in Zukunft unternehmen sollten: die Versorgung der Ukraine mit nötiger Militär- und anderweitiger Hilfe, die Unterstützung des Landes beim Aufbau seiner Rüstungsindustrie sowie die Ankurbelung der westlichen Waffenproduktion und zu verhindern, dass Russland seinen Krieg gegen die Ukraine langfristig fortführen kann. Letzteres ließe sich vor allem umsetzen, indem sich der Westen von russischen Narrativen löse und die militärischen Schwächen Russlands nutze.

Verwendete Quellen
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